# taz.de -- Energetische Gebäudesanierung: Merkel kündigt Mieterhöhungen an | |
> Gebäude klimafreundlich zu dämmen – das kostet viel Geld. Kanzlerin | |
> Merkel hat angekündigt, die Kosten künftig mehr als bisher den Mietern | |
> aufzubürden. | |
Bild: Mieterhöhungsmöglichkeiten – Hausbesitzer sollen die Kosten stärker… | |
BERLIN dapd/taz | Die Mieten könnten bald deutlich steigen. Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel (CDU) kündigte am Mittwoch an, Hausbesitzer sollten künftig | |
einen größeren Teil der Kosten für Wärmedämmung oder neue Heizungen auf die | |
Mieter umlegen dürfen. Der Deutsche Mieterbund reagierte empört. "Es kann | |
nicht sein, dass die energetische Sanierung auf dem Rücken der Mieter | |
ausgetragen wird", sagte Verbandssprecher Ulrich Ropertz. | |
Das Bundeskabinett hatte im Energiekonzept unter anderem beschlossen, den | |
Wärmeverbrauch in Gebäuden bis 2050 um 80 Prozent zu senken. Statt bisher | |
ein Prozent sollen künftig jährlich zwei Prozent des Hausbestands saniert | |
werden. Nach Protest der Hauseigentümer hatte die Regierung aber Pläne für | |
einen Zwang zur Sanierung fallengelassen. Mehr Förderung vom Staat als | |
bisher soll es ebenfalls nicht geben. Stattdessen hatte die Regierung eine | |
Mietrechtsnovelle angekündigt. Konkrete Entwürfe gibt es aber noch nicht. | |
"Das findet nicht jeder gut" | |
Merkel sagte der Süddeutschen Zeitung, die Pläne, den Vermieter mehr Kosten | |
überwälzen zu lassen, sei für einen besseren Klimaschutz unabdingbar. "Das | |
findet natürlich auf den ersten Blick nicht jeder gut, aber es ist doch | |
verständlich, dass sich solch eine Investition in die Zukunft sowohl für | |
den Vermieter als auch für den Mieter lohnen muss", betonte Merkel. Der | |
Mieter profitiere auf Dauer von niedrigeren Energiekosten. | |
Allerdings rechnete der Mieterbund vor, dass energetische Sanierungen die | |
Bewohner bereits heute teuer zu stehen kommen können. Der Vermieter darf | |
laut Paragraf 559 BGB elf Prozent seiner Sanierungskosten auf die | |
Jahresmiete aufschlagen. Bei 20.000 Euro Investition seien das 2.200 Euro | |
im Jahr oder 183 Euro im Monat, sagte Ropertz. Zwar spare der Mieter dann | |
bei den Heizkosten, aber viel weniger. Durchschnittlich lägen heute zum | |
Beispiel die Wärmekosten einer 70-Quadratmeter-Wohnung bei 82 Euro. Ließe | |
sich die Hälfte einsparen, wäre der Kostenvorteil immer noch wesentlich | |
kleiner als die Mieterhöhung, rechnete Ropertz vor. | |
"Selbst als Interessenvertreter sage ich nicht, der Mieter muss nach der | |
Sanierung einen Gewinn haben", sagte der Verbandssprecher. "Aber es kann | |
nicht sein, dass die Mieter alles zahlen." Eine Erhöhung des Kostenanteils | |
komme nicht in Frage. "Da gibt es nichts draufzulegen", sagte er. | |
Umlage derzeit "nur in der Theorie" | |
Der Haus-Eigentümerverband Haus und Grund begrüßte die Ankündigung der | |
Kanzlerin dagegen. Haus-und-Grund-Sprecher Alexander Wiech: "Wenn man die | |
Sanierungsquote im vermieteten Bestand erhöhen will, muss man das | |
Investor-Nutzer-Dilemma auflösen." Gemeint ist die Tatsache, dass der | |
Vermieter Geld aufbringen muss, der Mieter aber von niedrigeren Heizkosten | |
profitiere. Dieses Dilemma beklagen nicht nur die Vermieter, sondern auch | |
Befürworter einer klimafreundlichen Gebäudesanierung. | |
Der Mieterbund verlangt statt einer Mehrbelastung der Mieter mehr | |
öffentliche Förderung, um den Kostenanteil des Wohneigentümers und damit | |
auch die Umlage der Kosten auf die Mieter niedrig zu halten. Doch stehen | |
für das Gebäudesanierungsprogramm 2011 nur 950 Millionen Euro zur | |
Verfügung. Im laufenden Jahr sind es noch 1,35 Milliarden Euro. Experten | |
glauben, dass bis zu fünf Milliarden Euro Förderung im Jahr nötig wären. | |
Der Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband, Gerd Billen, schlug in der | |
"Passauer Neuen Presse" Steuervorteile vor, um die Sanierung älterer | |
Gebäude in Schwung zu bringen. Dies lehnt Finanzminister Wolfgang Schäuble | |
(CDU) allerdings ab. Billen stimmte die Verbraucher auch darauf ein, sich | |
auf höhere Energiekosten einzustellen. Längere Atomlaufzeiten würden die | |
Preise nicht dämpfen. | |
29 Sep 2010 | |
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