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# taz.de -- Koalition einigt sich auf längere Laufzeiten: Atomstrom noch bis m…
> Je nach Baujahr sollen die deutschen Akws künftig acht oder vierzehn
> Jahre mehr Laufzeit zugestanden bekommen. Damit käme der letzte Reaktor
> frühestens Mitte der Dreißiger Jahre vom Netz.
Bild: Da haben wir noch lange was von.
BERLIN apn/dpa/taz | Nach monatelangem Gerangel haben sich Union und FDP
auf eine Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke geeinigt.
Die Akws sollen im Schnitt zwölf Jahre länger am Stromnetz bleiben. Ältere
Meiler sollen acht Jahre zusätzlich laufen, jüngere 14 Jahre. Dies
berichteten Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister
Rainer Brüderle (FDP) in der Nacht zum Montag nach fast zwölfstündigen
Beratungen im Berliner Kanzleramt.
Für diese gestaffelte Lösung will die Regierung die 17 deutschen Atommeiler
nun in zwei Gruppen unterteilen, je nach Baujahr. Im Gegenzug zur
Laufzeitverlängerung müssen die großen Energiekonzerne wie geplant ab 2011
die Brennelementesteuer von 2,3 Milliarden Euro jährlich zahlen –
allerdings nur befristet auf einige Jahre. Ergänzend wird ein neuer
"Sonderbeitrag" zur Förderung erneuerbarer Energien fällig, auf den sich
die Atomkonzerne vertraglich festlegen sollen.
Durch die Verlängerung der Laufzeit um mindestens acht Jahre hätten zudem
auch die älteren Akws noch eine weitere Gnadenfrist von zwei
Legislaturperioden. Zeit genug, um die Laufzeit ein weiteres Mal zu
verlängern. Nach dem alten Ausstiegsgesetz wären eigentlich die Akws Biblis
A, Neckarwestheim 1 noch dieses Jahr, Biblis B und Isar 1 kommendes Jahr
fällig gewesen.
Brüderle sprach von einem "großen Wurf", Rötten von einem Erfolg für die
Koalition. Kanzlerin Angela Merkel will sich am (heutigen) Montagvormittag
äußern. Die CDU-Chefin hatte selbst zehn bis 15 Jahre längere Laufzeiten
ins Gespräch gebracht – über die derzeit geltende Frist bis etwa 2022
hinaus.
Mehrere hundert Atomkraftgegner begleiteten die Marathon-Beratungen im
Kanzleramt mit lautstarkem Protest. SPD, Grüne und Linke kritisierten, die
schwarz-gelbe Koalition betreibe Lobbyismus zugunsten der Stromkonzerne,
nur um deren Profite zu sichern.
Kritik der Opposition
SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte die Grundsatzeinigung der Regierung auf eine
gestaffelte Laufzeitverlängerung einen "schwarzen Tag für die
Energiepolitik". Union und FDP hätten sich sich von den Stromkonzernen
unter Druck setzen lassen, damit diese weiter täglich Millionen an
Zusatzgewinnen einstreichen könnten, kritisierte er in der ARD.
Solange aber alte, abgeschriebene Atomkraftwerke nicht abgeschaltet würden,
verstopften diese die Stromnetze für erneuerbare Energien. Weiter
bekräftigte er den Plan der SPD, gerichtlich prüfen zu lassen, ob nicht die
Länder via Bundesrat über die Laufzeitverlängerung mitentscheiden müssten.
Diese seien schließlich für die Sicherheit verantwortlich. In der
Länderkammer hat die Regierungskoalition keine Mehrheit mehr, deshalb will
sie die Laufzeitverlängerung im Alleingang beschließen.
Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn kündigte an, ihre Partei werde sich dafür
einsetzen, diesen Beschluss wieder rückgängig zu machen. "Die
Bundesregierung hat heute ihren politischen Zusammenhalt über die
Sicherheit der Bevölkerung und das Wohl künftiger Generationen gestellt",
warf sie Union und FDP vor.
Die Linke-Parteichefin Gesine Lötzsch befand: "Die Stromlobby hat sich in
entscheidenden Fragen durchgesetzt. Der Bund hat sich unter Merkel als
erpressbar erwiesen." Die Atomkonzerne dürften mit abgeschriebenen Meilern
billig Strom produzieren, ihn teuer verkaufen und die Gewinne zu großen
Teilen einstecken. Der schnelle Atomausstieg komme wieder auf die
Tagesordnung, sobald es eine andere Regierungsmehrheit gibt, versprach sie.
Den Atomausstieg hatte die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2000 mit den
Energieversorgern vereinbart und 2002 gesetzlich verankert. Das
Ausstiegsgesetz sieht für jeden der damals noch 19 produzierenden
Atommeiler sowie für den bereits 1988 abgeschalteten Reaktor
Mülheim-Kärlich eine Strommenge vor, die noch produziert werden darf, bevor
die Betriebserlaubnis erlischt. Daraus ergaben sich durchschnittliche
Laufzeiten von 32 Jahren. Die Strommengen sind von älteren auf neuere
Reaktoren übertragbar. Außerdem schwankt sich die Stromproduktion, abhängig
von Wartungszeiten oder technischen Aufrüstungen. [1][Nach Berechnungen von
Greenpeace] käme nach dem rot-grünen Ausstiegsgesetz und dem derzeitigen
Stand der Strommengen das letzte Akw 2022 vom Netz. Dabei handelt es sich
um den Reaktor Neckarwestheim 2.
Stade und Obrigheim abgeschaltet
Die Meiler in Stade und Obrigheim wurden nach dem Atomkonsens planmäßig
2003 und 2005 abgeschaltet. Somit sind nun noch 17 Atomkraftwerke in fünf
Bundesländern am Netz.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) reagierte empört auf die
Laufzeitverlängerung. Geschäftsführer Björn Klusmann sagte der Frankfurter
Rundschau, dies behindere den Ausbau der erneuerbaren Energien. Fairer
Wettbewerb werde auf Jahrzehnte verhindert und die monopolartigen
Strukturen zementiert.
6 Sep 2010
## LINKS
[1] http://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/atomkraftwerke/
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