# taz.de -- Aufstand in Ägypten: Blogger und Journalisten bedroht | |
> Journalisten werden entführt, ihre Arbeit wird zensiert und behindert. | |
> Der bekannte Blogger Sandmonkey berichtet, die Polizei habe ihn | |
> überfallen und geschlagen. | |
Bild: Der Fotograf Nasser Gamil von der Nachrichtenagentur AP wurde von einem P… | |
BERLIN taz | Sandmonkey ist einer der berühmtesten Blogger Ägyptens, sein | |
letzter Tweet am Donnerstag vormittag lautete: "Gehe jetzt zum Tahrir-Platz | |
und bringe medizinische Hilfe". Sein letzter [1][Blogeintrag] an diesem | |
Vormittag, in dem er seine Erlebnisse in den letzten Tagen auf Kairos | |
Straßen beschrieb, endete mit den Worten: "Das Ende ist nah. Ich habe keine | |
Illusionen über dieses Regime oder seine Führer und dass sie uns rupfen und | |
jagen werden, jeden einzelnen." | |
Um 13.30 Uhr twitterten seine Freunde und Follower, dass er verhaftet | |
worden sei. Sein Blog "Rantings of a Sandmonkey war am Donnerstag ab 14 Uhr | |
nicht mehr zu erreichen. Noch Mittwoch Nacht hatte er dem mit | |
amerikanischen Journalisten Roger L. Simon [2][per Skype gesprochen]. | |
Bis vor kurzem war in Sandmonkeys Blog als Vorspann zu lesen: "Sei | |
vorgewarnt: Der Schreiber dieses Blogs ist ein extrem zynischer, | |
sarkastischer, pro-amerikanischer, säkularer, libertärer, übellauniger | |
Sandaffe." Sandmonkey nennt sich der Blogger, weil Sandaffe eine | |
rassistische Bezeichnung für Araber ist und auch alle anderen | |
Bezeichnungen, mit denen er sich hier vorstellt, sind Vorurteile, gegen die | |
er kämpft. Es geht ihm um eine offene Diskussion über Freiheit, Demokratie, | |
Islamismus. | |
Um 17 Uhr am Donnerstag twittert Sandmonkey, dass er wieder frei sei. Er | |
sei von der Polizei überfallen und geschlagen worden. Sein Handy sei | |
konfisziert, ebenso sein Auto samt der Medikamente. | |
Er ist nicht der einzige Unbequeme, der heute verprügelt und verhaftet | |
wurde. Journalisten und Blogger sind in Ägypten nicht mehr sicher. Sie sind | |
gezielter Gewalt ausgesetzt und werden verhaftet, ihre Kameras werden | |
zerstört, Filmmaterial wird beschlagnahmt. | |
Es sei zunehmend schwierig, die Sicherheit der Korrespondenten in Ägypten | |
zu gewährleisten, sagte gestern der ZDF-Chefredakteur Peter Frey. Seine | |
bereits am Mittwoch verhaftete Mitarbeiterin sei gestern freigelassen | |
worden, nachdem sie vom ägyptischen Geheimdienst in einem | |
Hochsicherheitsgefängnis 20 Stunden lang festgehalten worden war. | |
Reuters teilte gestern mit, ein Mitglied ihres Kamerateams sei am | |
Donnerstag in der Nähe des Tahrir-Platzes zusammengeschlagen worden. Das | |
Team sei gerade dabei gewesen, Geschäfte und Banken zu filmen, die wegen | |
der Krawalle schließen mussten. Rajesh Bhardway, indischer Videojournalist | |
von CNN-IBN, gab an, er sei am Donnerstag auf dem Tahrir-Platz kurzzeitig | |
in Sicherheitsverwahrung genommen, sein Personalausweis und seine Bänder | |
seien verbrannt worden. | |
Swedish TV hat keinen Kontakt mehr zu seinem Korrespondenten Bert Sundström | |
und vermutet, er sei entführt worden. Shahira Amin, Chefreporterin von Nile | |
TV, hat ihren Job mit sofortiger Wirkung gekündigt. Sie wolle nicht mehr | |
Teil der Propagandamaschine sein und sei mehrfach von der Staatssicherheit | |
angerufen und mit dem Tod bedroht worden. | |
Bereits am Mittwoch wurden nach Angaben von Reporter ohne Grenzen | |
mindestens vier Journalisten unter anderem von den TV-Sendern al-Dschasira, | |
BBC und CNN und der Nachrichtenagenur AP festgenommen. Der belgische | |
Journalist Serge Dumont soll am Mittwoch verprügelt und einem Militärposten | |
übergeben worden sein. Er wird der Spionage beschuldigt und soll dem | |
Geheimdienst übergeben werden. | |
Dass es eine konzertierte Kampagne gebe, um Journalisten in Kairo | |
einzuschüchtern und sie an ihrer Berichterstattung zu hindern, twitterte PJ | |
Crowley, Sprecher des US-Außenministeriums. Nachdem der Mobilfunkkonzern | |
Vodafone von der Regierung am Wochenende gezwungen wurde, sein Netz | |
abzuschalten, erklärte das Unternehmen nun, ägyptische Behörden hätten | |
verfügt, regierungsfreundliche SMS zu verschicken. | |
4 Feb 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://lisagoldman.net/2011/02/03/egypt-right-now-by-sandmonkey/ | |
[2] http://pajamasmedia.com/rogerlsimon/2011/02/02/cairo-exclusive-interview-wi… | |
## AUTOREN | |
Doris Akrap | |
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