# taz.de -- Kommentar Sachsen-Anhalt: Die ewige große Koalition | |
> Die gute Nachricht ist, dass die Nazipropaganda nicht erfolgreich war. | |
> Die schlechte Nachricht ist: Es scheint fast egal zu sein, wie die Wahl | |
> ausgeht - am Ende regieren sowieso CDU und SPD. | |
Die gute Nachricht aus Sachsen-Anhalt lautet: Die politische Apathie hat | |
auch in Magdeburg Grenzen. Es sind fast zehn Prozent mehr zur Wahl | |
gegangen, der befürchtete Triumph der NPD ist ausgefallen. Die Gründe sind | |
naheliegend. Der AKW-Unfall in Fukushima, auch die Bombardierung in Libyen | |
haben einen politischen Sog erzeugt. | |
Vor allem aber wäre bei mehr Wahlabstinenz der Einzug der NPD, die in dem | |
Land faktisch nur als PR-Kampagne existiert, wahrscheinlicher geworden. | |
Dass mehr wählen gegangen sind, zeigt, dass die zivilen Abwehrreflexe gegen | |
die Propagandaoffensive der Nazis intakt sind. | |
Man kann einwenden, dass es ein merkwürdiger Effekt ist, wenn gerade die | |
Feinde des Parlamentarismus wie eine Adrenalinspritze für die | |
repräsentiative Demokratie wirken. Doch dieses Plus beweist, dass die | |
Wähler auch in den kriselnden Gegenden im Osten wissen, wann es sich lohnt | |
zu wählen und wann nicht. | |
Was bei der mal höhnischen, mal alarmistischen Klage über die politisch | |
abgestumpften Ostler vergessen wird: Für die Skepsis gegenüber der | |
Landespolitik gibt es Gründe. | |
Der Spielraum für die Landesregierung ist, angesichts der Finanznot, eng. | |
Der traditionell kooperative politische Stil im Osten hat den Eindruck noch | |
verstärkt, dass unklar ist, was auf dem Spiel steht. | |
Die schlechte Nachricht dieser Wahl lautet, dass es auch weiterhin viele | |
Gründe für jene geben wird, die achselzuckend zu Hause bleiben. Denn es | |
scheint fast egal zu sein, wie die Wahl ausgeht - am Ende regieren sowieso | |
CDU und SPD. | |
Die SPD in Magdeburg betet wie ein Mantra herunter, dass für sie Rot-Rot | |
nur in Frage kommt, wenn sie den Ton angibt. Man muss schon ein sehr | |
gläubiger Sozialdemokrat sein, um dieser Logik zu folgen. Die SPD-Taktik - | |
nur wer uns wählt, bekommt eine linke Regierung - ist jedenfalls nicht | |
aufgegangen. | |
Jetzt stehen also wieder vier Jahre Schwarz-Rot an. Kann sein, dass | |
Schwarz-Rot für Sachsen-Anhalt erst mal praktischer ist. Weil ein linker | |
Ministerpräsident viel damit zu tun hätte, Vorurteile über die | |
wirtschaftsfeindliche Linkspartei auszuräumen. | |
Doch für die politische Kultur ist die ewige große Koalition ein | |
Schadensfall. Ohne Alternativen trocknet die Demokratie aus. Und das ist | |
nicht die Schuld der Wähler. | |
20 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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