# taz.de -- Pressefreiheit in China: Peking rechtfertigt Journalistenprügel | |
> Die Arbeit ausländischer Korrespondenten in China wird wieder erschwert. | |
> Die Lockerungen, die es zu Olympia 2008 gegeben hatte, sind faktisch | |
> aufgehoben. | |
Bild: Polizisten hatten am Sonntag mehrere Journalisten festgenommen. | |
PEKING taz | Chinas Regierung hat am Dienstag die Gewalt der Polizei gegen | |
ausländische Reporter verteidigt. Mehrere Korrespondenten waren am Sonntag | |
beim Versuch, über eine angekündigte Demonstration zu berichten, verprügelt | |
und festgenommen worden. Die Sicherheitskräfte hätten "vernünftige | |
Anweisungen" gegeben, erklärte Außenamtssprecherin Jiang Yu. "Die | |
Journalisten sollten das verstehen und Folge leisten." | |
Damit reagierte die Regierung bemerkenswert kühl auf die Ereignisse in | |
Pekings Wangfujing-Einkaufsstraße. Dort erschienen nach einem | |
Internetaufruf Unbekannter zu einem friedlichen Protest Hunderte Polizisten | |
in Zivil und Uniform, um jede Ansammlung im Keim zu ersticken. | |
Während Demonstranten nicht zu erkennen waren, gerieten ausländische | |
Journalisten ins Visier der Polizei. Mehrere Kamerateams, darunter von ARD | |
und ZDF, wurden festgesetzt, ihre Bilder gelöscht. Einem Kameramann der | |
US-Agentur Bloomberg traten fünf Männer ins Gesicht und in die Rippen. Auch | |
andere Journalisten wurden geschlagen, ohne dass uniformierte Polizisten | |
eingriffen. Der Klub der Auslandskorrespondenten zählte drei Verletzte und | |
neun Journalisten, die bis zu vier Stunden festgehalten wurden. | |
Der US-Botschafter und die EU-Vertretung protestierten gegen die Attacken. | |
Die Außenamtssprecherin beschuldigte die Journalisten: "So viele Reporter | |
waren da - wer hat sie geschickt? Wer hat sie aufgefordert, sich dort zu | |
versammeln und da herumzulungern?" Wer verprügelt worden sei, möge dies der | |
Polizei melden. | |
Damit scheint klar, dass die Arbeitsbedingungen für ausländische Medien in | |
China wieder schwerer werden - obwohl sich die vor den Olympischen Spielen | |
2008 erlassenen Regeln "nicht verändert" hätten, wie Jiang beteuerte. | |
Danach dürfen Korrespondenten frei reisen und jeden Bürger interviewen, der | |
damit einverstanden ist. | |
Nun scheinen die Behörden immer mehr Orte davon auszuschließen. Bislang | |
musste journalistische Arbeit nur an politisch besonders sensiblen Orten | |
wie Tibet oder auf Pekings Tiananmenplatz vorab beantragt werden. Was die | |
Regierung von ihren eigenen Regeln hält, zeigte sich auch gestern, als ein | |
AP-Kameramann von der Polizei gehindert wurde, die Wangfujing-Straße zu | |
filmen - obwohl er zuvor eine Erlaubnis beantragt und erhalten hatte. | |
Begründung: "Die Straße wird repariert." | |
1 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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