Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- EU-Abkommen gegen Produktpiraterie: Geheimgespräche schüren Gerü…
> Bei einer Anhörung im EU-Parlament bleiben viele Fragen zum geplanten
> Produktpiraterieabkommen Acta unbeantwortet. Parlamentarier fürchten
> Schlimmes.
Bild: Internetprovider sollen wieder in die Rolle des Hilfssheriffs gedrängt w…
BRÜSSEL taz | Der kanadische Rechtsprofessor Michael Geist ist auf
Rechtsfragen spezialisiert, die das Internet betreffen. "Ich kenne
niemanden, der ernsthaft für Produktpiraterie eintritt. Ich habe selbst
Kinder und mache mir bei gefälschtem Spielzeug, Medikamenten oder
Elektroartikeln Sorgen um ihre Sicherheit", sagte er bei einer Anhörung im
Europaparlament, die der liberale Abgeordnete Alexander Alvaro zum Thema
Acta organisiert hatte. Doch es müsse die Frage erlaubt sein, ob das seit
fast fünf Jahren zwischen der EU, Japan, den USA, Australien, Kanada und
anderen geheim verhandelte Abkommen verhältnismäßig und zielführend sei.
Acta steht für Anti-Counterfeiting Trade Agreement und bezeichnet ein
geplantes multilaterales Handelsabkommen, mit dem die teilnehmenden
Nationen und Staatenbünde Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen
bekämpfen wollen.
Nein, meint Geist. Was und wie derzeit verhandelt wird, sei nicht
zielführend. Die Gespräche einer "Koalition der Willigen" hinter
verschlossenen Türen bedeuteten eine Abkehr vom multilateralen Ansatz
offener Verhandlungen im Rahmen der Vereinten Staaten oder der
Welthandelsorganisation WTO. Und auch in der EU setze man damit neues
Recht. Nach den bisher durchgesickerten Entwürfen werde beispielsweise der
Internetprovider wieder in die Rolle des Hilfssheriffs gedrängt. Das
EU-Parlament hatte das sogenannte Three-Strikes-Model im Entwurf zum
EU-Telekommunikationsgesetz abgelehnt, nach dem ein Provider den
Internetzugang eines Kunden beim dritten Verstoß gegen das Urheberrecht
abschalten muss. Auch das ebenfalls vom EU-Parlament verworfene
Softwarepatent könnte durch Acta doch noch Rechtskraft erlangen, fürchtet
Geist. "Die Ironie des Ganzen: Wenn man es mit dem Kampf gegen
Produktpiraterie wirklich ernst meint, dann hilft dieses Abkommen nicht
weiter!"
Auch Stefan Krawczyk, Direktor des Brüsseler Ebay-Büros, kritisiert, dass
die Problemländer bei den Verhandlungen überhaupt nicht mit am Tisch
sitzen. Luc-Pierre Devigne, dem Acta-Verhandlungsführer der EU-Kommission,
gab er den Rat: "Statt in unzähligen Hearings die Geheimniskrämerei der
EU-Kommission zu verteidigen, sollte Luc lieber Russland, die Türkei, China
und Indonesien davon überzeugen, dass sie die WTO-Regeln zum Schutz
geistigen Eigentums respektieren!"
Für Unternehmensgründer mit Onlineshops und für Software-Entwickler könne
sich Acta fatal auswirken, glaubt Krawczyk. Sie müssten unter Umständen für
Verletzungen des Urheberrechts haften, die sie selbst nicht zu verantworten
hätten. Durch die Hintertür werde eingeführt, was die EU-Richtlinie zum
elektronischen Handel ausdrücklich ausschließt: die Haftung des
Durchleiters einer Information für deren Inhalt.
Die liberale Abgeordnete Sophia int Veld wollte vom Vertreter der
EU-Kommission wissen, ob er den Geheimverhandlungen überhaupt hätte
zustimmen dürfen - schließlich werde damit gegen das Demokratiegebot
verstoßen. Devigne beteuerte, er werde kommende Woche bei der nächsten
Verhandlungsrunde erneut darauf dringen, die Inhalte öffentlich zu machen.
Sein Leben werde dadurch einfacher. Die meisten im Internet zirkulierenden
Entwürfe seien längst nicht mehr aktuell. Acta werde bestehendes EU-Recht
nicht ändern. Der Datenschutz werde "voll respektiert", die Durchsuchung
von Laptops oder iPods an den Grenzen sei nicht geplant. Strafen würden nur
gegen kommerzielle Raubkopierer und Produktpiraten verhängt. Denn der
wirtschaftliche Schaden mit geschätzten 250 Milliarden Euro sei enorm.
8 Apr 2010
## AUTOREN
Daniela Weingärtner
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.