# taz.de -- Guttenberg in Notwehr: Harte Konsequenzen gefordert | |
> "Gorch Fock", geöffnete Feldpostbriefe und tödliche "Waffenspiele". | |
> Verteidigungsminister Guttenberg gerät zunehmend unter Druck und | |
> verteidigt sein Vorgehen. | |
Bild: Was ist dran an der Meuterei auf der Gorch Fock? | |
BELIN taz | Erst als dritter Minister konnte sich Karl-Theodor zu | |
Guttenberg (CSU) am Freitag im Plenum äußern und zu den Themen sprechen, | |
die an dem Tag die Debatte über das Bundeswehrmandat in Afghanistan | |
überlagerten. "Ich darf einige Sätze sagen zu den drei Fällen", sagte der | |
Verteidigungsminister. Gemeint waren die Skandale, die sein Haus | |
erschüttern: die Meuterei auf dem Segelschulschiff "Gorch Fock", der Tod | |
eines Soldaten unter mysteriösen Umständen und das Öffnen von | |
Feldpostbriefen in Afghanistan. | |
Guttenberg sagte, er fordere "rückhaltlose Aufklärung" und kündigte | |
"notfalls harte Konsequenzen" an. Zugleich verteidigte sich der | |
Verteidigungsminister: "Ich verwahre mich mit aller Entschiedenheit | |
dagegen, ich hätte das Parlament getäuscht, diese Vorwürfe sind infam." | |
Auch am Freitag blieben zahlreiche Fragen offen zu den Fällen, die allesamt | |
über den Wehrbeauftragten des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), an die | |
Öffentlichkeit gelangt waren. | |
Im Fall des am 17. Dezember letzen Jahres bei der Waffenreinigung oder beim | |
Angeben unter Kameraden mit Waffen - dieser Hergang ist ungeklärt - ums | |
Leben gekommenen Soldaten gerät Guttenberg unter Druck: Zwar wusste er | |
bereits am 18. Dezember, einen Tag nach dem Ereignis, dass der Todesschuss | |
aus einer fremden Waffe kam und der 21-Jährige nicht allein war. | |
Allerdings ging bei den Verteidigungsobleuten im Bundestag fünf Tage | |
später, am 23. Dezember, ein Schreiben von Guttenbergs Staatssekretär | |
Thomas Kossendey ein. Darin stand lediglich, dass der Soldat durch "einen | |
Schuss in den Kopf verletzt wurde". Guttenberg bezeichnete am Freitag im | |
Gespräch mit den Obleuten die Informationen aus dem Schreiben Kossendeys | |
als "unvollständig", gestand aber keine eigenen Fehler ein. | |
Jedoch schrieb Kossendey seine Unterrichtung im Namen des | |
Verteidigungsministers. Unklar ist zudem, wann Guttenberg von dem | |
Feldjägerbericht wusste, in dem Details zu dem Vorfall stehen. Guttenbergs | |
Haus spricht von Donnerstag dieser Woche. | |
Zu dem Öffnen von Feldpost sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag in | |
Berlin, es gehe um etwa 20 Fälle. Aus Parlamentskreisen ist zu hören, dass | |
es einen Zusammenhang zwischen diesen Fällen und dem Tod des Soldaten geben | |
könnte, weil sich die Fälle, in denen Briefe geöffnet wurden, nach dem Tod | |
häuften. Das Verteidigungsministerium prüft dies. | |
Lediglich mit den rigiden Ausbildungspraktiken und der Meuterei auf dem | |
Segelschulschiff "Gorch Fock" scheint es sich weniger skandalös zu | |
verhalten als bisher gedacht. Aus Parlamentskreisen ist zu hören, dass die | |
"Meuterei" offenbar lediglich ein Aufstand Einzelner gewesen sein könnte. | |
Ein echter Grund zur Freude ist das für den Minister nicht. Vonseiten der | |
Opposition wächst die Kritik. Der SPD-Verteidigungspolitiker Hans-Peter | |
Bartels sagte der taz: "Guttenberg hat das gleiche Problem wie Vorgänger | |
Franz Josef Jung - die Meldewege funktionieren nicht." Und der | |
Verteidigungsexperte der Grünen, Omid Nouripour, sagte, Guttenberg müsse | |
seine Berufsauffassung überdenken. | |
"Wenn er aus diesem Fall rauskommen will", so Nouripour zur taz, "muss er | |
sich auf den Hosenboden setzen und sich auch um die vermeintlichen | |
Kleinigkeiten in seinem Haus kümmern." | |
21 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Gordon Repinski | |
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