# taz.de -- Studie zur Polizei in Online-Netzwerken: Dein Facebook-Freund und -… | |
> Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts untersuchen derzeit, wie die | |
> Polizei in Europa soziale Netzwerke für ihre Arbeit einsetzt. Forscher | |
> Sebastian Denef erläutert das Projekt. | |
Bild: Alles sicher? Meldungen der Berliner Polizei auf Facebook. | |
taz.de: Herr Denef, Sie haben gerade im Rahmen [1][einer Studie] | |
untersucht, welche Probleme europäische Polizeibehörden mit sozialen Medien | |
haben. Worum geht es im Detail? | |
Sebastian Denef: Im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts Composite, | |
das Veränderungsprozesse in Polizeiorganisationen untersucht, haben wir | |
eine Studie durchgeführt, die aktuelle Trends in der Informations- und | |
Kommunikationstechnologie für die Polizei untersucht. Dazu haben wir | |
Spezialisten der Polizeibehörden in zehn Ländern zu ihren aktuellen | |
Projekten interviewt. Außerdem haben wir Firmen befragt, die solche Technik | |
für Polizeien entwickeln. Unsere Studie zeigt insgesamt sechs Trends auf. | |
Einer davon ist die Herausforderung, die Social-Media-Plattformen wie | |
Facebook und Twitter für die Polizeien darstellt. | |
Ein Teil des gesellschaftlichen Lebens findet mittlerweile in sozialen | |
Netzwerken statt. Hier stellt sich die Frage, wie Polizeien auf diese | |
Veränderung reagieren. Social Media kann als Kanal der polizeilichen | |
Kommunikation mit den Bürgern verstanden werden, wichtig werden in | |
Ermittlungen oder aber ein Medium sein, das polizeiliches Handeln oder | |
Nichthandeln öffentlich macht. Das öffentliche Interesse an unserer | |
Forschung zeigt vielleicht auch, dass die Beziehung zwischen Polizeiarbeit | |
und Social Media in der Gesellschaft noch unklar ist. | |
In Ihrer Studie fanden Sie heraus, dass Social Media von niederländischen | |
und britischen Polizisten gerne verwendet wird. Was genau tun die | |
Polizisten dort? | |
In diesen beiden Ländern fanden wir Projekte, die Social Media als ein | |
Mittel der Kommunikation zwischen Bürgern und Polizei verstehen. In den | |
Niederlanden etwa können Bürger sich über SMS und Twitter über lokale | |
Polizeiaktivitäten informieren lassen. Die Polizei nutzt Social Media, um | |
Zeugen zu suchen und nimmt Hinweise für Ermittlungen über diese Kanäle | |
entgegen. In virtuellen Communities wie "Second Life" wurden Polizeibeamte | |
außerdem als Ansprechpartner eingesetzt. | |
In Großbritannien wird Social Media wiederum vor allem als Mittel | |
verstanden, die Polizei bürgernäher zu machen. In unserer Studie erfuhren | |
wir von Projekten, bei denen lokale Polizeistationen in kurzen Intervallen | |
über ihre Arbeit twitterten. Dies stieß auf ein breites Interesse der | |
Bevölkerung. | |
Ist es vorstellbar, dass Polizisten ihr eigenes soziales Netzwerk aufbauen | |
könnten, getrennt vom "Rest der Welt", um die Polizeiarbeit zu verbessern? | |
Ein wichtiger Aspekt unserer Forschung ist, dass Polizeiarbeit keinesfalls | |
getrennt vom "Rest der Welt" stattfindet. Sie ist vielmehr eingebettet in | |
den sozialen Kontext. Von dieser Perspektive ist auch unsere europäische | |
Betrachtungsweise interessant. Basierend auf unserem Trendbericht wollen | |
wir gerade solche kulturspezifischen Aspekte für ausgewählte | |
Technologiethemen untersuchen. | |
Aber zu Ihrer Frage, was die länderübergreifende Zusammenarbeit angeht: In | |
unserer Studie erfuhren wir von Projekten, die etwa den | |
Informationsaustausch zwischen Polizeien an innereuropäischen Ländergrenzen | |
verbessern sollen. Diese Systeme sind aber mit sozialen Netzwerken nicht zu | |
vergleichen, es geht vielmehr um den Austausch von Informationen, die | |
spezifisch sind für bestimmte grenzübergreifende Kriminalitätsdelikte. | |
Wäre so etwas nicht ein Angriffsziel für Online-Ganoven? | |
Die Sicherheitsanforderungen für polizeiliche Informationssysteme sind hoch | |
und machen die Einführung von neuer IT zu einer komplexen Aufgabe. | |
Sie schlagen vor, soziale Netzwerke intensiv zu Fahndungszwecken zu nutzen. | |
Wie hat man sich das vorzustellen? | |
Unsere Studie zeigt, dass Softwarelösungen zur Unterstützung der Fahndung | |
entwickelt werden, bei denen Ermittler über Stichwörter Informationen aus | |
sozialen Netzwerken abfragen können. Vorschläge machen wir bisher keine. | |
Wir werden uns aber im Rahmen des Composite-Projekts noch eingehend mit | |
diesem Thema befassen und hoffen, den gesellschaftlichen Dialog | |
unterstützen zu können. | |
Seitens der Netzgemeinschaft gibt es Bedenken, weil sich Innenpolitiker für | |
Netzsperren sowie die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen haben. Und nun | |
kommt ausgerechnet der "freundliche Dorfpolizist im Netz" daher. | |
Die Rolle der Polizeien im Social-Media-Bereich ist im Entstehen. Diese | |
wird sich sicher in den einzelnen Ländern unterschiedlich ausprägen und | |
verstanden werden. Unser Verständnis von Technologie ist, dass diese | |
keinesfalls nur einen neutralen Aufgabenbewältiger darstellt, sondern | |
individuelle Bedeutung gewinnt und Träger ist von sozialen Werten. Dies bei | |
der Gestaltung und Einführung zu berücksichtigen, ist eine zentrale | |
Herausforderung. | |
Wie soll ein Social-Media-bewanderter Polizist die Privatsphäre der Nutzer | |
achten? | |
Vorgaben hierzu zu entwickeln, ist eine der derzeitigen Aufgaben. | |
In den letzten Jahren hatte die Polizei in Deutschland regelmäßig mit | |
PC-Problemen zu kämpfen. Neue polizeiinterne Software-Systeme machten schon | |
mehrfach Ärger. Wie soll man da die Beamten davon überzeugen, ihre | |
Netzaktivitäten auszudehnen? | |
Ziel unserer Forschung ist es unter anderem auch, dass wir einen | |
Erfahrungsaustausch zwischen Polizeiorganisationen auf europäischer Ebene | |
ermöglichen. Die Gestaltung und Einführung von Informationstechnologie ist | |
nicht nur eine technische Herausforderung. | |
Organisatorische Rahmenbedingungen, der soziale Kontext, die | |
Bedienerfreundlichkeit der Benutzeroberflächen, das Management von | |
Veränderungsprozessen - all diese Faktoren sind bei der Einführung von | |
Informationstechnologie zu berücksichtigen. | |
18 Apr 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.fit.fraunhofer.de/projects/softwaretechnik/composite_de.html | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Soziale Medien | |
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