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# taz.de -- Sicherheitslage in Kirgisien: Jagd auf Usbeken
> Außenminister Westerwelle besucht Kirgisien und Usbekistan. Nach den
> Unruhen im Süden geht der Terror kirgisischer Sicherheitskräfte gegen
> Angehörige der usbekischen Minderheit dort weiter.
Bild: Usbeken aus Osch auf der Flucht ins Nachbarland Usbekistan am 17. Juni 20…
Guido Westerwelle tourt durch Zentralasien. Der deutsche Außenminister
reist am 17. Juli zum informellen Außenministertreffen der Organisation für
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in die kasachische
Wirtschaftsmetropole Almaty. Zwei Tage zuvor wird er Usbekistan sowie
Kirgisien und mit dem französischen Außenminister Bernard Kouchner die
durch ethnische Unruhen zerstörten südkirgisische Stadt Osch besuchen.
Die OSZE ist bereit, Polizeieinheiten nach Osch und ins südkirgisische
Dschalalabad zu entsenden. Dort waren im Juni mehrere Tage systematisch
usbekische Wohnviertel gebrandschatzt und Schätzungen zufolge bis zu 2.000
Menschen getötet worden. Zeitweise waren über 500.000 Usbeken ins
Nachbarland Usbekistan geflüchtet. "Wir befinden uns in Konsultationen mit
den Autoritäten Kirgisiens und hoffen, die Diskussion kurzfristig beenden
zu können", sagt ein OSZE-Sprecher der taz.
Das Außenministertreffen der OSZE in Almaty wird sich hauptsächlich mit der
angespannten Sicherheitslage in Kirgisien beschäftigen. Die amerikanische
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch fordert eine sofortige
Entsendung der OSZE-Polizei in den Süden des zentralasiatischen Landes. Die
kirgisische Regierung steht dem bisher jedoch skeptisch gegenüber.
Als Folge der ethnischen Unruhen machen ausschließlich aus Kirgisen
bestehende Sicherheitskräfte Jagd auf Usbeken im Süden. Die
usbekischstämmige Bevölkerung hat kein Vertrauen in die kirgisische
Polizei.
Während die Usbeken in Osch verängstigt in die Trümmer ihrer zerstörten
Häuser zurückkehren, wachsen Zweifel an dem angeblichen Auslöser der
ethnischen Unruhen. Als Fanal und Rechtfertigung für den vernichtenden
Sturm auf die usbekischen Wohnviertel in Osch gilt bis heute vielen
Kirgisen der angebliche Überfall auf das kirgisische Wohnheim der Oscher
Staatsuniversität in der Nacht zum 11. Juni. Viele kirgisische
Gesprächspartner schildern, wie über hundert bewaffnete Usbeken in das
Wohnheim eingedrungen seien, kirgisische Studentinnen vergewaltigt hätten
und Studenten aus den Fenstern geworfen hätten.
Auf der Straßenseite des Wohnheims sind die Fenster zerschlagen, aber die
Tat, die den Rachefeldzug erklären soll, scheint es nie gegeben zu haben.
"Es kam in dem Wohnheim zu keinen Vergewaltigungen", erklärt der Rektor der
Universität in Osch, Mukhtar Orosbekow, gegenüber der taz. Usbeken hätten
zwar vor dem Wohnheim randaliert, aber sie seien nicht in die Anlage
eingedrungen. Die Hausmeisterin und zwei Studenten, die nach den Unruhen in
die Anlage zurückgekehrt waren, um ihre Habseligkeiten zu holen, sagen
ebenfalls, dass kein Usbeke in der besagten Nacht in das Gebäude
eingedrungen sei.
Der kirgisische Rektor versucht das Gerücht zu retten. Wenn nicht in dem
Wohnheim, dann sei es anderswo zu diesen Verbrechen gekommen, sagt
Orosbekow. "Ein oder zwei Menschen können lügen, aber das Volk sagt immer
die Wahrheit."
15 Jul 2010
## AUTOREN
Marcus Bensmann
## TAGS
Kirgistan
Kirgisien
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