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# taz.de -- Umstrittener Freizeitpark am Nürburgring: Flop am Ring
> Groß, größer, Nürburgring - so stellte sich die rheinland-pfälzische
> Landesregierung den neuen Freizeitpark vor. Doch erste Ergebnisse eines
> Untersuchungsausschusses belegen Planungsfehler.
Bild: Nur die Spitze des Eisbergs: Akten des Untersuchungsausschusses zur Nürb…
MAINZ taz | Seit einem Jahr versucht der Untersuchungsausschuss 15/2 des
rheinland-pfälzischen Landtags, die Affäre um das Projekt Nürburgring 2009
aufzuarbeiten. Untersuchungsgegenstand: die unter ominösen Umständen
gescheiterte Privatfinanzierung des überdimensionierten Freizeitparks am
Ring und die Verantwortung von SPD-Ministerpräsident Kurt Beck.
Und tatsächlich kamen die Obmänner und -frauen von CDU, SPD und FDP mit der
Aufklärungsarbeit voran. Zwar trat Becks Finanzminister Ingolf Deubel
(SPD), der für den Fall hauptverantwortlich zeichnete, schon im Juli 2009
zurück. Doch gegen acht angebliche Spitzenmanager - darunter der
Ex-Hauptgeschäftsführer der landeseigenen Nürburgring GmbH - hat die
Staatsanwaltschaft in Koblenz inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen
Betrugs- und Untreueverdacht eingeleitet, das sich auf die Ergebnisse der
Ausschussarbeit stützt.
Fest stehe, dass Teile der Landesregierung aktiv daran beteiligt gewesen
seien, das aktuell auf 400 Millionen Euro Kosten geschätzte Projekt trotz
Warnungen und fachlicher Bedenken durchzuziehen, sagt der Unions-Obmann,
Fraktionschef Christian Baldauf. "System Beck" nennt er das rund um die
Nürburgring GmbH geschaffene Firmengeflecht, mit dem eigentlich Geld zur
Privatfinanzierung des avisierten Vergnügungsparks mit Rennsimulator,
Diskotheken, Restaurants und Hotels akquiriert werden sollte. Doch die
Bosse der Nürburgring GmbH, die bis zu 50.000 Euro monatlich an Gehalt
einstrichen, Spesen in exorbitanter Höhe abrechneten und in Personalunion
auch noch als Geschäftsführer der von ihnen selbst erfundenen Tochterfirmen
fungierten, steckten öffentliche Gelder oft genug in die eigenen Taschen.
Die Landesregierung nickte alles ab, Bedenken wurden beiseite gewischt. Da
durfte zum Beispiel ein aus Landesmitteln bezahlter Schweizer
Finanzvermittler mit gefälschten Briefen einer spanischen Bank die
Finanzkraft eines angeblich am Ringprojekt interessierten US-amerikanischen
Investors belegen. Auf deren Firmenkonto waren aber - wie sich später
herausstellte - gerade einmal 500 US-Dollar deponiert. Für PR-Aktionen
überwies die Nürburgring GmbH mit dem Segen der Landesregierung auch schon
einmal 450.000 Euro an Steuergeld allein auf das Konto von Boris Becker -
für ein paar Kurzauftritte der Tennislegende zur Eröffnung des
Freizeitparks in der Schneeeifel.
"Man hätte früher die Reißleine ziehen müssen", sinnierte Kurt Beck bereits
nach dem Abgang von Finanzminister Deubel. Dafür aber ist es zu spät. Das
ohnehin hoch verschuldete Land muss seit dem Frühjahr fast alleine für
Kosten und Verluste aufkommen, die am Ring entstehen. 40 Millionen Euro
Miese machte 2009 allein die Formel 1. Dass der Freizeitpark Nürburgring
einmal Gewinn abwirft, glaubt nur noch Beck. In fünf Jahren vielleicht,
meint er.
Jetzt gerät auch noch der letzte private Investor, der Düsseldorfer
Unternehmer Kai Richter, in Verruf. Bei einem Grundstücksdeal am Ring soll
er mehr als zwei Millionen Euro Gewinn gemacht und weitere 1,9 Millionen
Euro veruntreut haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Und auch die EU
interessiert sich plötzlich: Alle Großprojekte seien ohne Ausschreibung
vergeben worden, monieren Europaparlamentarier der Grünen. Zudem klagen
alteingesessene Hoteliers wegen Wettbewerbsverzerrung durch Landeszuschüsse
für Hotelneubauten. Es droht Regress; die Opposition will die Bauakten im
Ausschuss sehen. Und in knapp sieben Monaten sind in Rheinland-Pfalz
Landtagswahlen.
7 Sep 2010
## AUTOREN
K.-P. Klingelschmitt
## TAGS
Nürburgring
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
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