# taz.de -- Naturkatastrophe in Japan: Schwerstes Beben seit 1.200 Jahren | |
> Der Erdstoß am Freitag erreichte laut Experten eine Stärke von 8,9. | |
> Mehrere Hundert Tote werden befürchtet. Acht Millionen Japaner sind ohne | |
> Strom. Japans Regierung bittet um ausländische Hilfe. | |
Bild: Überschwemmte Häuser brennen in Natori, in der Präfektur Miyagi, nachd… | |
TOKIO/WASHINGTON afp/dpad/rtr/afp | Nach Angaben eines Experten des | |
Geologischen Instituts der USA war das Beben vor der Küste Japans am | |
Freitag das stärkste in der Region seit beinahe 1.200 Jahren. Laut David | |
Applegate, einem hochrangigen wissenschaftlichen Berater des | |
Regierungsinstituts, brach die Erdkruste durch das Beben der Stärke 8,9 in | |
240 Kilometern Länge und 80 Kilometern Breite auseinander. Der Erdstoß | |
dürfte nach Meinung Applegates in Japan Schäden in Höhe von Dutzenden | |
Millionen Dollar angerichtet haben. | |
Bislang gebe es laut Polizei mehr als 350 bestätigte Todesopfer, so die | |
Nachrichtenagentur Kyodo, doch allein in der Küstenstadt Sendai sprachen | |
die Behörden bereits von 200 bis 300 Leichen. Mindestens 547 Personen | |
wurden vermisst, die Zahl der Verletzten wurde mit fast 800 beziffert. | |
Ministerpräsident Naoto Kan erklärte, in weiten Teilen Nordjapans habe das | |
Erdbeben schwere Schäden angerichtet. | |
Zahlreiche Städte und Dörfer entlang eines 2.100 Kilometer langen | |
Küstenabschnitts waren von der Katastrophe betroffen. Das Erdbeben der | |
Stärke 8,9 ereignete sich am Freitag um 14.46 Uhr Ortszeit in einer Tiefe | |
von zehn Kilometern rund 125 Kilometer vor der Ostküste Japans, wie das | |
Tsunami-Warnzentrum für den Pazifik mitteilte. | |
Die folgende Flutwelle erreichte eine Höhe von sieben Metern und riss | |
Schiffe, Autos, ganze Gebäude und tonnenweise Schutt und Geröll mit sich. | |
Es folgten mehr als 50 zum Teil heftige Nachbeben. Das Wasser drang mehrere | |
Kilometer ins Landesinnere vor. | |
## Stromausfall für acht Millionen Haushalte | |
Die erste Nacht nach dem Beben haben Millionen Japanerinnen und Japaner in | |
völliger Dunkelheit verbracht. Mehr als acht Millionen Haushalte hatten | |
weder Strom noch Telefon, in hunderttausenden weiteren fielen auch Gas und | |
Wasser aus, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo am Samstag. "Es ist | |
stockdunkel in unserem Viertel", sagte Makiko Tazaki in der Stadt Sendai im | |
Nordosten der Hauptinsel Honshu, die besonders stark von dem auf das Beben | |
folgenden Tsunami betroffen war. | |
"Wir haben keinen Strom oder sauberes Wasser. Wir haben keine Heizung, es | |
ist kalt", sagte die Mutter eines elfjährigen Sohns. Während des scheinbar | |
minutenlangen Bebens habe sie sich an einer Säule festgehalten. "Ich wusste | |
sofort, dass es kein Beben war, wie ich es kannte." In Sendai wurden | |
mindestens 1200 Häuser zerstört. 200 bis 300 Leichen wurden an den Strand | |
der Stadt mit einer Million Einwohner geschwemmt. In der Nacht | |
erschütterten weitere Nachbeben die Region. | |
In der Hauptstadt Tokio saßen rund eine Million Pendler fest, nachdem die | |
U-Bahn wegen des Bebens ihren Betrieb eingestellt hatte. Da die Menschen | |
nicht nach Hause zurückkehren konnten, deckten sie sich in den Geschäften | |
mit Essen und Trinken ein. Die Hotels waren rasch ausgebucht, auf den | |
Straßen stand der Verkehr still. Die Behörden riefen die Menschen auf, in | |
der Nähe ihrer Büros zu bleiben und nicht zu versuchen, zu Fuß nach Hause | |
zu gelangen. Zudem forderten sie Geschäfte und Cafés auf, den Menschen | |
Trinkwasser zu geben | |
## Um ausländische Hilfe gebeten | |
Japan bittet nach dem Jahrhundert-Erdbeben um ausländische | |
Katastrophenhilfe. "Japan hat um internationale Such- und Rettungstrupps | |
gebeten, aber nur um eine Handvoll", sagte Elisabeth Byrs, Sprecherin des | |
UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Einsätze (OCHA), am Freitag in | |
Genf. Mehr als 68 Such -und Rettungsteams aus 45 Ländern hätten Japan ihre | |
Hilfe angeboten. Die EU-Kommission hatte bereits mitgeteilt, dass Japan | |
Suchhunde zum Aufspüren von Verschütteten angefordert habe. Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel bot Japans Premierminister Naoto Kan ebenfalls deutsche Hilfe | |
bei der Bewältigung der Folgen des katastrophalen Erdbebens an. | |
11 Mar 2011 | |
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Japan | |
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