# taz.de -- Kommentar Pressefreiheit in China: Furcht vor dem arabischen Virus | |
> Die chinesische Führung hat eine solche Angst davor, dass der | |
> Revolutionsfunke überspringen könnte, dass ihr Diplomatie im Moment ganz | |
> egal ist. | |
Von Softpower kann keine Rede sein. In ihrer Angst davor, dass der Funke | |
der Jasmin-Rebellionen aus den arabischen Ländern nach China überspringen | |
könnte, reagiert Chinas Regierung in diesen Tagen ausgesprochen | |
undiplomatisch. Statt sich dafür zu entschuldigen, dass ihre Polizei | |
ausländische Journalisten festnimmt und verprügelt, erklärt | |
Regierungssprecherin Jiang Yu das Verhalten der Sicherheitskräfte für | |
"angemessen". | |
Die chinesische Führung ist derzeit so nervös, dass es ihr gleichgültig | |
ist, wie sie im Ausland wirkt. Nicht die Diplomaten, sondern die Leute aus | |
den Sicherheitsapparaten haben das Sagen. Erst vor wenigen Tagen hat | |
Staats- und KP-Chef Hu Jintao, der mächtigste Mann des Landes, vor den | |
Spitzen von Partei und Militär bei einer Sondersitzung in der Zentralen | |
Parteischule den Ernst der Lage eindringlich beschworen. | |
Um die Stabilität im Land zu wahren, sei es nötig, die Gesellschaft besser | |
zu "managen", erklärte er. "Die Gesellschaft managen" gehört zu den in der | |
KP so beliebten Euphemismen und meint nichts anderes als eine verschärfte | |
Kontrolle auf allen Ebenen. | |
Dazu gehört es, das Internet besser in den Griff zu bekommen und die | |
öffentliche Meinung im Sinne der Partei zu lenken. Die Parteimitglieder | |
sollen aufgefordert worden sein, die Stimmung am Arbeitsplatz und in den | |
Nachbarschaftsvierteln zu beobachten. Gleichzeitig soll Hu die Militärs | |
ermahnt haben, sich daran zu erinnern, dass sie der Partei absolute | |
Loyalität schulden - noch vor dem Staat und vor dem Volk. | |
Das alles weist darauf hin, dass sich die Partei derzeit, trotz aller | |
Beschwörung der Einigkeit und wirtschaftlichen Erfolge, extrem unsicher | |
fühlt. Chinas Regierung ist nicht so stark, wie viele im Ausland es glauben | |
wollen. | |
1 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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