# taz.de -- Großflughafen Schönefeld: Brave Bürger werden immer aufmüpfiger | |
> Tausende demonstrieren gegen den künftigen Großflughafen BBI -und stellen | |
> immer weiter gehende Forderungen: keine Nachtflüge, keine neuen | |
> Flugrouten, kein internationales Drehkreuz. | |
Bild: Der Protest gegen den BBI wird lauter | |
Berlin-Reisende bekamen einen schönen Empfang: Am Samstag brachte erstmals | |
eine Demonstration der BBI-Flughafengegner auf der Bundesstraße 96a 40 | |
Minuten lang den Verkehr rund um Schönefeld zum Erliegen. Das war gewollt. | |
Flugpassagiere, die wegen Bauarbeiten der S-Bahn auf Taxi oder Bus | |
umgestiegen waren, mussten aussteigen und um den Demonstrationszug | |
herumlaufen. | |
Es sind gut gekleidete Rentner und Kinder mit City-Rollern, die zur | |
Demonstration gekommen sind, Bürger aus den Einfamilienhausgegenden im | |
Süden Berlins und den anliegenden Brandenburger Gemeinden. Andere haben | |
Lautsprecher, Trommeln und Tuten mitgebracht und schlugen kräftig Lärm - | |
gegen Nachtflüge, geänderte Flugrouten und den Ausbau von Berlin | |
Brandenburg International (BBI) zum internationalen Drehkreuz-Flughafen. | |
Ein Polizeisprecher spricht gegenüber der taz von "kultivierten Bürgern, | |
die ihren Protest friedlich artikulierten". Der Veranstalter, das Bündnis | |
Berlin-Brandenburg, schätzt die Teilnehmerzahl auf 9.000, die Polizei auf | |
"mindestens 6.000". | |
"Kein Jet über meinem Bett", "Die Nacht ist zum Schlafen da" oder "Herr | |
Platzeck und Herr Wowereit, Ihr böses Spiel geht nun zu weit" steht auf den | |
selbst gefertigten Transparenten. Die Forderungen der Demonstranten sind so | |
vielfältig wie sie selbst. Viele Bürger, vor allem aus Bohnsdorf und | |
anderen Berliner Ortsteilen und Brandenburger Gemeinden nahe Schönefeld | |
tragen Transparente mit der Forderung nach einem sofortigen Baustopp für | |
den BBI. Michael Meincke, ein Rentner aus Lichtenrade, schüttelt den Kopf. | |
"Das ist doch nicht realistisch." Ihm würde eine eine Rückkehr zu den | |
ursprünglich geplanten parallelen Flugrouten reichen. | |
Für Elfi Alkowitz von der Bürgerinitiative in Kladow, westlich des Wannsees | |
gelegen, ist vor allem wichtig, dass die Flugzeuge nicht über dem Berliner | |
Südwesten fliegen. "Ich wohne nur 4 Kilometer vom Atomforschungsreaktor des | |
Helmholtz-Zentrums in Wannsee entfernt. Jedes Jahr bekomme ich einen | |
Evakuierungsplan und habe für den Notfall immer Jodtabletten im Haus zu | |
haben. Dass über dem Reaktor Flugzeuge fliegen sollen, ist da angesichts | |
der Katastrophe in Japan doch Irrsinn", sagt sie. | |
Von einer kleinen Abordnung des Brandenburger Landesvorstands der | |
Bündnisgrünen abgesehen haben Politiker nicht den Weg nach Schönefeld | |
gefunden. Doch ihnen wäre von den aufgebrachten Bürgerinnen und Bürgern | |
auch wenig Sympathie entgegengekommen. Von allen Parteien fühlen sich die | |
Demonstranten alleingelassen. Wie im Wendejahr 1989 in der DDR ertönt immer | |
wieder der Ruf "Wir sind das Volk". | |
Ein Redner der Bürgerinitiative verweist darauf, dass die 9.000 | |
Demonstranten weit mehr Menschen seien als die Zahl der Flugreisenden pro | |
Tag. Zahlreiche Transparente und Sprechchöre fordern den sofortigen | |
Rücktritt der Regierungschefs von Berlin und Brandenburg, Klaus Wowereit | |
und Matthias Platzeck (beide SPD). Doch auch dazu gibt es andere Meinungen. | |
"Wen sollen wir dann wählen? Etwa die CDU? Das wäre noch schlimmer!", | |
schimpft eine etwa 40-jährige Frau im Pelzmantel. Ihre Nachbarin ergänzte: | |
"Diepgen und Kohl haben uns doch den Standort Schönefeld eingebrockt. | |
Stolpe von der SPD war für Sperenberg, wurde aber überstimmt." | |
Anders als die Mehrzahl der Demonstranten haben die Redner der | |
verschiedenen lokalen Bürgerinitiativen auf der Bühne zu einer gemeinsamen | |
Sprache gefunden. Ihre Forderungen: ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 | |
Uhr, Flugrouten "geradeaus und außen rum" sowie eine Abkehr von den Plänen, | |
Schönefeld als internationales Luftdrehkreuz zu entwickeln. "Im | |
Planfeststellungsbeschluss war von einem Regionalflughafen für Berlin und | |
Brandenburg die Rede", sagt Markus Peichl von der Bürgerinitiative | |
Weltkulturerbe Potsdam. Geplant gewesen seien 5 bis 10 Prozent | |
Umsteigepassagiere, "die unsere Region gar nicht besuchen wollen". Jetzt | |
spreche die Politik von einem internationalen Drehkreuz mit 30 bis 40 | |
Prozent Umsteigepassagieren. "Wenn das Realität wird, können wir von einem | |
Nachtflugverbot nur träumen, falls wir dann in der Nacht noch zum Träumen | |
kommen." Wenn die Region ein internationales Drehkreuz brauche, so der | |
Potsdamer unter großem Jubel, "dann sollen unsere Politiker morgen | |
anfangen, das zu planen: in Sperenberg, dort, wo es am wenigsten stört, und | |
mit einer Hochgeschwindigkeitszuganbindung zum Regionalflughafen | |
Schönefeld." | |
Das Bündnis kündigte zwei weitere Großdemonstrationen mit Sperrung der | |
Flughafenzufahrt im April und Mai vor den jeweiligen Sitzungen der | |
Fluglärmkommission an. Bewegen sich die Verantwortlichen nicht, werde ab | |
Mai wöchentlich demonstriert. | |
14 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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