# taz.de -- Drogenkrieg in Mexiko: Offene Schlacht | |
> In einigen Grenzstaaten arbeiten Banden, Sicherheitskräfte und Politiker | |
> zusammen. Aber nicht immer ist klar, wer gegen wen kämpft. Klar ist nur, | |
> dass Zehntausende sterben mussten. | |
Bild: Auf Streife: Soldaten in Morelia, Mexiko. | |
BERLIN taz | Im Grunde müsste ganz Mexiko für deutsche Waffenexporte | |
gesperrt sein und nicht nur die vier Bundesstaaten Chiapas, Chihuahua, | |
Guerrero und Jalisco, in die Heckler & Koch direkt oder indirekt | |
Sturmgewehre geliefert haben soll. | |
Seit der konservative Präsident Felipe Calderón Ende 2006 den | |
Drogenkartellen den offenen Krieg erklärt und die Armee in diese Schlacht | |
geschickt hat, häufen sich Klagen wegen Menschenrechtsverletzungen durch | |
die Streitkräfte. Mehr als 32.000 Todesopfer forderte der Drogenkrieg | |
seither. Dazu kommen illegale Verhaftungen, Folter und Vergewaltigungen. | |
Nicht immer ist klar, wer gegen wen kämpft. Experten gehen davon aus, dass | |
zwischen 5 und 15 Prozent der Sicherheitskräfte mit den Mafias gemeinsame | |
Sache in Mexiko machen. | |
Der Bundesstaat Chihuahua im Norden ist das Zentrum dieses Kriegs. Dort | |
sind allein in Ciudad Juárez direkt an der Grenze zu den USA in diesem Jahr | |
über 3.000 Menschen erschossen worden. Schon vorher hatte die | |
Industriestadt durch eine beispiellose Serie von Frauenmorden traurige | |
Berühmtheit erlangt. Viele der hunderte von Opfern wurden vor ihrem Tod | |
gefoltert. | |
Es gab immer wieder Hinweise auf Verbindungen zwischen den Mördern und | |
lokalen Politgrößen. Nationale und internationale | |
Menschenrechtsgerichtshöfe haben den Staat mehrfach wegen Untätigkeit | |
verurteilt. Aufgeklärt wurde die Mordserie nie. Im Gegenteil: Sie geht | |
weiter. Erst in der vergangenen Woche wurde Marisela Escobeda ermordet, | |
deren Tochter vor zwei Jahren umgebracht worden war und die seither | |
zusammen mit anderen Angehörigen von Opfern gegen die Untätigkeit des | |
Staats protestiert hatte. | |
Der Bundesstaat Chiapas am anderen Ende Mexikos ist seit dem Aufstand der | |
zapatistischen Guerilla von 1994 bekannt. Das kleine Indígena-Heer spielt | |
heute zwar keine Rolle mehr, die Zustände aber, gegen die es rebellierte, | |
haben sich nicht verändert. Die in bitterer Armut lebenden indianischen | |
Gemeinden werden von Pistoleros und von Großgrundbesitzern bedrängt, die | |
wiederum eng mit der dort regierenden einstigen Staatspartei PRI verbandelt | |
sind. | |
Zu diesem Problem ist die mit dem Drogenhandel verbundene Kriminalität | |
gekommen. Chiapas liegt an der Grenze zu Guatemala und damit an einer | |
zentralen Stelle des Kokainkorridors von Kolumbien in die USA. Und es ist | |
die erste mexikanische Station der illegalen lateinamerikanischen | |
Wanderarbeiter auf ihrem Weg in die USA. Die massenhafte Entführung dieser | |
Illegalen - Menschenrechtsorganisationen gehen von bis zu 20.000 im Jahr | |
aus - ist ein Millionengeschäft, an dem Drogenmafias beteiligt sind wie | |
auch Polizei und Armee. | |
Die Bundesstaaten Guerrero und Jalisco sind im Vergleich dazu eher | |
mexikanischer Durchschnitt. Beide liegen an der Pazifikküste. In Guerrero | |
operieren mehrere winzige Guerillorganisationen. | |
Der Staat reagiert darauf laut Amnesty International mit illegalen | |
Verhaftungen, Folter, dem Verschwindenlassen von Verdächtigen und | |
außergerichtlichen Hinrichtungen. Guadalajara, die Hauptstadt von Jalisco, | |
gilt als eines der wesentlichen Zentren der Geldwäsche für Gewinne aus dem | |
Drogenhandel. | |
23 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Toni Keppeler | |
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