# taz.de -- Durchsetzung der Flugverbotszone in Libyen: Nato übernimmt die Kon… | |
> Die Nato übernimmt das Kommando von den USA, doch die Mitgliedsländer | |
> können auch weiter unabhängig Ziele in Libyen bombadieren. Ein | |
> FDP-Politiker wirft dem Bündnis Heuchelei vor. | |
Bild: Der Schatten der Nato wird die Rebellen im Kampf gegen Gaddafi weiter beg… | |
BRÜSSEL/NEW YORK dpa/afp | Die Nato kontrolliert künftig die | |
Flugverbotszone in Libyen. Dies entschieden die 28 Nato-Staaten in der | |
Nacht zum Freitag in Brüssel. Die Mitgliedsländer der westlichen | |
"Koalition" gegen den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi können aber | |
auch künftig unabhängig von der Nato bestimmte Ziele bombardieren. "Wir | |
haben die Verantwortung für die Flugverbotszone übernommen, während die | |
Koalition ihre Aktivitäten fortsetzt", sagte Nato-Generalsekretär Anders | |
Fogh Rasmussen in Brüssel. | |
Die USA übergeben nach den Worten von Außenministerin Hillary Clinton das | |
Kommando über die Flugverbotszone über Libyen der Nato. Die USA werde aber | |
weiterhin "Unterstützung" für die Militärmission stellen. Zwar gebe es | |
bereits erhebliche Erfolge, doch Gaddafi sei "weiterhin eine Gefahr", sagte | |
Clinton in Washington. | |
Die 28 Nato-Staaten wollten außerdem prüfen, über die Flugverbotszone | |
hinaus weitere Aufgaben "zum Schutz der Zivilbevölkerung" in Libyen zu | |
übernehmen. Die Aktion der Alliierten habe ein Massaker in Bengasi | |
verhindert, sagte Clinton. Die Vereinigten Arabischen Emirate beteiligen | |
sich mit zwölf Kampfflugzeugen an der Durchsetzung einer Flugverbotszone. | |
Das sagte ein US-Regierungsvertreter am Donnerstag und bestätigte damit | |
US-Medienberichte. "Wir sind über diese Beteiligung sehr dankbar", sagte | |
er. Bislang hatte sich als einziges arabisches Land das Emirat Katar an dem | |
militärischen Vorgehen gegen Libyens Machthaber Muammar el Gaddafi | |
beteiligt, obwohl sich die Arabische Liga für eine Flugverbotszone | |
ausgesprochen hatte. | |
## Kein libysches Flugzeug, das noch fliegen kann | |
Clinton kündigte an, zur weiteren Abstimmung an einer am Dienstag geplanten | |
Konferenz in London teilzunehmen. Die Einigung der Nato-Mitglieder sieht | |
vor, dass die Nato nur für die Kontrolle der Flugverbotszone zuständig ist. | |
In dieser Zone gibt es nach Angaben von Diplomaten schon jetzt "kein | |
libysches Flugzeug mehr, das noch fliegen kann". | |
Eine Reihe von Nato-Mitgliedern, darunter auch die Türkei, hatte darauf | |
bestanden, dass die Nato lediglich zur Einhaltung des Flugverbots | |
eingesetzt werden dürfe. Jene Staaten der "Koalition" wie Frankreich oder | |
Großbritannien, die unter Berufung auf die Resolution des | |
UN-Sicherheitsrates zum Schutz der Zivilbevölkerung auch Bombardierungen | |
von militärischen Zielen für nötig halten, können dies jedoch weiterhin | |
außerhalb der Verantwortung der Nato tun. | |
Vor allem Paris und London hatten es abgelehnt, sich von der Nato Angriffe | |
beispielsweise auf vorrückende Truppen Gaddafis verbieten zu lassen. Die | |
Nato soll auch nur für die militärische Leitung des Einsatzes zuständig | |
sein. Die politische Oberaufsicht soll - wie von Frankreich verlangt - ein | |
ständiger Leitungsausschuss führen. In diesem Ausschuss sind jene | |
Regierungen vertreten, die an dem Einsatz teilnehmen - also auch | |
Nicht-Nato-Staaten. Ein erstes Treffen dieser Gruppe ist bereits für den | |
29. März in London geplant. | |
Der entscheidende Durchbruch gelang nach Angaben von Diplomaten am | |
Donnerstag bei einem Telefongespräch von US-Außenministerin Hillary Clinton | |
mit ihren Kollegen William Hague (Großbritannien), Alain Juppé (Frankreich) | |
und Ahmet Davutoglu (Türkei). | |
## 340.000 Menschen auf der Flucht | |
Die Truppen Gaddafis schießen nach Angaben der Vereinten Nationen weiter | |
auf die Aufständischen. Die beiden UN-Resolutionen, deren wichtigste | |
Forderungen ein Waffenstillstand und der Schutz von Zivilisten ist, würden | |
in keiner Weise eingehalten, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am | |
Donnerstag bei seiner Berichterstattung vor dem Sicherheitsrat in New York. | |
"Die libyschen Behörden haben mehrfach versichert, das Feuer einzustellen. | |
Aber wir sehen keinen Hinweis darauf." | |
"Im Gegenteil", sagte der Koreaner. "Die Kämpfe nehmen um Adschdabiya, | |
Misurata und andere Städte weiter zu. Kurz gesagt: Es gibt keine Hinweise, | |
dass die libyschen Behörden irgendwelche Schritte unternommen haben, um | |
ihrem Versprechen, die beiden UN-Resolutionen einzuhalten, nachzukommen." | |
Dank der Luftschläge könne die Flugverbotszone aber als durchgesetzt | |
betrachtet werden. Nach Bans Worten wird die humanitäre Situation in Libyen | |
immer schlimmer. Auch wenn den UN-Helfern oft der Zugang verweigert werde, | |
könnten sie ein dramatisches Bild erkennen. Fast 340.000 Menschen seien auf | |
der Flucht, etwa 9000 säßen an den Grenzen nach Ägypten und Tunesien fest. | |
## Niebel wirft Militärallianz Heuchelei vor | |
Unterdessen hat Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) der | |
internationalen Militärallianz Heuchelei im Kampf gegen den libyschen | |
Machthaber Muammar el Gaddafi vorgeworfen. Es sei "bemerkenswert, dass | |
gerade die Nationen munter in Libyen bomben, die noch Öl von Libyen | |
beziehen", sagte Niebel am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit | |
Illner". Deutschland dagegen wolle offenbar als einziges Land einen | |
absoluten Öl-Boykott. | |
Niebel wies auch den Vorwurf zurück, bei der Enthaltung Deutschlands zur | |
UN-Resolution habe es sich um ein Wahlkampfmanöver gehandelt. Eine | |
Enthaltung sei im Wahlkampf viel schwieriger zu vertreten als eine | |
Zustimmung, sagte der Minister. Die deutsche Position sei aber richtig, da | |
im Vorfeld "nicht alle nichtmilitärischen Möglichkeiten ausgeschöpft | |
worden" seien. Zudem gebe es keine politische Strategie für ein Libyen ohne | |
Gaddafi. | |
25 Mar 2011 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Mit Familie al-Beigo unterwegs in Libyen: An der Front von Adschdabija | |
Mit dem Pick-up der Familie al-Beigo ins Kampfgebiet – und vor dem | |
Abendessen zurück nach Bengasi. Und durchs Fenster wird lächelnd eine Tüte | |
Gewehrpatronen gereicht. | |
Frankreichs Politik in Libyen: Comeback einer früheren Großmacht | |
Mit seinem Vorpreschen in Sachen Libyen will Sarkozy verlorenes Terrain in | |
der arabischen Welt zurückgewinnen. Das ist innerhalb Frankreichs kaum | |
umstritten. Eine Analyse. | |
Kommentar Luftangriffe auf Libyen: Nato wird zur Bürgerkriegspartei | |
Libyens Luftwaffe soll zerstört sein. Was dann als plausibles Ziel der | |
Angriffe bleibt, ist die Unterstützung einer Bürgerkriegsparte - die nicht | |
von der UN-Resolution gedeckt ist. | |
Krieg in Libyen: "Waffenruhe ist völliger Schwindel" | |
Die Alliierten weiten die Luftschläge aus. Indes setzt Gaddafi die Angriffe | |
am Boden fort. Viele Tote in Misurata, viele Flüchtlinge aus Adschdabija. | |
Debatte Libyen: Gegen alle Prinzipien | |
Libyen ist das Paradebeispiel für einen "gerechten Krieg". Deutschland aber | |
pflegt unverbindlichen Pazifismus und Großmachtallüren. | |
Gespräch mit dem libyschen Nationalrat: „Libysches Blut ist unwichtiger als … | |
Rida Benfayed, Sprecher des oppositionellen Nationalrats im Osten Libyens, | |
über die verzweifelte Lage der Menschen im Kriegsgebiet, Deutschlands | |
Gleichgültigkeit – und seine eigene Angst. |