# taz.de -- Ausbeutung in Abu Dhabi: Kunststreik gegen Guggenheim | |
> 130 Künstler weigern sich, Werke nach Abu Dhabi zu liefern. Sie wollen | |
> auf die schlechten Bedingungen der Gastarbeiter aufmerksam machen. | |
Bild: So soll das Guggenheim-Museum in Abu Dhabi aussehen, wenn es fertig ist. … | |
BERLIN taz | Der in New York lebende libanesische Künstler Walid Raad hat | |
einen Aufruf an seine Künstlerkollegen initiiert, das Guggenheim Abu Dhabi | |
zu boykottieren und ihm keine Werke im eigenen Besitz für Ausstellungen zu | |
leihen oder mögliche Ankäufe zu verweigern. | |
Inzwischen haben sich mehr als 130 Kunstschaffende dem Aufruf | |
angeschlossen. Auch Shirin Neshat, Mona Hatoum oder Akram Zaatari wollen | |
damit gegen die ausbeuterischen, menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen auf | |
der Baustelle des Museums protestieren. | |
Die Position der Unterzeichnenden ist durchaus prekär, denn das Guggenheim | |
ist eine Macht im Kunstbetrieb, mit der sich anzulegen gut überlegt sein | |
will. Gleichzeitig können es die Künstler nicht verhindern, dass ihre | |
Arbeiten doch im Guggenheim Abu Dhabi landen, weil der eine oder andere | |
Sammler sie doch dort sehen will. Oder weil, wie im Fall von Walid Raad, | |
die eigene Galeristin, Andrée Sfeir-Semler, nicht mitzieht. | |
Ausgerechnet diese Aktion wertet nun ein Kommentar der Welt als verfehlt | |
ab. Denn mit ihr ändere sich nichts an der Willfährigkeit zahlreicher | |
Künstler, Museen und Kritiker, die demnächst zu einer gesponserten | |
Pressereise nach Peking aufbrechen, wo die Museen aus Dresden, Berlin und | |
München mit einer Ausstellung über die "Kunst der Aufklärung" das neue | |
Nationalmuseum am Platz des Himmlischen Friedens eröffnen werden. | |
Nach dieser Logik müssen die Künstler in Abu Dhabi mitspielen, weil das | |
auch die internationalen Stararchitekten tun. Denn weder Jean Nouvelle noch | |
Frank Gehry oder Saha Hadid, die dort bauen, fanden es nötig, 2009 auf eine | |
Anfrage von Human Rights Watch zu den desaströsen Verhältnissen auf ihren | |
Baustellen zu antworten. | |
Nach dieser Logik muss Kulturaustausch per se opportunistisch sein, denn es | |
ist vor allem die politische Ökonomie, die nach kultureller Überhöhung | |
ruft. Was freilich nicht gegen kulturelles Geben und Nehmen spricht, das | |
trotz Opportunismus eine politisch heikle Angelegenheit bleibt - für beide | |
Seiten. Dass die andere Seite ebenfalls nicht ganz so kann, wie sie | |
vielleicht möchte, könnte Spielraum für produktive Missverständnisse über | |
"Die Kunst der Aufklärung" geben. | |
Freilich ist nur in Peking zu erfahren, ob der Gast den Erwartungen brav | |
entgegenkam oder der Gastgeber sich beim Staatsakt womöglich doch weniger | |
hofiert als strapaziert wähnt. Wofür allein der riesige internationale | |
Journalistentross sorgen könnte, obwohl er vorhersehbar mit allen Mitteln | |
stillgestellt wird. Man darf also dann noch immer auf die Künstler hoffen. | |
21 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Brigitte Werneburg | |
## TAGS | |
Biennale Venedig | |
Reiseland Arabische Emirate | |
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