Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schlichterspruch zu "Stuttgart 21": Geißler will unten bleiben
> Am Ende fanden es alle prima, über "Stuttgart 21" geredet zu haben.
> Dennoch will Geißler am Tiefbahnhof festhalten, während die Gegner auf
> den "Stresstest" hoffen.
Bild: Zwei Köpfe der Christdemokratie: Schlichter Heiner Geißler und Baden-W�…
STUTTGART taz | Das Ende der Schlichtung zum Bahnprojekt Stuttgart 21
endete mit dem, womit sie angefangen hatte: Noch während Heiner Geißler
sein Votum verkündet hatte, versammelten sich Gegner des Tiefbahnhofs auf
dem Rathausplatz, pusteten in die Trillerpfeifen und riefen "Mappus weg".
Drinnen erlebten die Vertreter der S21-Gegner in der Tat eine Niederlage -
zumindest auf den ersten Blick. Denn der Schlichter Heiner Geißler sprach
sich für die Fortführung des umstrittenen Bahnprojekts aus: "Ich halte die
Fortführung von Stuttgart 21 grundsätzlich für richtig", sagte er am frühen
Dienstagabend im Stuttgarter Rathaus. Allerdings müssten entscheidende
Verbesserungen vorgenommen werden.
Einen Kompromiss zwischen dem von den Gegnern vorgeschlagenen Kopfbahnhof
und dem unterirdisch geplanten neuen Hauptbahnhof könne es nicht geben, so
Geißler Auch ein Bürgerentscheid - wie ihn noch am Nachmittag der
SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel gefordert hatte, sei rechtlich unzulässig.
Ein Ausstieg, führte Geißler weiter aus, sei mit zu hohen Kosten verbunden.
Für das Alternativkonzept eines modernisierten Kopfbahnhofs (K21) gebe es
keine ausreichende Planung und keine Finanzierung. Jetzt komme es darauf
an, Schwachstellen des Bahnprojekts zu beseitigen und "Stuttgart 21 plus"
zu bauen.
Zu den von Geißler vorgeschlagenen Veränderungen gehört, dass künftig
möglichst keine Bäume mehr gefällt werden sollen. Zudem verpflichte sich
die Bahn zu einem "Stresstest" für den Bahnhof in Stuttgart. Bei dieser
Simulation soll die versprochene Leistungsfähigkeit des geplanten
Tiefbahnhofs nachgewiesen werden. Und die beim Bau des Bahnprojekts frei
werdenden Gleisflächen müssen laut Geißler einer möglichen
Grundstücksspekulation entzogen und einer Stiftung überschrieben werden.
Darauf hätte man sich geeinigt.
Bevor Geißler seinen Spruch bekannt gab, fand er viele lobende Worte für
das Verfahren. Beide Seiten hätten "auf Augenhöhe" miteinander verhandelt.
"Unabhängig vom Ergebnis war die Schlichtung ein Erfolg", sagte er, sie
habe zur "Versachlichung beigetragen" und "unmittelbare Demokratie"
ermöglicht.
Zuvor hatten auch schon die Projektträger das Schlichtungsverfahren
gewürdigt. Ein klares Versprechen gab der Technikvorstand der Deutschen
Bahn, Volker Kefer, ab: "Wir wollen uns stärker öffnen." Auch
Ministerpräsident Mappus meinte, künftig müsse sichergestellt werden, dass
die Realisierung von Großprojekten nicht "zur Vertrauensfrage für die
Demokratie" werde. "Für mich steht heute fest, aus dieser Schlichtung geht
keine Seite als Gewinner oder Verlierer hervor", sagte Mappus. Zugleich
betonte er, dass Baden-Württemberg das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm brauche.
Den Konflikt beenden wird der Schlichterspruch nicht. "Wir sind natürlich
nicht zufrieden", sagte Brigitte Dahlbender vom BUND der taz. "Wir hatten
gehofft, dass Politik und Bahn den Ergebnissen der Schlichtung Rechnung
trägt." Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) räumte ein: "Es
war nicht mehr herauszuholen." Das Ziel sei gewesen, dass das Projekt in
sich zusammenfällt. "Aber alle Hebel der Macht sind in der Hand der anderen
Seite."
Doch eine Hoffnung bleibt dem Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 noch. Die
Bahn sagte einen Stresstest für die Leistungsfähigkeit des Stuttgarter
Bahnknotens zu. Sollte dieser nicht mindestens eine höhere
Leistungsfähigkeit von 30 Prozent gegenüber dem jetzigen Kopfbahnhof
erbringen, müssten die Verbesserungen vorgenommen werden. Dies könnte zu
deutlichen Mehrkosten führen - womöglich die letzte Tür für einen Ausstieg.
Die Befürworter des Bahnhofsprojekts bemühten sich nach Geißlers
Schiedsspruch denn auch, jede triumphale Miene zu vermeiden: "Wir werden
nicht morgen früh sofort wieder anfangen zu bauen", kommentierte
Bahnvorstand Kefer den Schiedsspruch. Umweltministerin Tanja Gönner (CDU)
blies ins selbe Horn: "Genauigkeit geht vor Schnelligkeit". Und
Ministerpräsident Mappus versicherte, die Vorschläge transparent prüfen zu
wollen.
Hannes Rockenbauch vom Aktionsbündnis wollte sowieso nicht von einer
Niederlage sprechen: "Das ist keine Niederlage, weil wir jetzt endlich
wieder demonstrieren können." Er wurde von der im Rathausfoyer wartenden
Menge der Stuttgart 21-Gegnerinnen bejubelt.
Am Mittwoch will sich der Bundestag dem Schlichterspruch auseinandersetzen.
Und für Samstag haben bereits beide Seiten neue Demonstrationen angemeldet.
Auch Geißler rechnet damit, dass die Proteste fortgesetzt werden. Deshalb
müsse es phasenweise wieder Schlichtungsgespräche geben. Die Moderation
will er künftig anderen, etwa Bischöfen, überlassen.
30 Nov 2010
## AUTOREN
Nadine Michel
## TAGS
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nach "Stuttgart 21"-Schlichtung: Streitniveau wie vor sechs Wochen
Befürworter und Gegner des Bahnprojekts werfen sich gegenseitig Täuschung
bei zusätzlichen Kosten vor. Die Verkehrsministerin spricht von
"Horrorzahlen" der Opposition.
"Stuttgart 21" nach Geißlers Urteil: Keine schlichte Deutung
Die Gegner von Stuttgart 21 müssen nach dem Schlichterspruch ihre Rolle neu
definieren. Und die Grünen müssen nachlegen.
Kommentar Stuttgart 21: Noch ist nichts geschlichtet
War es das jetzt? Nach der Schlichtung, die eigentlich keine war, hängt
viel davon ab, was in der Bürgerbewegung steckt. Die Landtagswahl wird es
zeigen.
Der Schlichterspruch zu "Stuttgart 21": "Geißler fehlte der Mut"
Geißler habe nicht alles ausgereizt, ist sich der verkehrspolitische
Sprecher der Grünen im Landtag, Werner Wölfle, sicher. Jetzt wird es auf
den Stresstest für "Stuttgart 21" ankommen.
Kommentar Geißlers Schlichterspruch: Vom Bürgerprotest zum Bürgerhaushalt
Absurd, dass die Idee des Bürgerhaushalts in Deutschland bislang kaum zur
Kenntnis genommen wurde. Das zu ändern kann der Erfolg der Schlichtung von
Stuttgart sein.
Schlichterspruch von Heiner Geißler: "Stuttgart 21" soll fortgeführt werden
Heiner Geißler hat gesprochen. Er hält den Weiterbau von "Stuttgart 21" für
grundsätzlich richtig. Doch der Schlichter fordert entscheidende
Verbesserungen an dem Projekt.
Untersuchungsausschuss Stuttgart 21: Wasserwerfer war "mildestes Mittel"
Stuttgarts Polizeipräsident sagt vor dem Untersuchungsausschuss zu den
Einsätzen gegen Stuttgart-21-Proteste aus. Für ihn haben die
Bahnhofs-Gegner einfach nur die Polizei behindern wollen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.