| # taz.de -- Streit in der Koalition: Auf der Suche nach dem Konsens | |
| > Wie schwerwiegend ist der Zwist in der Regierung? Der FDP-Aufsteiger | |
| > Christian Lindner drohte mit Koalitionsbruch. Jetzt kehrt man die | |
| > Scherben zusammen. | |
| Bild: Ernst gemeint gedroht oder nur "den starken Mann markiert"? Der Verursach… | |
| BERLIN taz | Hat die FDP allen Ernstes mit dem Koalitionsbruch gedroht - | |
| oder nicht? Oder nur ein bisschen? FDP-Generalsekretär Christian Lindner | |
| hatte am Montag verlauten lassen: "Wenn man sich auf Zusagen nicht | |
| verlassen kann, könnte eine Koalition nicht arbeiten". Schon die verquere | |
| Grammatik dieses Satzes zeigt, dass der ambitionierte Jungliberale Lindner | |
| allenfalls so etwas wie eine mögliche Drohung mit dem Koalitionsbruch im | |
| Konjunktiv im Sinn hatte. Doch schon das reichte, um die schwarz-gelbe | |
| Regierung einen halben Tag mit Dementis zu beschäftigen. | |
| Der Hintergrund der Auseinandersetzung ist, dass die FDP in zentralen | |
| politischen Fragen meint, nicht zum Zug zu kommen. Beim Afghanistan-Abzug | |
| hat sich Außenminister Westerwelle auf einen frühen Zeitpunkt festgelegt, | |
| Verteidigungsminister zu Guttenberg (CSU) hat Westerwelle mehrfach ziemlich | |
| deutlich korrigiert und gesagt, dass es keinen fixen Abzugstermin gebe. | |
| Auch bei der Bundeswehrreform liegen Guttenberg und die FDP über Kreuz. | |
| Denn Guttenberg hat vollmundig angekündigt, sparen zu wollen. Doch die auch | |
| deshalb zur Berufsarmee umgewandelte Bundeswehr wird erst mal nicht | |
| billiger, sondern teurer. | |
| Liberale Versprechen | |
| Der zentrale Streit aber dreht sich wie immer um die Steuern. Die Liberalen | |
| hatten ihrer Klientel groß angelegte Steuersenkungen versprochen. Dass sie | |
| dieses Versprechen angesichts der nach der Finanzkrise emporgeschnellten | |
| Staatsschulden nicht einlösen konnten, ist ein Grund für ihren dramatischen | |
| Niedergang. Daher reagiert die FDP bei Steuern auch in Detailfragen | |
| empfindlich. Zudem hat sie ohnehin das Gefühl, dass die Union ihr nichts | |
| gönnt. | |
| Der aktuelle Anlass für den Zwist ist die eher nebensächlich scheinende | |
| Frage, wann die Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer geändert wird. Sie | |
| soll, so der schwarz-gelbe Beschluss, von 920 auf 1.000 Euro steigen. Die | |
| Kosten dafür sind übersichtlich: rund 330 Millionen Euro. Finanzminister | |
| Wolfgang Schäuble (CDU) beharrt darauf, dass diese Änderung erst ab 2012 | |
| gilt. Für Steuergeschenke, so Schäubles Argument, sei angesichts der | |
| Rekordneuverschuldung kein Platz. | |
| Die FDP und auch die Unionsfraktion möchte indes, dass diese | |
| Steuererleichterung rückwirkend gelten soll. Will sagen: Sie soll sich | |
| nicht im Haushalt 2011 niederschlagen, dafür sollen im Haushalt 2012 | |
| zweimal 330 Millionen lockergemacht werden. Doch Schäuble ist skeptisch. | |
| Der Finanzminister will, dass die Änderung ab 2012 gilt. Gelöst werden soll | |
| der symbolisch überfrachtete Streit am Donnerstag bei der Koalitionsrunde | |
| zwischen Union und FDP. | |
| Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier, | |
| versuchte am Dienstag die Dinge zu beruhigen. "Der Streit ist überhöht | |
| worden", so Altmaier. Auch CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich war | |
| sich ganz sicher, dass Lindner "missverstanden worden" ist. Offenbar müsse | |
| Lindner, so der als moderat geltende CSU-Mann Friedrich, in Richtung der | |
| eigenen Partei mal den starken Mann markieren. | |
| Unklar ist, wie sich Union und Liberale am Donnerstag einigen wollen, ohne | |
| dass Schäuble oder die FDP als Verlierer erscheinen. Sicher ist indes, dass | |
| die FDP die Koalition nicht wegen eines steuerlichen Details platzen lassen | |
| wird. Denn das wäre, angesichts dauerhaft niedrigen Wählerzuspruchs, nichts | |
| anders als Selbstmord aus Angst vor dem Tod. | |
| 19 Jan 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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