# taz.de -- Unruhe in Uganda: Oppositionsführer angeschossen | |
> Monatelang träumte Ugandas Opposition vergeblich vom Vorbild Nordafrika. | |
> Jetzt wurde Oppositionschef Besigye bei Protesten angeschossen, und | |
> Gewalt breitet sich aus. | |
Bild: Protest in einem Vorort Kampalas. | |
KAMPALA taz | Kizza Besigye hatte sich auf Krawall mit Ugandas Polizei | |
vorbereitet. Mit Taucherbrille und Mundschutz verließ Ugandas | |
Oppositionsführer am Morgen sein Haus in einem Vorstadtbezirk von Ugandas | |
Hauptstadt Kampala, um zu Fuß zur Arbeit zu gehen. "Walk to Work" (Lauf zur | |
Arbeit) heißt die Protestaktion, zu welcher ein loses Bündnis der | |
Oppositionsparteien aufgerufen hat. Das Ziel: gegen die steigenden Benzin- | |
und Lebensmittelpreise zu demonstrieren. | |
Doch Besigye kam nicht weit. Wenige Kilometer von seinem Haus im Viertel | |
Kasangati entfernt stoppte ihn eine Polizeieinheit. Besigye flüchtete in | |
den Straßengraben. Rund 70 FDC-Anhänger umrundeten ihn, um ihn vor den | |
Polizisten zu schützen. Dann fielen Schüsse. Besigye wurde an der Hand | |
getroffen und ins Krankenhaus gebracht. Ein Röntgenarzt bestätigte | |
gegenüber Journalisten: Es war ein Gummigeschoss. Als Besigye das | |
Krankenhaus verlassen wollte, parkten davor Polizeiwagen. | |
Knapp zwei Monate nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in | |
Uganda, aus welchen Präsident Yoweri Museveni mit 68 Prozent als Sieger | |
hervorging, zeigt ein frisch aufgerüsteter Polizeistaat seine Zähne, sagen | |
Bürgerrechtler. Besigye, der als Spitzenkandidat eines | |
Oppositionsbündnisses mit 26 Prozent die Wahl verlor, hatte bereits am | |
Wahltag im Februar Proteste "wie in Ägypten und Tunesien" angekündigt. Doch | |
auf die Straße ging er nicht, und der Aufruf verpuffte. | |
Erst diese Woche hat die Opposition wieder mobilgemacht. Am Montag konnten | |
sich Besigye und die Chefs weiterer Oppositionsparteien zu einem | |
gemeinsamen Protestmarsch durchringen. Die Benzinpreise in Uganda sind in | |
den vergangenen Monaten als Folge der Unruhen in Libyen um fast ein Drittel | |
gestiegen. Damit steigen auch die Lebensmittelpreise täglich. Ein Beispiel: | |
Tomaten kosten mittlerweile doppelt so viel wie vor den Wahlen. Harte | |
Zeiten für die Ärmsten bedeutet das vor allem in den Städten, wo die Leute | |
selbst nichts anbauen und alles vom Umland angeliefert wird. | |
## Überreaktion der Polizei hat Proteste angeheizt | |
Der erste Aufruf "Lauf zur Arbeit" endete am Montag in einem massiven | |
Polizeiaufgebot. Es wurde mit Tränengasgranaten geschossen. Besigye und | |
andere Oppositionelle wurden festgenommen und noch am Nachmittag vor | |
Gericht gestellt. Polizeichef Kale Kayihura hatte Mühe zu erklären, | |
weswegen er Besigye anklagte: Er habe "zur Gewalt aufgerufen und dabei auf | |
ungesetzliche Weise seine Beine benutzt". Schließlich kam er auf Kaution | |
frei, und gestern benutzte er wieder seine Beine. | |
Dass die Polizei erneut überreagiert, hat die Proteste erst recht | |
angeheizt. Von allen Seiten kamen Jugendliche angelaufen, um sich Krawalle | |
mit Polizisten zu liefern. Steine flogen, Reifen wurden angezündet. Die | |
Polizei schoss Tränengaspatronen und Gummigeschosse in die Menge. Es soll | |
auch mit scharfer Munition geschossen worden sein. Die Militärpolizei | |
rückte aus. | |
Nach Angaben des ugandischen Roten Kreuzes gab es bis zum Nachmittag 40 | |
Verwundete, davon 2 mit Schusswunden und 6 Opfer von Gummigeschossen. | |
Tränengas sei in eine Oberschule geschossen worden, 11 Schüler wurden ins | |
Krankenhaus gebracht. Auch in Ugandas zweitgrößter Stadt Masaka wurde | |
demonstriert. Dort rückte das Militär aus, um die Lage unter Kontrolle zu | |
bekommen. | |
14 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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