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# taz.de -- Japaner in Berlin: Besorgter Blick aufs Handy
> Nach dem Erdbeben und dem Tsunami in Japan versuchen Touristen in Berlin,
> mit Angehörigen zu sprechen. Wowereit versichert der Partnerstadt Tokio
> Solidarität.
Bild: Tourismus-Promoterin am Japan-Stand der ITB.
Äußerlich deutet nichts darauf hin, dass Japan gerade das größte Erdbeben
seiner Geschichte erlebt hat. "Business as usual", heißt es am Stand von
Tokio im Japanpavillon auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB). "Es
bringt gar nichts, sich aufzuregen, wir müssen Ruhe bewahren und abwarten",
sagt eine Mitarbeiterin in blauem Kimono. Innerlich befindet man sich aber
auch hier im Ausnahmezustand. So wie die drei Japaner, die stumm auf das
Handy schauen, mit dem sie Kontakt zur Heimat aufzunehmen versuchen.
In Berlin leben weit über 2.000 Japaner. Einer davon ist Shogo Akagawa. Der
Deutschlandkorrespondent der japanischen Tageszeitung Nihon Keizai Shimbun,
zumeist Nikkei abgekürzt, wurde am Freitag vom Telefon geweckt, eine halbe
Stunde nachdem in Japan die Erde gebebt hatte. Am Apparat war ein Kollege
aus der Redaktion in Tokio. Die Nikkei, eine Mischung aus Frankfurter
Allgemeinen, Handelsblatt und Financial Times, gehört mit einer Auflage von
3 Millionen zu den größten Wirtschaftszeitungen Asiens.
Wegen des Erdbebens würden Sonderschichten gefahren, erfuhr Akagawa bei dem
Anruf. Der Deutschlandkorrespondent weiß, was das heißt. 1995, als die
Hafenstadt Kobe von einem Beben erschüttert wurde, war er in der Region
selbst als Reporter unterwegs. Das Erdbeben sei das eine, sagt Akagawa.
"Schlimmer ist, was danach kommt: Brände, Erdrutsche und Tsunamis."
Aber nun, da er in Berlin lebt, bleibt Akagawa nur, abzuwarten, ob seine
Kollegen etwas von ihm wollen. "Wenn Hilfe gebraucht wird, stehe ich gern
zur Verfügung." Eines will er garantiert nicht tun: in Japan bei
offiziellen Stellen anrufen. Nicht einmal das staatliche Fernsehen, bei
größeren Ereignissen sonst immer mit einer Liveübertragung dabei, sende
live. "Das zeigt: Alle Hände werden für Rettungsmaßnahmen gebraucht", so
Akagawa.
Bei der japanischen Botschaft steht das Telefon nicht still. In Japan ist
das Telefonnetz zum Teil zusammengebrochen. "Die Menschen sorgen sich um
ihre Angehörigen", sagt Botschafter Takahiro Shinyo zur taz. Auch Deutsche,
die Verwandte und Freunde in Japan haben, seien unter den Anrufern. Viel
tun kann die Botschaft derzeit nicht. "Keiner kennt das Ausmaß der
Zerstörungen. Man wird noch ein paar Tage warten müssen", so Shinyo.
Die japanische Telefongesellschaft Nippon Telegraph and Telephone (NTT) hat
unterdessen angekündigt, ein Message-Board einzurichten, wo man Nachrichten
hinterlassen und abrufen könne. Das werde die Kontaktaufnahme zwischen
Erdbebenopfern, Angehörigen und Freunden erleichtern, hofft der japanische
Botschafter.
Die Solidaritätsbekundungen deutscher Politiker wertet Shinyo als
ermutigendes Zeichen. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auch
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) allen Japanern und
besonders den Einwohnern der Partnerstadt Tokio Solidarität und Mitgefühl
ausgedrückt. "Die Auswirkungen dieser Megakatastrophe zeigen sich offenbar
auch in unserer Partnerstadt Tokio."
Martin Buck, Direktor des KompetenzCenter Travel & Logistics der Messe
Berlin, sagte am Freitag: "Unsere Gedanken sind bei den Opfern und deren
Familien, die von der Katastrophe betroffen sind."
US-Botschafter Philip Murphy tauchte am Freitag mit einem Tross auf der ITB
auf. "Wir sind gekommen, um unsere Solidarität und Unterstützung zu
bekunden", sagte Murphy am Japanstand. Sprachs und war kurz darauf wieder
verschwunden.
Der Leiter des Standes, Akinari Tange, gehört zu den Leuten, die ihr Handy
nicht aus den Augen lassen. Immerhin hat ihn seine Familie eine Stunde nach
dem Beben angerufen. "Es geht ihnen gut." Nun machen Tange die Meldungen
über Brände und Nachbeben Sorgen. Aber das Telefon schweigt. Es gibt kein
Durchkommen nach Japan.
11 Mar 2011
## AUTOREN
Plutonia Plarre
Claude Sietzke
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