# taz.de -- Drei-Länder-Gipfel zu französischem AKW: Grenzenloses Risiko | |
> Das französische Atomkraftwerk Cattenom elektrisiert die Region im | |
> Dreiländereck Deutschland, Frankreich, Luxemburg. Ein Gipfel in Metz | |
> blieb ergebnislos. | |
Bild: 24-Stunden-Risikofaktor: das AKW Cattenom bei Nacht. | |
Das störanfällige AKW Cattenom im französischen Lothringen bleibt | |
umstritten. Bei ihrem Gipfeltreffen zum Thema "zukünftige Nutzung der | |
Kernenergie und die Sicherheitslage im Kernkraftwerk Cattenom" im | |
französischen Metz konnten sich die geladenen Spitzenpolitiker aus | |
Frankreich, Deutschland, Belgien und Luxemburg am Mittwoch nicht auf eine | |
maximale Restlaufzeit einigen. | |
Die Franzosen, hieß es aus dem Kreis der Gipfelteilnehmer, hätten alle | |
Vorschläge zu den vier Reaktorblöcken mit 1.300 Megawatt abgeschmettert. | |
Was etwa der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU), die | |
rheinland-pfälzische Umweltministerin Margit Conrad (SPD) und Luxemburgs | |
Premierminister Jean-Claude Juncker kritisierten. | |
Doch die Vertreter Frankreichs und des betroffenen Departements | |
verabschiedeten immerhin eine "Gipfelresolution" mit, in der die auch von | |
Staatspräsident Nicolas Sarkozy befürworteten Stresstests für | |
Atomkraftwerke für Cattenom konkretisiert werden: Die Meiler dort sollen | |
jetzt auf ihre Resistenz gegen Überschwemmungen und Erdbeben geprüft | |
werden. Und es soll mit untersucht werden, ob die Reaktoren auch gegen | |
Terrorangriffe und Flugzeugabstürze ausgelegt sind. Zur Diskussion um die | |
Ergebnisse des Stresstests will Gipfelpräsident Jean-Pierre Masserat, | |
Vorsitzender des lothringischen Regionalparlaments, für den Herbst wieder | |
alle einladen. | |
Dem Landes- und Landtagsfraktionsvorsitzenden der oppositionellen SPD Saar, | |
Heiko Maas, geht die Resolution nicht weit genug. Er forderte die | |
Bundeskanzlerin auf, mit Sarkozy einen bilateralen energiepolitischen | |
Staatsvertrag abzuschließen, denn es könne nicht sein, "dass Frankreich | |
seine Atompolitik entlang der Grenze zur allein nationalen Angelegenheit | |
erklärt". Auch der Europaabgeordnete und frühere saarländische | |
Umweltminister Jo Leinen (SPD) hält die Situation für "schizophren: Die in | |
Cattenom gewonnene Energie gehört Frankreich, das Störfallrisiko aber der | |
gesamten Region." | |
Die Grünen Saar setzten auf den erweiterten Stresstest, denn "bei einer | |
ehrlichen Analyse muss Cattenom vom Netz". Selbst die französische | |
Atomaufsichtsbehörde hatte in ihrem Jahresbericht 2009 der | |
Betreibergesellschaft Electricité de France (EDF) ein "mangelndes | |
Sicherheitsbewusstsein" attestiert. | |
## 11 Millionen potentielle GAU-Betroffene | |
Von einem GAU im AKW Cattenom wären in der Großregion über 11 Millionen | |
Menschen unmittelbar betroffen. Die saarländische Umweltministerin Simone | |
Peter (Grüne) verlangte denn auch die Beteiligung von Experten aus den | |
Nachbarstaaten bei den Stresstests. Doch auch das scheiterte in Metz am | |
Widerstand der Franzosen. Bei einem Besuch des AKW Cattenom Mitte April | |
hatte die Ministerin insbesondere moniert, dass das Abklingbecken für die | |
Brennstäbe in der Anlage "lediglich durch ein Metalldach geschützt" sei. | |
Rund 100 Städte und Gemeinden im Dreiländereck haben inzwischen | |
Resolutionen gegen den Weiterbetrieb des AKW Cattenom verabschiedet oder | |
entsprechende Beschlüsse gefasst. Am Ostermontag wird grenzüberschreitend | |
in Cattenom gegen das AKW protestiert (Kühlsee Lac Tilly, 14 Uhr). Über 35 | |
Verbände, Parteien und Organisationen rufen dazu auf. | |
22 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Peter Klingelschmitt | |
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