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# taz.de -- Union droht mit Milliardenkosten: Energiewende mit vagen Zahlen
> Bund und Länder suchen gemeinsamen einen schnellen Atomausstieg. Anfang
> Juni soll das reformierte Atomgesetz verabschiedet werden. Aber was will
> die Union wirklich?
Bild: Die Kosten für den Umstieg von Atomenergie auf die Erneuerbaren werden a…
BERLIN taz | Angela Merkel kommt eine halbe Stunde zu spät zur
Pressekonferenz. Die Besprechung hat etwas länger gedauert. Es ist das
erste Mal, dass die Kanzlerin mit der SPD über die Energiewende geredet hat
- jedenfalls mit den Ministerpräsidenten.
Doch neben ihr sitzt kein politisches Schwergewicht der Sozialdemokraten
wie Kurt Beck oder Hannelore Kraft - sondern Erwin Sellering,
SPD-Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, den auch manche
Hauptstadtjournalisten auf der Straße nicht erkennen würden.
Die Bundeskanzlerin lobt, dass alle das gleiche Ziel haben: "Wir alle
wollen schnellstmöglich aus der Atomtechnik aus- und in die erneuerbaren
Energien einsteigen", sagt sie. Dafür müsse man die Stromnetze ausbauen
sowie die Windkraft und die Wärmedämmung der Häuser subventionieren, dies
schrittweise mit 2 Milliarden Euro pro Jahr. Diesen Haushaltsposten hatte
Schwarz-Gelb radikal gekürzt. Es gibt viel Korrekturbedarf bei dieser
Regierung.
Bis Mitte Juni soll das reformierte Atomgesetz im Bundesrat verabschiedet
werden, bekräftigte Angela Merkel auf der Pressekonferenz. Am 6. Juni soll
es der Bundestag beraten, es wird schnell gehen müssen.
Was in dem Gesetz stehen wird, sagt Merkel nicht. Denn vorher gilt es ja
abzuwarten, was die Reaktorsicherheits- und die Ethikkommission sagen.
Streit, so die Kanzlerin, habe es bei dem Treffen mit den
Ministerpräsidenten nur in Detailfragen gegeben.
Ministerpräsident Erwin Sellering kontert, dass es bislang keine Ergebnisse
gebe, sondern "nur einen Fahrplan". Die SPD-Länder bieten dabei
"konstruktive Mitarbeit" an - aber nicht umsonst. Der Atomausstieg müsse
bis spätestens 2012 her, die endgültige Stilllegung der acht Altmeiler ist
eine Mindestbedingung der SPD. Dass Schwarz-Gelb den Atomkonsens im letzten
Herbst aufkündigte, so Sellering, war "ein schwerer Fehler". Merkel
verzieht keine Miene.
Treibende Kraft für den Ökoumbau ist in der Union Umweltminister Norbert
Röttgen. 5 Milliarden Euro an Krediten für Investitionen in
Offshorewindkraftanlagen, verkündete er, werden vergeben. Ein konkreter
Schritt nach vorn.
Doch so einig, wie Merkel suggeriert, ist die Union in der Frage der
Energiewende nicht. Ob alle dabei mitziehen, ist offen. In der
Fraktionssitzung am Dienstag wurde der Dissens klar. Röttgen skizzierte,
forsch wie immer, die Ziele: mehr Geld für den Ökoumbau, schnellerer
Atomausstieg. Das sei machbar, es bringe private Investionen und
Arbeitsplätze.
Der Strompreis, sagte Röttgen, werde dabei höchstens um Zehntelcents pro
Kilowattstunde steigen. Ein Vertreter des Wirtschaftsflügels der Union
widersprach. Man müsse den Strompreis völlig transparent nach
Kostenfaktoren aufschlüsseln, dann werde jeder sehen, dass Röttgen den
Preis hochtreibe.
Energiepolitik wird derzeit mit Zahlen gemacht - vagen Zahlen. Der Strom
werde unbezahlbar für die Industrie, prophezeit die Pro-Atom-Fraktion. Kurt
Lauk, Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, orakelte, die Ökowende werde weit
mehr als 100 Milliarden kosten. [1][CDU-Wirtschaftspolitiker Joachim
Pfeiffer spricht von mehr als 40 Milliarden Euro] nur für neue
Stromleitungen.
In Röttgens Umfeld kursierte Mitte der Woche der Betrag von 5 Milliarden
Euro jährlich für den Haushalt. Am Freitag hieß es, es seien nur 3
Milliarden. Wirtschaftsminister Brüderle redete von 1 bis 2 Milliarden. "Es
kann mehr oder weniger sein", so ein CDU-Mann. Man weiß es eben nicht - wie
auch, solange es kein Ausstiegsdatum gibt.
Wie stark ist der Atomflügel in der Union noch? Michael Fuchs und Joachim
Pfeiffer, beide Atomwende-Skeptiker, sitzen immerhin im schwarz-gelben
Fraktionsausschuss, einer Schaltstelle des Ökoumbaus. Der Röttgen-Flügel
hofft, dass die Bremswirkung von Fuchs und Pfeiffer beschränkt ist. Denn
der Atomflügel der Union hat sich von der Wahlniederlage in Stuttgart bis
heute nicht erholt.
15 Apr 2011
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## AUTOREN
Stefan Reinecke
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