# taz.de -- Facebooks China-Strategie: Freundschaftsanfragen vom Zensor | |
> Facebook, das größte Online-Netzwerk der Welt, will weiter wachsen. Dafür | |
> hat sich das Unternehmen China ausgesucht - inklusive einiger Risiken. | |
Bild: Ob er schon Chinesisch lernt? Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. | |
Facebook will unbedingt nach China. Derzeit wird das weltgrößte soziale | |
Netzwerk von den chinesischen Zensoren allerdings gesperrt - nur zu den | |
Olympischen Spielen in Peking gab es eine Lockerung. Der Konzern erwägt nun | |
eine neue Strategie, [1][wie US-Medien berichten:] Ein chinesisches | |
Partnerunternehmen soll her und gleichzeitig könnte eine neue Seite namens | |
"Facebook.cn" aufgebaut werden. | |
Der Partner scheint mittlerweile gefunden: Mit hoher Wahrscheinlichkeit | |
wird es Baidu sein, Ende des Jahres 2010 mit über 56 Prozent Anteil | |
Marktführer im chinesischen Suchmaschinengeschäft. Das | |
E-Commerce-Unternehmen Alibaba, das zuvor ebenfalls als möglicher Partner | |
Facebooks genannt wurde, soll aus dem Rennen sein. Ein Vertragsabschluss | |
mit Baidu könnte bald folgen. [2][Facebook äußert sich dazu zurückhaltend:] | |
"Wir informieren uns derzeit über den chinesischen Markt. Das ist Teil | |
einer Untersuchung neuer Ansätze, die unseren Nutzern, Entwicklern und | |
Werbetreibenden helfen sollen." | |
Firmenchef Mark Zuckerberg, dessen Freundin einen chinesischen | |
Migrationshintergrund hat, hatte zuvor gesagt, man könne das | |
Unternehmensziel, die Menschen auf der ganzen Welt miteinander zu | |
verbinden, nicht erreichen, wenn man "1,6 Milliarden Menschen einfach | |
weglässt". Das widerspreche dem Facebook-Gedanken. | |
Doch die Pläne des Unternehmens für den chinesischen Makt könnten noch für | |
einige Kontroversen sorgen. So berichtete das Wall Street Journal am | |
Wochenende, es werde sich keineswegs um ein hermetisch abgetrenntes Angebot | |
handeln, mit dem Facebook in China starte. Der "Social Graph", also der | |
riesige Datenberg an Beziehungsinformationen mit Freunden und Freunden von | |
Freunden, soll stattdessen von den Facebook-Seiten anderer Länder auch nach | |
"Facebook.cn" wandern können, wenn Nutzer untereinander Freundschaften | |
schließen. | |
## Mit Zensoren und Spionen vernetzt? | |
Was zunächst gut klingt, weil möglicherweise mehr Offenheit in China | |
entstehen könnte, birgt nach Angaben des Wall Street Journals einige | |
Risiken. Sobald ein nicht aus China stammender Nutzer mit einem Mitglied | |
von "Facebook.cn" Verbindung aufnimmt, soll ein Warnfenster erscheinen, das | |
darauf hinweist, dass die über diese Verbindung ausgetauschten Daten von | |
der chinesischen Regierung mitgelesen werden dürfen: "Jegliches Material, | |
das chinesische Nutzer sehen können, kann auch die Regierung sehen." | |
Die direkte Zensur, die für "Facebook.cn" unabdingbar wäre, soll offenbar | |
von Baidu geleistet werden. Die Firma hat damit Erfahrung und dürfte auch | |
für die Beziehungspflege zu den Behörden verantwortlich sein. Facebook | |
wiederum übernähme Teile der Kosten für die in China zu installierenden | |
Server. Die Umsätze sollen zwischen Baidu und Facebook geteilt werden, | |
schrieb das Wall Street Journal ohne Details zu nennen. | |
Facebook will offenbar nur ein kleines Team nach China schicken, dies wird | |
unter anderem mit Sicherheitsfragen begründet. Daten nichtchinesischer | |
Nutzer sollen in China nicht gespeichert werden, geplant ist zudem offenbar | |
der Einsatz von Filtern zur Vorzensur. | |
Sollte Facebook tatsächlich mit "Facebook.cn" auf den Markt kommen, wäre | |
dies der exakt entgegengesetzte Ansatz zu dem des größten Konkurrenten im | |
Internet: Google. Google brach Experimente mit einer eigenen | |
"Google.cn"-Seite nach Jahren ab und leitete seine Suche auf die | |
nichtzensierte Version in Hongkong um. Als Gründe gab Google offiziell | |
Hackerangriffe und Datendiebstahl an. Seither Google aus China so gut wie | |
verschwunden, Nutzer wanderten unter anderem zu Baidu ab. | |
Wie Facebook die Zensur in China mit der Offenheit in Einklang bringen | |
will, die Mark Zuckerberg so gerne kultiviert, bleibt abzuwarten. Der | |
Konzern zensiert teilweise schon heute, etwa in islamischen Ländern wie | |
Pakistan. | |
3 May 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://networkeffect.allthingsd.com/20110428/whats-really-going-on-with-fac… | |
[2] http://www.insidefacebook.com/2011/04/11/facebook-hasnt-signed-any-deals-to… | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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