# taz.de -- Europäisches Patentamt: Weiter Patente auf Leben | |
> Der neuen Entscheidung des Europäischen Patentamtes zum Trotz: Konzerne | |
> werden auch künftig Pflanzen und Tiere patentieren, die nicht | |
> genmanipuliert wurden. | |
Bild: Zwei Brokkoli- und Tomatensorten dürfen nicht patentiert werden – gru… | |
Das Europäische Patentamt (EPA) will auch nach seiner jüngsten | |
Grundsatzentscheidung Patente auf Lebewesen erteilen, die nicht | |
gentechnisch verändert wurden. "Wir werden weiter Pflanzenpatente | |
erteilen", sagte die für Biotechnologie zuständige Direktorin, Siobhán | |
Yeats, am Freitag der taz und widersprach damit anderslautenden Berichten. | |
Das höchste interne Gericht des Amts hatte am Donnerstagabend anlässlich | |
von Einsprüchen gegen Patente auf zwei Brokkoli- und Tomatensorten | |
entschieden, dass herkömmliche Verfahren zur Züchtung nicht patentierbar | |
seien. "Die Produkte dieser Verfahren standen aber nicht zur Debatte", | |
erklärte Yeats. Die Prüfer würden die Entscheidung auch auf Methoden zur | |
Erzeugung von Tieren anwenden. | |
Patente auf Lebewesen gefährden Umweltschützern zufolge die globale | |
Ernährungssicherheit. Denn Züchter dürfen etwa patentgeschützte Pflanzen | |
nur weiterzüchten, wenn die Hersteller einverstanden sind. Der US-Konzern | |
Monsanto zum Beispiel kann dafür so hohe Gebühren verlangen, dass vor allem | |
kleine Zuchtfirmen die Pflanzen nicht weiterentwickeln. Dabei muss dringend | |
Saatgut an den Klimawandel angepasst werden. | |
Kritiker hatten deshalb gehofft, dass die Große Beschwerdekammer des EPA | |
nun wenigstens Patente auf Lebewesen verbietet, die auf konventionelle | |
Weise erzeugt werden - also durch Kreuzung. Dass gentechnisch veränderte | |
Pflanzen patentrechtlich geschützt werden dürfen, stand in dem Verfahren | |
außer Frage. Doch das Amt hat nach eigenen Angaben Patente auch auf | |
schätzungsweise 3.000 herkömmlich erzeugte Lebewesen erteilt. | |
Diese Patente dürften bestehen bleiben. Die Große Beschwerdekammer hat in | |
ihrer Entscheidung nur festgestellt, dass "die sexuelle Kreuzung und dann | |
folgende Auswahl von Pflanzen" bei der Züchtung ein "im Wesentlichen | |
biologisches" Verfahren und somit nicht patentierbar sei. Von Patenten auf | |
Pflanzen selbst ist tatsächlich nicht die Rede. | |
Hätte die Kammer anders entschieden, hätte sie EPA-Prüferin Yeats zufolge | |
gegen die geltenden Gesetze verstoßen. Demnach seien nämlich Patente auf | |
Tiere und Pflanzen ausdrücklich erlaubt. | |
Selbst bereits nur auf Verfahren erteilte Patente macht der Beschluss nicht | |
rückgängig. Denn EPA-Prüferin Yeats sagt: "Die Entscheidung der Großen | |
Beschwerdekammer gilt nur für die Zukunft." | |
Der Patentexperte Christoph Then von der Nichtregierungsorganisation | |
Testbiotech forderte deshalb, Patente auf Pflanzen und Tiere per Gesetz | |
klar zu verbieten. Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter verlangte | |
nur, dass die EU-Richtlinie über Biopatente lediglich Patente auf | |
biologisches Material zulässt, das auf technischem Wege aus der Natur | |
isoliert oder hergestellt wurde. Damit wären gentechnisch veränderte | |
Pflanzen immer noch patentierbar. | |
Solche Gesetzesänderungen will die Lobby der Agrarchemiekonzerne unter | |
allen Umständen verhindern. Die Deutsche Industrievereinigung | |
Biotechnologie begründet diese Position auch mit der Entscheidung des | |
Patentamts. "Die Beschwerdekammern haben wiederholt gezeigt, dass sie | |
Entscheidungen von hoher Qualität treffen", erklärte die Organisation. Der | |
Beschluss beweise, dass die bestehende Rechtslage genüge, um zu | |
weitreichende Patente zu verhindern. | |
10 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
## TAGS | |
Brustkrebs | |
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