# taz.de -- Nächste Runde gegen Schönefeld: Nachts sind alle Flieger laut | |
> Die Flugrouten-Initiativen wenden sich dem nächsten Aufreger zu: den | |
> Nachtflügen. Sie wollen ein Verbot zwischen 22 Uhr und 6 Uhr durchsetzen. | |
Bild: Raubt vielen jetzt schon den Schlaf: nächtlicher Flugbetrieb | |
Die Aufregung um die Flugrouten vom künftigen Airport Berlin Brandenburg | |
International (BBI) hat sich weitgehend gelegt, der Streit sich | |
versachlicht. Beflügelt vom Erfolg ihres Aufruhrs stürzen sich | |
Bürgerinitiativen auf den nächsten Zankapfel rund um den Flughafen: das | |
Nachtflugverbot und seine Ausprägungen. Auch Brandenburger Abgeordnete | |
haben sich am Wochenende in die Diskussion darüber eingeschaltet, wie viele | |
Flugzeuge zu welcher Uhrzeit unterwegs sein dürfen. | |
Der SPD-Landtagsabgeordnete Christoph Schulze kritisierte in einem offenen | |
Brief die CDU- und FDP-Fraktion sowie Kollegen aus den eigenen Reihen, weil | |
sie zu einer Anhörung seiner Ansicht nach lediglich Pro-Nachtflügler | |
eingeladen hätten. "In Wirklichkeit interessiert euch doch das Schicksal | |
der vom Fluglärm betroffenen Bürger und das Schicksal der Kommunalpolitiker | |
und der SPD-Politiker hier vor Ort überhaupt nicht", schrieb Schulze an den | |
Brandenburger Fraktionsvorstand. Der 45-Jährige vertritt mit seinem | |
Wahlkreis Gemeinden wie Blankenfelde-Mahlow und Rangsdorf. Beide | |
Ortschaften sind vom Fluglärm stark betroffen, egal wie die Flugrouten | |
führen; sie hoffen auf weitestgehende Ruhe zumindest während der Nacht. | |
Laut einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts dürfen in Schönefeld | |
zwischen 0 und 5 Uhr keine Maschinen starten oder landen. Ausgenommen sind | |
Post- und Regierungsmaschinen sowie Notfälle. Die Zeit zwischen 22 Uhr und | |
Mitternacht sowie zwischen 5 und 6 Uhr gilt als "Randzeit": Hier darf | |
begrenzt geflogen werden. Im Schnitt werden 77 Flugzeuge pro Nacht am BBI | |
erwartet. | |
Bürgerinitiativen fürchten, dass die Regelungen nach und nach aufgeweicht | |
werden - mit dem Argument der Wirtschaftlichkeit. Der Regierende | |
Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nährte solche Sorgen, als er sich jüngst | |
gegen ein weitergehendes Nachtflugverbot aussprach. "Wir brauchen die | |
Randzeiten", sagte Wowereit und verwies auf Pläne der Fluggesellschaft Air | |
Berlin, in Schönefeld ihr Drehkreuz einzurichten. Außerdem hofft er auf ein | |
stärkeres Engagement der Lufthansa am Standort - mit dem Wechsel des | |
Chefpostens scheint sich dort auch die Meinung zu Berlin geändert zu haben. | |
Der neue Vorstandsvorsitzende Christoph Franz hatte kurz nach seiner | |
Amtsübernahme angekündigt, mehr Präsenz in Berlin prüfen zu lassen. Ein | |
restriktives Nachtflugverbot wäre da sicher nicht hilfreich. | |
Wowereit hatte Fluggesellschaften schon nach den Gerichtsurteil 2006 darauf | |
hingewiesen, dass auch mitten in der Nacht geflogen werden dürfe, wenn es | |
"gewichtige Bedarfsgründe" gibt. Er forderte die Unternehmen regelrecht | |
auf, nach Ausnahmegründen zu suchen. Auch von den Grünen erhalten die | |
Anwohner wenig Rückendeckung: Bürgermeister-Kandidatin Renate Künast ließ | |
vage verlauten, das Nachtflugverbot müsse eingehalten werden. | |
Bürgerinitiativen schlagen nun Alarm. Die Aktivisten von "Fluglärmfreie | |
Havelseen" sprachen am Wochenende von einer Farce, was die geplante | |
Anhörung im Potsdamer Landtag im April betrifft. Dazu sollen vorwiegend | |
Wirtschaftsvertreter wie Flughafenchef Rainer Schwarz und Air-Berlin-Chef | |
Joachim Hunold eingeladen worden sein. "Auch wird ausschließlich danach | |
gefragt, welche finanziellen Konsequenzen das Nachtflugverbot für die | |
Fluggesellschaften haben wird", heißt es in einer Erklärung. | |
Härtere Gangart | |
Das Fazit der Bürgerinitiative: Die Bevölkerung muss "eine härtere Gangart | |
bei den Großdemonstrationen" an den Tag legen. Auch das Zeuthener Bündnis | |
gegen Fluglärm hat das Thema aufgegriffen und führt Experten des | |
Umweltbundesamtes an, die ein absolutes Nachtflugverbot zwischen 23 Uhr und | |
6 Uhr fordern. Die nächste Kundgebung in Schönefeld ist für den 12. März | |
geplant. Auf dem entsprechenden Flugblatt nehmen die Initiatoren die | |
Forderung "Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr" als Hauptthema auf. | |
Ob sich ähnlicher Bewegungsspielraum wie bei den Flugrouten ergibt, ist | |
indes fraglich. Letztere werden derzeit geplant, der Bürgerprotest konnte | |
die Überlegungen in die eine oder andere Richtung lenken. Für die | |
Nachtflüge gibt es jedoch ein rechtskräftiges Urteil sowie einen | |
Planergänzungsbeschluss des Landes Brandenburg, in dem die Zahl der | |
Randzeiten-Flüge definiert sind. In "typischen Spitzen", also zum Beispiel | |
zu Beginn der Sommerferien, dürfen gar bis zu 103 Flieger starten und | |
landen. | |
Anwohner haben Klage gegen das Urteil eingereicht und wollen die Nachtruhe | |
erweitern. Air Berlin klagt ebenfalls, das Unternehmen will nachts öfter | |
fliegen dürfen. Eine Entscheidung steht aus - ob sich die Richter ähnlich | |
wie Politiker vom Bürgerprotest beeinflussen lassen, darf bezweifelt | |
werden. | |
20 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Kristina Pezzei | |
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