# taz.de -- Fortschritte beim Guggenheim Abu Dhabi: Kluge Verteidigung | |
> Das Guggenheim Abu Dhabi führt den Protestaufruf internationaler Museen | |
> gegen die Festnahme Ai Weiweis an. Dafür gibts einen Rückschlag bei der | |
> Sharjah Biennale 2011. | |
Bild: Arbeiter auf der Guggenheim-Baustelle in Abu Dhabi. | |
Es geht auch anders. Anders als es die für die Ausstellung "Die Kunst der | |
Aufklärung" verantwortlichen deutschen Museumsleute mit der im | |
Begleitprogramm engagierten Mercator-Stiftung, Essen, vorexerzieren. Sie | |
alle haben zum verweigerten Visum für Tilmann Spengler genauso wenig zu | |
sagen wie zur Festnahme des chinesischen Künstlers und Aktivisten Ai | |
Weiwei. | |
Kluge Vorneverteidigung sieht so aus, dass man sich die Kritik am eigenen | |
Verhalten erst einmal anhört und sich dann mit ihr auseinandersetzt. Die | |
Guggenheim Foundation in New York stand vor knapp einem Monat ziemlich | |
blamiert da, als der in New York lebende libanesische Künstler Walid Raad | |
einen Boykottaufruf gegen das im Bau befindliche Guggenheim Abu Dhabi | |
initiierte, um den Forderungen von Human Rights Watch nach Verbesserungen | |
der menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen auf der Baustelle Nachdruck zu | |
verleihen. | |
Jetzt führt das Guggenheim den Protestaufruf internationaler Museen gegen | |
die Festnahme Ai Weiweis an. Das Guggenheim kann sich diese Position wieder | |
leisten, denn es hat auf die Aktion Walid Raads reagiert. Die Guggenheim | |
Foundation ist zwei wesentlichen Forderungen von Human Rights Watch | |
nachgekommen. | |
Sie hat den geforderten unabhängigen Beobachter der Baustelle eingesetzt | |
und mit TDIC, ihrem Partner vor Ort, vereinbart, dass den Arbeitern das von | |
ihnen für die Arbeitsvermittlung auf die Baustelle gezahlte Geld, | |
zurückerstattet wird. 90 Prozent der Arbeiter besaßen bei einer | |
Untersuchung vor Ort ihren Pass und 100 Prozent ihren Arbeitsvertrag, | |
dessen Vereinbarungen auch im Großen und Ganzen eingehalten wurden. | |
Die Guggenheim Foundation meint, dass die erzielten Fortschritte keine nur | |
formalen sind, sondern dass sie "einen fundamentalen Wandel der | |
jahrzehntelang praktizierten Arbeitsverhältnisse in den Emiraten" | |
darstellen. Auch das Guggenheim ist nicht glücklich über Druck, unter den | |
es durch den Aufruf van Walid Raad geriet. Das machen der Direktor Richard | |
Armstrong und die Chefkuratorin Nancy Spector in einem Brief an Raad | |
deutlich, wenn sie davor warnen, dass sein Aufruf und die Stellungnahme von | |
Human Rights Watch ein Projekt gefährden könnten, "das einen sehr positiven | |
Effekt in der Region" haben wird. Vehement plädieren auch sie für den | |
kulturellen Austausch, von dem sie sich wichtige intellektuelle Anregungen | |
erwarten. | |
Die letzten Nachrichten aus den Emiraten allerdings sprechen gegen solche | |
Hoffnungen. Am letzten Donnerstag erfuhr Jack Persekian, dass er von | |
Scheich Sultan bin Mohammed, dem Herrscher des Emirats Sharjah, seines | |
Postens als Direktor der Sharjah Art Foundation enthoben worden sei. Grund | |
war ein missliebiges Kunstwerks in der diesjährigen Ausgabe der Biennale. | |
Der algerische Künstler Mustapha Benfodil hatte an die Opfer der | |
Vergewaltigungsorgien durch islamistische Gotteskrieger während der 90er | |
Jahre im algerischen Bürgerkrieg erinnert - mit T-Shirts, deren englischer | |
und arabischer Aufdruck die religiösen Texte zitierte, mit denen die | |
Islamisten ihre Vergewaltigungen rechtfertigten. | |
Die Arbeit muss im algerischen Kontext gesehen werden, sagen die | |
verantwortlichen Kuratoren, Rasha Salti und Haig Aivazian. In Kontexten zu | |
denken, darf in der Tat als die intellektuelle Leistung betrachtet werden, | |
der Jack Persekian mit seinem seit 2005 andauernden Engagement für die | |
Sharjah Biennale gegenüber Prestigemotiven zum Durchbruch verhelfen wollte. | |
13 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Brigitte Werneburg | |
## TAGS | |
Biennale Venedig | |
Reiseland Arabische Emirate | |
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