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# taz.de -- Studie zur Freiheit im Internet: In China liest der Blockwart mit
> Weltweit werden soziale Netzwerke und Blogs immer stärker staatlicher
> Zensur und Attacken ausgesetzt. Russland und China sind eklatante
> Beispiele, so eine Studie.
Bild: Ein Internetcafé in Chinas Hauptstadt Bejing. Nicht gerade ein Ort des f…
Internetzensur, verhaftete Blogger und Cyber-Attacken – immer mehr Staaten
erkennen die Macht des Internets und versuchen sie zu bändigen. Der
[1][US-amerikanische Think Tank Freedom House] hat die Freiheit des
Internets in 37 Staaten untersucht und zieht eine gemischte Bilanz. Eins
der Sorgenkinder ist Russland.
Die [2][Ergebnisse der Studie] zeigen klar: "Freiheit im Internet ist keine
Selbstverständlichkeit", sagt David J. Kramer, Geschäftsführer von Freedom
House. "Besonders undemokratische Regime widmen dem Internet immer mehr
Aufmerksamkeit und versuchen der Online-Kommunikation mit Zensur und
anderen Maßnahmen entgegen zu wirken."
## Lage wird schlechter
Besonders soziale Netzwerke, die auch eine prominente Rolle bei den
Umstürzen in Nordafrika spielten, erwecken den Argwohn der
Internet-Zensoren. Zwölf Staaten haben den Zugriff auf Plattformen wie
Facebook oder auf Video-Portale wie YouTube eingeschränkt.
Wer hofft, dass die Internet-Zensur ein vorübergehendes Phänomen ist, wird
durch die ermittelten Zahlen enttäuscht. In 9 von 15 Staaten, die Freedom
Hose bereits 2009 untersucht hatte, stellte die Organisation fundamentale
Verschlechterungen fest. 15 der untersuchten Länder schränken für ihre
Nutzer „politisch relevante“ Inhalte systematisch ein. In 11 Ländern
vergaben die Freiheitstester das Prädikat "nicht frei", darunter in
Thailand, Vietnam, Tunesien, Iran, Kuba und China.
Mit der "Großen Firewall" hat China eines der ausgefeiltesten Zensursysteme
auf der Welt, mit dem westliche Seiten und Umgehungsmöglichkeiten
systematisch gesperrt werden. Doch dies ist nur ein Teil der Strategie der
Chinesen: Sie bauen zu beliebten westlichen Plattformen Konkurrenz-Angebote
im eigenen Land auf. Die einheimischen Betreiber zensieren ihre eigenen
Nutzer bereitwillig. Wer sich trotzdem entgegen der Regierungsmeinung Gehör
verschafft, lebt gefährlich. Freedom House hat allein im vergangenen Jahr
70 Verhaftungen für Online-Vergehen registriert. Das chinesische Regime
verlässt sich dabei nicht nur auf den eigenen Beamtenapparat, sondern hält
die Bevölkerung dazu an, Verstöße zu melden. Die Internet-Blockwarte sind
als "50-Cent-Partei" bekannt – angeblich werden sie für jeden gemeldeten
Verstoß, für jeden Pro-Regierungs-Kommentar mit einem kleinen Geldbetrag
belohnt.
## Drogensucht als Vorwand
Ähnliche Jobangebote werden auch aus Russland gemeldet. Mit bezahlten
Kommentaren will die Regierung nicht nur die eigene Politik unterstützen,
sondern auch die Opposition schlecht reden. Im Gegensatz zu den klassischen
Medien, die seit 2000 immer mehr Repressionen ausgesetzt sind, war das
Internet in Russland noch relativ frei von direkten Eingriffen. Doch in den
vergangenen zwei Jahren verzeichnete Freedom House erste gezielte
Netzblockaden.
Ein Gericht verurteilte einen Provider dazu, vier Seiten mit Nazi-Videos
und Adolf Hitlers "Mein Kampf" zu blockieren – das Urteil wurde jedoch
später aufgehoben. Auch die Blogging-Plattform "LiveJournal" wurde wegen
Inhalten gesperrt, die den Terrorismus verherrlichten. Gleich mehrere
Provider sperrten eine radikal-islamistische Website. Mit massiver
Einschüchterung werden Provider und Server-Betreiber zur Selbstzensur
gedrängt. So waren Oppositions-Seiten aus dem Netz eines
Mobilfunkbetreibers zeitweise nicht mehr zu erreichen.
Noch sind dies Einzelfälle, aber schon länger bemüht sich Russland um eine
zentrale Filter-Infrastruktur. Der russische Staatspräsident Dmitri
Medwedew [3][hat in dieser Woche angekündigt], Internetseiten zentral
sperren zu lassen. Erstes Ziel: 10.000 Websites, die angeblich den
Drogenkonsum verherrlichen.
## Mit Hackern gegen die Opposition
Ein wachsendes Problem sind Angriffe wie Internet-Attacken auf
Regimegegner. Obwohl die Beweisführung schwierig ist, ob solche Angriffe
tatsächlich von den Regierungen gesteuert werden, verzeichnet Freedom House
diese Aktivitäten als Einschränkung der Internet-Freiheit. So hatten
kritische Webseiten in Russland während Demonstrationen der Opposition
unter "technischen Schwierigkeiten" zu leiden. Mit DDOS-Attacken werden
auch in anderen Ländern Oppositionelle und Kritiker zum Schweigen gebracht.
Das [4][Kapitel über Deutschland] verzeichnet die relativ hohe
Internet-Nutzung und Internet-Zugänge in der Schule auf der Positiv-Seite
auf, Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchungen durch den
Bundesnachrichtendienst und die Gesetze gegen Volksverhetzung hingegen
landen auf der Negativ-Seite. Insgesamt bekommt Deutschland aber sehr gute
Noten und landet nach Estland und den USA auf dem dritten Platz.
22 Apr 2011
## LINKS
[1] /1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/internet-wird-weltweit-zensie…
[2] http://www.freedomhouse.org/template.cfm?page=664
[3] http://www.heise.de/newsticker/meldung/Russland-will-Drogen-Websites-sperre…
[4] http://www.freedomhouse.org/images/File/FotN/Germany2011.pdf
## AUTOREN
Torsten Kleinz
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