# taz.de -- Werbung auf Facebook: Like it? | |
> Facebook will mehr personalisierte Werbeanzeigen und die Nutzer selbst zu | |
> Werbeträgern machen. Gleichzeitig kommt von Sicherheitsexperten Kritik an | |
> dem Netzwerk. | |
Bild: Sie haben vor zu heiraten? Und posten dies bei Facebook? Dann können Sie… | |
Facebook kostet bekanntlich nichts. Das Geschäftsmodell des mit über 500 | |
Millionen Nutzern größten sozialen Netzwerks der Welt basiert vor allem auf | |
Werbung und diese auf den reichlich vorhandenen Daten seiner Nutzer. Um das | |
Reklamegeschäft anzukurbeln hat Facebook nun eine Werbekampagne in eigener | |
Sache gestartet: Das "[1][Facebook Studio]" soll vom Kleingewerbetreibenden | |
bis zur Mediaagentur Kunden von personalisierten Anzeigen überzeugen. | |
Gleichzeitig erfindet der Netzriese neue Werbeformen und "optimiert" | |
bereits bekannte Varianten. | |
So wirbt man unter anderem damit, wie "hochgradig zielgerichtet" | |
Facebook-Werbung sein kann. In einer [2][Broschüre] gibt es eine kleine | |
Auflistung: Menschen, die sich gerade verlobt oder verheiratet haben, die | |
gerade Kinder bekommen haben, die bestimmte Aktivitäten "liken", die einer | |
bestimmten Altersklasse angehören oder die gerade die Uni verlassen haben. | |
Facebook nutze dabei stets "authentische Echtzeit-Informationen", die die | |
Menschen in ihre Profile eingegeben hätten. Das sei "unglaublich | |
wirkungsvoll für eine Firma", weil man "Menschen in jenen Momenten in ihrem | |
Leben erreicht, in denen sie besonders viel Interesse an ihren Produkten | |
oder Dienstleistungen" haben. Man könne dabei breit demographisch und | |
geographisch vorgehen oder aber "die spezifischen Likes und Interessen der | |
Leute adressieren". | |
## Der Nutzer wird zum Werbeträger | |
Andere "spannende Werbeformen", die Facebook bewirbt, ist der ortsbasierte | |
Dienst "Places", bei dem Läden dann jenen Kunden ein Sonderangebot machen | |
können, die besonders häufig "einchecken", also ihre Ortsinfos in die | |
Facebook-Datenbank einspeisen. Ausgebaut werden sollen auch die sogenannten | |
"Sponsored Stories". Dabei wird der Nutzer selbst zum Werbeträger: Gibt er | |
bei Facebook an, dass er gerade bei einer Kaffeekette war oder diese | |
"liked", taucht das mit Namen unter Umständen auch im Nachrichtenstrom bei | |
Freunden auf. "Das ist Mundpropaganda auf dem nächsten Level", so Facebook. | |
Wenn man bei Facebook Deutschland nachfragt, ob die vielen schönen | |
personalisierten Werbeformen denn mit den hiesigen Datenschutzbestimmungen | |
vereinbar sind, bekommt man momentan nur einen zusammengestückelten | |
Formbrief der PR-Agentur, in der das Unternehmen seine schöne neue | |
Reklamewelt in den schillerndsten Farben ausmalt - die Pressesprecherin ist | |
im wohlverdienten Osterurlaub. "Werbung auf Facebook ist stets ganz eng mit | |
dem sozialen Aspekt der Relevanz verknüpft", reicht die Agenturfrau, die | |
nicht namentlich genannt werden darf, die Firmenlinie weiter. | |
Zu den umstrittenen "Sponsored Stories" heißt es: "Dabei werden stets | |
sämtliche Privatsphäre-Einstellungen von Facebook eingehalten, das heißt, | |
die Meldungen sind nur für Freunde sichtbar, denen die entsprechenden | |
Beiträge auch sonst angezeigt würden." Immerhin gibt es zum Schluss noch | |
einen Tipp, wie man zumindest abdrehen kann, dass man nicht selbst zum | |
Werbeträger wird: Über "Facebook-Anzeigen" (Facebook Ads) im | |
Einstellungsmenü. | |
## Drei Punkte für mehr Sicherheit | |
Datenschützer dürfte das eher nicht überzeugen. Kritik an Facebook hagelt | |
es in jüngster Zeit aber auch wieder von anderer Seite, von den | |
Sicherheitsexperten. Per [3][offenem Brief] an Facebook schrieb das | |
IT-Security-Unternehmen Sophos, dem Netzriesen fehlten drei entscheidende | |
Punkte, um sicherer zu werden. | |
Punkt 1, der eher illusorisch klingt: Facebook solle endlich auf | |
Opt-In-Verfahren setzen, den Privatsphärenschutz also standardmäßig | |
anschalten und nicht, wie jetzt, als "Opt-Out" betrachten. "Jedes Mal, wenn | |
eine neue Funktion hinzukommt, die mehr Informationen der Nutzer | |
weitergibt, sollte Facebook davon ausgehen, dass die Nutzer sie nicht | |
angeschaltet haben wollen." Punkt 2 sind die Sicherheitsprobleme bei d en | |
Anwendungsentwicklern: Momentan untersucht Facebook nur stichprobenartig, | |
wer auf seine Plattform darf. "Böse" Apps, Datenschädlinge und Betrug seien | |
die Folge, so Sophos. | |
Zu guter Letzt fordern die Sicherheitsexperten auch noch ein Einschalten | |
der SSL-Verschlüsselung für die gesamte Facebook-Benutzung. Momentan ist | |
die nur dann eingeschaltet, wenn der Nutzer es explizit selektiert. Das | |
heißt, dass etwa in einem Internet-Café diverse intime Daten im Klartext | |
durchs Netz schwirren. Facebook hat Sophos bislang nicht geantwortet. | |
21 Apr 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://facebook-studio.com/ | |
[2] http://tinyurl.com/3ococ3s | |
[3] http://nakedsecurity.sophos.com/2011/04/18/facebook-open-letter/ | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Facebooks China-Strategie: Freundschaftsanfragen vom Zensor | |
Facebook, das größte Online-Netzwerk der Welt, will weiter wachsen. Dafür | |
hat sich das Unternehmen China ausgesucht - inklusive einiger Risiken. | |
Studie zur Polizei in Online-Netzwerken: Dein Facebook-Freund und -Helfer | |
Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts untersuchen derzeit, wie die | |
Polizei in Europa soziale Netzwerke für ihre Arbeit einsetzt. Forscher | |
Sebastian Denef erläutert das Projekt. | |
Buch über die Generation Facebook: Die effektvolle Scheißegal-Revolution | |
Klaus Raab gibt der jungen Internetgeneration eine Stimme - zur | |
Verteidigung gegen alte Besserwisser und Tugendwahrer. Denn: Nicht | |
schlechter, bloß anders ist Rebellion heute. | |
Hälfte aller Facebook-Anteile gefordert: Zuckerberg plagen Klagen | |
Wie der Kinofilm so die Realität: Ehemalige Kommilitonen und Partner | |
verklagen Mark Zuckerberg. Nun fordert jemand Geld, der angeblich ein | |
ehemaliger Geschäftspartner ist. |