# taz.de -- Wie der Euro gerettet werden kann: Abschied von der Schrumpfpolitik | |
> Alternative Ökonomen legen einen Plan zur Euro-Rettung vor. Ein | |
> Gegenentwurf zu Merkels 6-Punkte-Plan. Sie wollen lieber eine besondere | |
> Banker-Spezies bändigen. | |
Bild: Protestkundgebung gegen das Sparpaket der Bundesregierung im Jahr 2010. D… | |
BERLIN taz | Das Auseinanderbrechen des Eurolandes verhindern, lautet das | |
Ziel der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. Am Dienstag legten | |
die Ökonomen um die Wirtschaftsprofessoren Rudolf Hickel und Heinz Bontrup | |
deshalb ein [1][Sondermemorandum] zur Eurokrise vor. | |
Es ist in jeder Hinsicht ein Gegenentwurf zu dem von Bundeskanzlerin Angela | |
Merkel (CDU) auf dem jüngsten EU-Gipfel vorgelegten 6-Punkte-Plan zur | |
Eurorettung: Es stellt ihrer Idee, allen Staaten das neoklassische deutsche | |
Modell des Sparens und Sozialabbaus überzustülpen, die Alternative | |
entgegen, die Haushaltsprobleme über mehr Solidarität der reichen Länder, | |
mehr Staatseinnahmen und eine europäische Wirtschaftsregierung zu lösen. | |
Die Merkel-Forderungen nach einer Schuldenbremse, der Abschaffung der | |
Lohnanpassung an die Inflation und einem höheren Rentenalter gehen für die | |
alternativen Ökonomen in eine völlig falsche Richtung. Sie setzen dieser | |
Politik des Gürtel-enger-Schnallens ein 7-Punkte-Programm entgegen, das | |
eine Bändigung der Spekulanten und Solidarität mit den Krisenländern | |
fordert. | |
Hickel: "Existenz des Euro akut bedroht" | |
Aus eigener Kraft könnten diese ihre Probleme nicht mehr lösen. "Wenn die | |
Auseinanderentwicklung in Europa, die durch die massiven Exportüberschüsse | |
im Euroraum vorangetrieben worden ist, nicht beendet wird, ist die Existenz | |
des Euro akut bedroht", lautet Hickels Warnung. | |
Der Plan sieht zunächst einmal den Ausbau des Euro-Rettungsschirms und | |
mittelfristig die Gründung eines Europäischen Währungsfonds vor. Um zu | |
verhindern, dass die Krisenstaaten hohe Risikoaufschläge auf ihre | |
Staatsanleihen zahlen müssen, soll die EU sogenannte Eurobonds ausgeben. | |
Überdies sei ein teilweiser Schuldenerlass unvermeidbar, zu dem dann die | |
Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssten. | |
Zu den wirtschaftspolitischen Empfehlungen gehört der Abschied von der | |
"Schrumpfpolitik", die die betroffenen Länder in eine anhaltende Depression | |
zwinge. Anstelle immer weiterer Einsparungen sollen die Einnahmen erhöht | |
werden, etwa durch die europaweite Harmonisierung der | |
Unternehmensbesteuerung. Und schließlich müsse die Eurozone anfangen, auf | |
eine gemeinsame Wirtschaftsregierung hinzuarbeiten. Ziel müsse die | |
"Schaffung einer ökologisch verantwortlichen Wirtschafts-, Fiskal- und | |
Sozialunion" sein. | |
EEAG: Länder wie Griechenland aus der EU werfen | |
Ebenfalls gestern publizierte auch eine konservativere Gruppe europäischer | |
Wirtschaftswissenschaftler, die Europäische Wirtschaftsberatergruppe EEAG | |
um den ifo-Institutschef Hans-Werner Sinn, [2][eigene Vorschläge] zur | |
Lösung der Eurokrise. Deren Plan sieht als letzten Schritt ein | |
Insolvenzverfahren für überschuldete Staaten vor. Denn langsam sei es nicht | |
mehr zu leugnen, dass Griechenland trotz der EU-Hilfen und trotz seines | |
brutalen Sparkurses seine Schulden wohl nicht wird zurückzahlen können. | |
Die EEAG sieht dabei den Ausschluss von Krisenländern aus der Eurozone als | |
Option an – ganz anders als die Memorandumsgruppe, die sich für den Erhalt | |
der Währungsunion starkmacht. Denn wenn die Union auseinanderbräche, würde | |
das die Rückkehr zu der Vorherrschaft der D-Mark und der stramm auf | |
Sparkurs getrimmten Deutschen Bundesbank bedeuten. Und für die alternativen | |
Ökonomen ist das keine schöne Aussicht für Europa. | |
23 Feb 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.alternative-wirtschaftspolitik.de/veroeffentlichungen_der_arbeit… | |
[2] http://www.cesifo-group.de/portal/page/portal/ifoHome/B-politik/70eeagreport | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
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