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# taz.de -- Landwirtschaft, Tourismus, Rohstoffe: Ägypten kann ohne Europa nic…
> Die Produktion deutscher Unternehmen in Ägypten steht zurzeit still. Der
> Erfolg einer demokratischen Revolution liegt auch in der Hand des
> wichtigsten Handelspartners: Europa.
Bild: Arbeit in einer Fischzucht in Rashid, Nildelta.
Die Zukunft des neuen Ägyptens wird auch in Europa entschieden. Denn keine
Region der Welt ist für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes am Nil
so bedeutend. Europa fällt deshalb eine besondere Verantwortung für die
stabile Entwicklung eines neuen Ägyptens zu.
Ägypten wickelt gut 60 Prozent seines Außenhandels mit der Europäischen
Union ab. Dabei importierte das Land im Jahr 2009 mit 10,2 Milliarden Euro
etwa doppelt so viele Waren aus der EU, wie es dorthin verkaufte. Weitere
wichtige Handelspartner für Ägypten sind die USA und China. Im Vergleich zu
Europa beträgt ihr Handelsvolumen aber nur etwa ein Drittel. Insgesamt kann
Ägypten seine Einfuhren nicht durch Exporte in andere Länder kompensieren.
Das hat zu einer hohen Auslandsverschuldung geführt.
Das Rückgrat der ägyptischen Wirtschaft liegt in der Landwirtschaft, dem
Tourismus und dem Export von Produkten und Rohstoffen. Der Verkauf von
Erdöl, Erdgas, Mineralien, Metallen, aber auch Textilien und
landwirtschaftlichen Produkten macht ein Drittel der ägyptischen
Volkswirtschaft aus, die noch immer landwirtschaftlich geprägt ist. Jeder
dritte Ägypter arbeitet dort, man baut vor allem Baumwolle, Reis,
Zuckerrohr, Weizen, Gemüse und Obst an. Der Agrarsektor trägt 16 Prozent
zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei, obwohl 96 Prozent des Landes aus Wüste
bestehen. Zunehmender Wassermangel macht den ägyptischen Landwirten
allerdings zu schaffen.
Reisen zu den antiken Stätten boomen. Mehr als 14,7 Millionen Touristen
besuchten im vergangenen Jahr das Land – ein neuer Rekord. Jeder fünfte
Ägypter arbeitet im Tourismus. Mit 11 Prozent Anteil am BIP und 9
Milliarden Euro Einnahmen zählt der Fremdenverkehr zu den wichtigen
Devisenbringern. Weitere Wirtschaftsfaktoren sind Überweisungen ägyptischer
Gastarbeiter aus dem Ausland sowie die Gebühreneinnahmen aus dem Suezkanal
zwischen Rotem Meer und Mittelmeer.
Der 190 Kilometer lange Schiffsweg, der den arabischen Golf mit dem
Mittelmeer verbindet, ist eine der weltweit wichtigsten Handelsrouten. Auch
wenn er bislang für Supertanker zu klein ist, durchlaufen knapp 10 Prozent
des gesamten Welthandels den Kanal. Die Gebühreneinnahmen aus der
Schiffsroute brachten 2009 gut 4,3 Milliarden Dollar ein.
Seit einigen Jahren treibt die ägyptische Regierung den Umbau der einst
staatlich gelenkten Wirtschaft voran, durch die Privatisierung des
Bankensektors und anderer einst staatlicher Firmen. Trotz Wachstumsraten um
die 6 Prozent in den letzten Jahren ächzt das Land unter dem raschen
Wachstum seiner Bevölkerung. Rund 800.000 Schulabgänger drängen jedes Jahr
zusätzlich auf den Arbeitsmarkt. Selbst mit guter Ausbildung und
Englischkenntnissen kommt nur jeder dritte Absolvent in einem der meist
mies bezahlten Jobs unter. Der monatliche Mindestlohn beträgt etwa 70 Euro.
Auch Ärzte und Akademiker verdienen kaum mehr. Die ökonomische Ungleichheit
zieht sich wie ein Riss durch Ägyptens Gesellschaft. Vor allem die
Oberschicht profitiert davon. Jeder fünfte der 82 Millionen Ägypter lebt
hingegen in absoluter Armut.
Als einen seiner wichtigsten Partner im arabischen Raum versucht Europa
seit einigen Jahren Ägypten enger an sich zu binden. Einen Schub hat die
wirtschaftliche Zusammenarbeit durch das EU-Assoziierungsabkommen vom Juni
2004 bekommen. Zölle wurden darin weitgehend abgeschafft und der Handel mit
landwirtschaftlichen Produkten zu 90 Prozent liberalisiert. Der Vertrag
sieht unter anderem vor, innerhalb von 12 Jahren einen gemeinsamen
Wirtschaftsraum zu schaffen. Mittlerweile ist Ägypten nach Südafrika das am
stärksten industrialisierte Land Afrikas. Mercedes, BMW und VW lassen dort
Teile für ihre Fahrzeuge produzieren. Westliche Unternehmen profitieren
auch vom Ausbau der erneuerbaren Energien in Ägypten. Sie sollen bis zum
Jahr 2020 20 Prozent des ägyptischen Energiebedarfs decken.
3 Feb 2011
## AUTOREN
Tarik Ahmia
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