| # taz.de -- Atomkonzerne drohen: Wir schalten ab | |
| > Eon, RWE, Vattenfall und EnBW wollen Atomkraftwerke vom Netz nehmen, wenn | |
| > die Bundesregierung ihnen neue Auflagen macht. Atomkraftgegner zeigen | |
| > sich erfreut. | |
| Bild: Abschalten! Auch ohne Atomkraft gäbe es wohl keine Energie-Engpässe. | |
| Die deutschen Stromkonzerne haben der Politik damit gedroht, einige ihrer | |
| Atomkraftwerke stillzulegen. Das berichtete am Wochenende vorab der | |
| Spiegel. Vertreter von Eon, RWE, Vattenfall und EnBW, heißt es, hätten | |
| angekündigt, einige Meiler sofort abzuschalten, wenn die Regierung eine | |
| Brennelementesteuer einführt und alten Reaktoren zusätzliche | |
| Sicherheitsauflagen anordnet. Bei Bedarf werde man Atomstrom im Ausland | |
| einkaufen. Die Bundesregierung sprach von "Säbelrasseln". | |
| Atomkraftgegner reagierten erfreut: "Wir appellieren an die Stromkonzerne, | |
| es nicht bei hohlen Worten zu belassen, sondern ihre Abschaltdrohung | |
| endlich in die Tat umzusetzen", sagte Jochen Stay, Sprecher der | |
| Anti-Atom-Organisation ausgestrahlt. Der Vorschlag zeige, "dass auch aus | |
| Sicht der Stromkonzerne die Atomkraftwerke problemlos sofort abgeschaltet | |
| werden könnten". Und mehr noch: Ein schneller Atomausstieg sei "offenbar | |
| auch für die Chefs der Konzerne eine reale und zudem ökonomisch sinnvolle | |
| Option". | |
| Die Stromkonzerne unterdessen wollen die Bezeichnung "Drohung" für ihre | |
| Aussagen nicht so recht gelten lassen. "Wir verhandeln, wir drohen nicht", | |
| hieß es am Wochenende etwa bei RWE. Gleichwohl bestätigten die Konzerne, | |
| dass sie je nach politischen Vorgaben die Rentabilität eines jeden AKW | |
| überprüfen werden, um dann im Einzelfall zu entscheiden. Dann könne es | |
| aufgrund der geplanten Brennelementesteuer durchaus zu Laufzeitverkürzungen | |
| statt zu Verlängerungen kommen. | |
| In jedem Fall geht es um einen Milliardenpoker. Das Finanzministerium will | |
| über die Brennelementesteuer 2,3 Milliarden Euro im Jahr einnehmen, was die | |
| vier Konzerne unbedingt verhindern wollen. Schließlich machen sie einen | |
| Großteil ihres Gewinns mit dem Betrieb der abgeschriebenen Atommeiler. | |
| Alternativ haben die Konzerne einen Fonds ersonnen, in den sie über die | |
| Jahre je nach tatsächlicher Laufzeit der Reaktoren einzahlen wollen. Dieser | |
| wäre jedoch deutlich weniger transparent als die vorgesehene Uransteuer, | |
| die sich schlicht an der eingesetzten Brennstoffmenge bemessen würde. | |
| Zudem ist unverkennbar, dass die Konzerne mit ihrem Alternativvorschlag | |
| auch eine Senkung der Atomsteuer durchsetzen wollen - womit sich wiederum | |
| die Bundesregierung schwertut. Sie hat die Einnahmen längst im Haushalt | |
| eingeplant. | |
| Die Atomfirmen jedoch haben bereits angekündigt, ihren Druck auf die | |
| Regierung weiter zu erhöhen. Sie wollen in Brüssel gegen die Uransteuer | |
| klagen und diskutieren auch, die Zahlung einfach zu verweigern. | |
| 15 Aug 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernward Janzing | |
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