# taz.de -- Mehr Strahlung in Fukushima: Sicherheitszone dringend ausweiten | |
> Greenpeace fordert wegen mehr radioaktiver Strahlung die Ausweitung der | |
> Sicherheitszone um Fukushima. Die Arbeiter sind am Ende ihrer Kräfte. Und | |
> der Wind dreht wieder auf Tokio. | |
Bild: Die Radioaktivität um Fukushima hat laut Greenpeace das 3355-Fache des z… | |
TOKIO dpa | Der Kampf gegen den Super-GAU in der Atomruine von Fukushima | |
zermürbt die Arbeiter, zugleich wird immer mehr radioaktive Strahlung | |
gemessen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace forderte die Ausweitung | |
der Sicherheitszone um das Kernkraftwerk Fukushima. Experten der | |
Organisation stellten eine erhöhte Radioaktivität nördlich von Fukushima | |
fest. | |
Im Meerwasser vor dem Unglücksreaktor wurde eine sehr hohe Konzentration | |
von radioaktivem Jod entdeckt. Die Radioaktivität habe das 3355-Fache des | |
zulässigen Wertes erreicht, meldete die Nachrichtenagentur Kyodo. Japans | |
Ministerpräsident Naoto Kan bezeichnete die Entwicklung als | |
"unvorhersehbar". | |
Die Einsatzkräfte versuchen unter kaum erträglichen Bedingungen, das AKW zu | |
kühlen. Nach Experten-Einschätzung kann es Monate dauern, bis eine | |
Kernschmelze endgültig abgewendet ist. Greenpeace-Messungen zeigten in dem | |
7000-Einwohner-Ort Iitate, 40 Kilometer nordwestlich des Kraftwerks, eine | |
Strahlenbelastung von bis zu zehn Microsievert in der Stunde. Um Tsushima | |
seien sogar 100 Microsievert pro Stunde gemessen worden. | |
Jan van de Putte, Strahlenexperte von Greenpeace, sagte: "Es ist für die | |
Menschen eindeutig nicht sicher, in Iitate zu bleiben, vor allem für Kinder | |
und schwangere Frauen. Sie könnten die maximal zulässige jährliche | |
Strahlendosis in nur wenigen Tagen abbekommen." Die japanische Regierung | |
hat bisher eine 20 Kilometer-Evakuierungszone um das Atomkraftwerk | |
errichtet. | |
Die US-Regierung erwartet nur eine langsame Stabilisierung der Lage. | |
"Derzeitige Informationen lassen vermuten, dass die Reaktoren sich langsam | |
von dem Unfall erholen", sagte der designierte Vize-Energieminister Peter | |
Lyons am Dienstag vor einem Ausschuss des Senates in Washington. Nach | |
Einschätzung der internationalen Atomenergiebehörde IAEA ist die Lage in | |
Fukushima weiter sehr ernst. Der Nachweis von Plutoniumspuren in | |
Bodenproben aus der Umgebung des Atomkraftwerks könnte darauf hindeuten, | |
dass eine "sehr kleine Menge" des hochgiftigen Schwermetalls aus der | |
Atomruine freigesetzt worden sein könnte. | |
Die Arbeiter in dem Katastrophen-Kernkraftwerk Fukushima sind zunehmend | |
ausgebrannt und ihre Angst vor dauerhaften Gesundheitsschäden wächst. Das | |
sagte ein Manager einer Vertragsfirma des Betreibers Tepco der Zeitung | |
Asahi Shinbun. Zwar gingen die Einsatzkräfte immer wieder in die zerstörten | |
Reaktorblöcke, um die Reaktoren zu kühlen und einen Super-GAU zu | |
verhindern, doch seien die Arbeiter angesichts der endlosen Schwierigkeiten | |
zunehmend nervöser. Man achte darauf, dass Tepco die Spezialisten nicht zu | |
hohen Risiken aussetze, sagte der Manager, der namentlich nicht genannt | |
wurde. | |
## Sorgen ums Wetter | |
Sorgen bereitet derzeit auch das Wetter. Am Mittwoch werde der aufs Meer | |
wehende Wind seine Richtung ändern. Dann tragen Böen die radioaktiven | |
Partikel aus Fukushima in Richtung der Millionen-Metropole Tokio. "Dort | |
steigt die Konzentration folglich an, allerdings deutlich verdünnt | |
gegenüber der Ausgangsregion", sagte der Deutsche Wetterdienst (DWD) in | |
Offenbach vorher. | |
Am Donnerstag werde der Wind seine Richtung aber wieder Richtung Meer | |
ändern. Ein weiteres ungelöstes Problem ist das strahlende Wasser in der | |
Atom-Ruine. Zwar ist das Wasser im Keller des Fukushima-Reaktors 1 deutlich | |
zurückgegangen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo vom Mittwoch sank | |
der Wasserstand auf die Hälfte. Eine Hauptaufgabe der Einsatzkräfte ist das | |
Abpumpen des gesamten verseuchten Wassers, doch die Arbeiter wissen derzeit | |
nicht, wohin mit der hochgiftigen Flüssigkeit aus Block 2 und 3. Es fehlte | |
an Tanks. | |
Der französische Atomkonzern Areva wird fünf Nuklear-Experten ins | |
Krisengebiet schicken. Sie sollen die japanischen Arbeiter dabei | |
unterstützen, das radioaktiv verseuchte Kühlwasser aus den teilweise | |
zerstörten Reaktorblöcken herauszupumpen. | |
Angesichts der Energieknappheit erwägt die japanische Regierung die | |
Einführung der Sommerzeit, damit große Unternehmen Energie sparen. Bisher | |
hatte das Land die Sommerzeit nicht eingeführt. Nach dem Erdbeben, dem | |
Tsunami und der Reaktorkatastrophe musste Tokio den Strom in einigen | |
Regionen zeitweise abschalten. Experten befürchten eine anhaltende | |
Energieknappheit. Der Chef des japanischen Atom-Konzerns Tepco, Masataka | |
Shimizu, musste derweil wegen Bluthochdruck und Schwindelgefühlen in ein | |
Krankenhaus gebracht werden. | |
30 Mar 2011 | |
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Schwerpunkt Atomkraft | |
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