# taz.de -- Kommentar AKW-Laufzeitverlängerung: Röttgens Niederlage | |
> Die Atomkonzerne haben sich auf ganzer Linie durchgesetzt. Der | |
> Umweltminister steht mit leeren Händen da. Entscheidend ist nun der Druck | |
> der Anti-Atom-Bewegung. | |
Dass die Regierung den Stromkonzernen ihr versprochenes Milliardengeschenk | |
tatsächlich überreicht, war zwar zu erwarten. Doch dass die Konzerne sich | |
dabei auf ganzer Linie durchsetzen, ist nach dem langen regierungsinternen | |
Streit schon überraschend. Und die Dreistigkeit, mit der die Regierung den | |
Kniefall vor der Atomlobby als "Revolution" und "anspruchsvollstes Konzept | |
der Welt" verkauft, ist schwer erträglich. | |
Atomkraft senkt den Strompreis, Atomkraft rettet das Klima, Atomkraft ist | |
eine Brücke für Erneuerbare: Offenbar denken die Atomfreunde von Union und | |
FDP, man müsse längst widerlegte Argumente nur oft genug wiederholen, damit | |
sie irgendwann wahr werden - oder zuminidest von einem Teil der Menschen | |
dafür gehalten werden. Die Art und Weise, wie die Regierung die Fakten | |
zurechtbiegt und die Realität ignoriert, grenzt an eine Beleidigung des | |
gesunden Menschenverstands. | |
Vor allem für Norbert Röttgen ist die Entscheidung eine bittere Niederlage. | |
Der Umweltminister, der als klarer Befürworter von Atomkraft ins Amt kam, | |
hat inzwischen verstanden, dass längere Laufzeiten weder dem Klima noch der | |
Volkswirtschaft nutzen, sondern vielmehr den Umstieg auf erneuerbare | |
Energien und zu mehr Effizienz blockieren. Doch er musste erfahren, dass | |
gute Argumente gegen 100 Milliarden Zusatzgewinn wenig ausrichten können. | |
Nun steht er mit leeren Händen da: Statt dem von ihm propagierten | |
Höchstwert von acht Jahren Laufzeitverlängerung sind zwölf herausgekommen - | |
die wegen der Art der Berechnung in der Realitiät eher 15 bis 20 bedeuten | |
werden. Nicht mal ein Bauernopfer war ihm vergönnt: Weil konkrete | |
Sicherheitsauflagen fehlen, wird wohl auch von den ältesten Kraftwerke | |
zunächst kein einziges vom Netz gehen - obwohl zwei davon wegen Pannen seit | |
zwei Jahren still stehen und acht nicht gegen Flugzeuge geschützt sind. | |
Ob Schwarz-Gelb mit dieser Dreistigkeit durchkommt, hängt zunächst am | |
Bundesverfassungsgericht. Alternativ kann eine andere Bundesregierung den | |
Ausstiegs-Ausstieg wieder kippen. Entscheidend bleibt dabei aber der | |
gesellschaftliche Druck. Nur wenn die Anti-Atom-Bewegung ihn aufrecht | |
erhält, werden künftige Regierungen sich der massiven Atomlobby widersetzen | |
können. | |
6 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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