# taz.de -- Längere Akw-Laufzeiten: SPD-Länder wollen klagen | |
> Während die SPD-geführten Länder gegen eine Verlängerung der Laufzeiten | |
> sind, sind die CDU/FDP-geführte Länder dafür. Allein FDP-Politiker | |
> Kubicki hält sich nicht an die schwarzgelbe Linie. | |
Bild: Will im Zweifel vor Gericht ziehen: Der rheinland-pfälzische Ministerpr�… | |
BERLIN dpa/afp/taz | Verantwortliche Politiker der Länder | |
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bremen haben angekündigt, Klage | |
vor dem Bundesverfassungsgericht einzureichen, falls die Bundesregierung | |
versuchen sollte, eine Verlängerung der Laufzeiten für AKWs durchzusetzen, | |
ohne den Bundesrat hinzuziehen. "Wir haben erste gutachterliche | |
Stellungnahmen, die sagen, jede Veränderung in diesem Bereich bedarf der | |
Zustimmung des Bundesrates", sagte der rheinland-pfälzische | |
Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) dem Deutschlandfunk. | |
Die Bundesregierung sei "dem Druck gewichen, der von den großen | |
Energiekonzernen ausgeübt worden ist", ergänzte der Ministerpräsident. Vor | |
allem der Umweltminister Norbert Röttgen habe nach der Auseinandersetzung | |
"keinerlei Durchsetzungskraft mehr in dieser Regierung", urteilte Beck im | |
Deutschlandfunk. | |
Beck sprach zudem bei den genannten Einnahmen aus der neuen | |
Brennelementesteuer von einer "Mogelpackung": "Es gibt ja erste | |
Berechnungen, dass statt den 2,5 Milliarden, maximal 1,5 Milliarden | |
wirklich erbracht werden, der Rest wird verrechnet." | |
Auch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) | |
warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, sie sei unter dem Druck der | |
Atomlobby eingebrochen. "Die Bundesregierung stellt die Interessen der | |
Atomwirtschaft über die Interessen Deutschlands." Ohne Not werde ein | |
gesellschaftlicher Großkonflikt wieder angeheizt. Der brandenburgische | |
Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) meinte, der Beschluss zeuge von | |
der engen Verbindung zur Atomindustrie und werde den Ausbau erneuerbarer | |
Energien erschweren. | |
"Die Politik der Bundesregierung ist ein Tritt in die Kniekehlen aller, die | |
sich für die erneuerbaren Energien in Deutschland einsetzen", sagte Bremens | |
Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne). Auch die saarländische | |
Umweltministerin Simone Peter (Grüne) kritisierte, dass mit dem Beschluss | |
"die Energieversorgungsstrukturen politisch motiviert zementiert" würden. | |
Insgesamt lehnen neun Bundesländer die geplante Laufzeitverlängerung ab: | |
die SPD-geführten Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Brandenburg, | |
Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Bremen sowie das Saarland | |
(Schwarz-Grün-Gelb), Thüringen (Schwarz-Rot) und Hamburg (Schwarz-Grün). | |
Auch Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Kubicki dagegen | |
Doch auch in manchen der übrigen Bundesländer ist die Zustimmung nicht | |
ungeteilt. So forderte der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef | |
Wolfgang Kubicki nicht nur eine Zustimmung des Bundesrates, sondern sprach | |
sich auch gegen eine generelle Verlängerung der Laufzeiten aus. Sollte sein | |
Koalitionspartner CDU anderer Auffassung sein, werde sich das Land im | |
Bundesrat enthalten. | |
Zufrieden äußerten sich hingegen süddeutsche Politiker. Die CSU habe ihr | |
Ziel erreicht, die Energiesicherheit zu gewährleisten, sagte der Chef der | |
Landesgruppe im Bundestag, Hans-Peter Friedrich. Er lobte die Entscheidung | |
der Koalition, dass ältere Atommeiler aufgerüstet werden müssen, damit sie | |
den Sicherheitsstandard der neueren erreichen. Unter Rot-Grün habe es | |
diesbezüglich "keinerlei Auflagen" gegeben. | |
Auch die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) zeigte | |
sich zufrieden mit der Regelung. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) | |
habe sich am Ende nicht durchgesetzt, sagte sie. Besser wäre es aber, wenn | |
ein größerer Anteil der Brennelementesteuer für den Ausbau erneuerbarer | |
Energie statt für die Sanierung des Bundeshaushalts ausgegeben würde, fügte | |
sie hinzu. | |
Norbert Röttgen selbst wertete die Beschlüsse als bislang | |
"anspruchsvollstes energiepolitisches Programm" weltweit. FDP-Chef Guido | |
Westerwelle sprach von einer Entscheidung von "epochaler Bedeutung", | |
CSU-Chef Horst Seehofer von einem "Quantensprung". | |
Zufrieden mit der Koalitionsentscheidung zeigten sich auch die | |
AKW-Betreiber. So lobte Vattenfall-Chef Tuomo Hatakka die Kombination aus | |
"Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Klimaverträglichkeit". | |
Mehrere Umweltverbände verwiesen auf den wegen der AKW-Laufzeitverlängerung | |
zusätzlich anfallenden Atommüll. Auch die IG Metall in Niedersachsen | |
kündigte Widerstand an. Die Politik knicke vor der Atomlobby ein, was vor | |
allem die Menschen in Niedersachsen treffe, sagte IG-Metall-Bezirksleiter | |
Hartmut Meine. Atomkraftgegner kündigten für den Herbst Massenproteste an. | |
Am 18. September ist eine Großkundgebung in Berlin geplant. | |
7 Sep 2010 | |
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