# taz.de -- Wahl in Sachsen-Anhalt: Keine echten Gewinner | |
> Der CDU-Politiker Reiner Haseloff gewinnt, ist aber auf die SPD | |
> angewiesen. Deren Kandidat Jens Bullerjahn wird nur Dritter. Doch stehen | |
> der SPD fast alle Optionen offen. | |
Bild: Keiner setzt eine Siegermiene auf: Reiner Haseloff (CDU, v. l. n. r.), Wu… | |
MAGDEBURG taz | In der CDU-Fraktion sieht man sich am Wahlabend spontan in | |
der Wahlstrategie bestätigt. Und die hatte gelautet: "Weiter so!" Das | |
Bedürfnis nach Kontinuität ist groß, der Applaus bei Bekanntgabe der ersten | |
Prognosen verhalten. | |
Energischer beklatschen die Parteianhänger in den Unionsräumen des | |
Magdeburger Landtags das Ergebnis der Linkspartei sowie das der NPD. In den | |
letzten Wochen war die Angst, die SPD könne die Linkspartei noch überholen | |
und rot-rote Experimente eingehen, gewachsen. | |
Jetzt geht die Partei wie selbstverständlich davon aus, dass die Koalition | |
mit der SPD fortgesetzt wird. "Wenn SPD-Spitzenkandidat Bullerjahn etwas | |
anderes macht, ist er ein politischer Hasardeur", sagt ein | |
CDU-Abgeordneter. | |
CDU-Spitzenkandidat Reiner Haseloff sagt schon kurz nach 18 Uhr an, | |
umgehend Gespräche mit der SPD führen zu wollen. "Jens Bullerjahn weiß, | |
wofür wir stehen", sagt er, der künftige Ministerpräsident von | |
Sachsen-Anhalt. Der angesprochene Bullerjahn steht kurz vor 18 Uhr mit | |
verschränkten Armen vor den Fraktionsräumen der SPD im Landtag. | |
"Es hat keiner gesagt, dass es leicht wird", raunt er einem der rund 50 | |
Genossen zu, die um ihn stehen. Natürlich kennt er da bereits die Zahlen, | |
die gleich in den Prognosen verkündet werden. Als der SPD-Balken bei etwas | |
über 21 Prozent stehen bleibt, herrscht große Stille bei den | |
Sozialdemokraten. | |
Lange bleibt auch Bullerjahn stumm, er starrt auf den Bildschirm, bewegt | |
sich nicht. "Ja sicher, wir hätten uns ein paar Prozent mehr gewünscht", | |
sagt er schließlich in die Mikrofone, bevor er zu den TV-Runden aufbricht | |
und durch die Gänge des Landtags eilt. | |
Von da an steht er im Mittelpunkt des Interesses, wird mit Fragen | |
bombardiert. Ja, man bleibe dabei, die SPD werde nicht Juniorpartner der | |
Linkspartei. Mantraartig wiederholt er, was er seit Monaten sagt. Und man | |
merkt ihm an, wie unwohl er sich fühlt. | |
Kaum begeistert sind auch die wenigen Genossen der Linkspartei, die sich im | |
Landtag versammelt haben. Beinahe teilnahmslos stehen sie mit Bratwurst und | |
Bier kurz nach 18 Uhr in ihren Fraktionsräumen. Alles bleibt beim Alten, | |
das wissen sie. Auch wenn sie immer wieder Richtung SPD appellieren. | |
Als Spitzenkandidat Wulf Gallert auftaucht, klatschen seine Parteifreunde | |
pflichtbewusst. Als "Niederlage für Schwarz-Gelb im Bund" bezeichnet er das | |
Ergebnis, als wolle er demonstrativ davon ablenken, dass seine Partei beide | |
Wahlziele verpasst hat. | |
Landesvize Birke Bull sagt später, es sei jetzt an der SPD. Die Zahlen | |
geben Rot-Rot her, auch wenn die SPD das unter der Führung der Linken | |
ausgeschlossen hat. Man werde ihr Gespräche anbieten. Sie muss selbst dabei | |
lächeln. | |
Tiefe Trauer herrscht bei der FDP. "Ein Erdbeben, und die FDP ist draußen", | |
heißt es bitter mit Blick auf den negativen Bundestrend. 25 Stellen in der | |
Fraktion sind betroffen. Wählerwanderungen will man genau analysieren, | |
insbesondere die zu den Piraten und den Kleinen, die vor dem Landtag gegen | |
die 5-Prozent-Hürde protestierten. | |
20 Mar 2011 | |
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