# taz.de -- Debatte um Atomausstieg: Sachsen setzt auf Kohle | |
> Der Atomausstieg klappt nur, wenn in Braunkohle investiert wird, sagt | |
> Sachsens Ministerpräsident Tillich. Er schwört auf unterirdische Lagerung | |
> von CO2. Doch die ist umstritten. | |
Bild: Warum denn gleich sprengen? Wir brauchen Kohle, sagt Tillich. Das sächsi… | |
BERLIN taz | Ohne Kohlekraftwerke sei der Atomausstieg nicht möglich, | |
glaubt der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich. Angesichts der | |
aktuellen Energiedebatte sieht er neue Chancen für die heimische Kohle: | |
"Wenn wir mit der Energiewende aus der Kernenergie aussteigen und damit | |
eine wichtige und grundlastfähige Energieart wegfällt, wird dafür ein | |
Ersatz gebraucht", sagte der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur dapd am | |
Donnerstag. | |
Zur klimafreundlichen Nutzung der Braunkohle müsse aber mehr in die | |
Forschung investiert werden: "Hier ist der Bund gefragt", sagt Tillich. In | |
Sachsen wird derzeit noch Braunkohle abgebaut. | |
Greenpeace kritisierte den Vorstoß von Tillich. "Braunkohle ist der | |
klimaschädlichste aller Energieträger, und dazu noch ineffizient", sagte | |
die Energieexpertin Anike Peters von Greenpeace der taz. Bei der | |
Verbrennung von Braunkohle werde je erzeugter Kilowattstunde Strom etwa | |
dreimal soviel CO2 frei wie bei Erdgas. | |
Peters bezweifelt, dass neue Kohlekraftwerke nötig seien, um Kernkraft zu | |
ersetzen. Eine neue Studie von Greenpeace kommt zu dem Ergebnis, dass | |
Deutschland trotz Atomausstieg bereits in 30 Jahren komplett [1][kohlefrei] | |
sein könnte. Vorübergehende Schwankungen bei der Energieversorgung könnten | |
durch Gaskraftwerke ausgeglichen werden. | |
Tillich hatte in der Vergangenheit den Freistaat Sachsen mehrfach für die | |
unterirdische Einlagerung von Kohlendioxid vorgeschlagen. Immer wieder | |
hatte er sich für die so genannte CCS-Technologie ausgesprochen, bei der | |
CO2 behälterlos in tiefen unterirdischen Gesteinsschichten auf unbegrenzte | |
Zeit deponiert wird. Es ist umstritten, ob die Technologie wirklich sicher | |
ist. "Bislang gibt es dazu kaum Erkenntnisse", sagt Peters. | |
## Widerstand formiert sich gegen CCS | |
Sie hält die CCS-Technologie für eine Sackgasse. "Wir würden dabei Abfall | |
produzieren, der Jahrtausende gelagert werden muss", sagt die | |
Energieexpertin. "Doch wir könnten ohne Abfallprodukte auskommen, wenn wir | |
auf erneuerbare Energien setzen." Auch in der Bevölkerung wächst der | |
Widerstand gegen die Technologie. Der Energiekonzern Vattenfall plant | |
derzeit in Brandenburg [2][erste Versuche] der CCS-Technologie. Gegner | |
befürchten eine Gefährdung des Grundwassers und Wertverluste bei | |
Immobilien. | |
Es ist unwahrscheinlich, dass es in Sachsen zur großen Renaissance der | |
Braunkohle mit CCS-Technologie kommt. Denn die CO2-Verpressung ist nach | |
einer [3][Studie] des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und | |
Geologie in Sachsen gar nicht möglich. Sie kommt zu dem Ergebnis, "dass die | |
in Sachsen vorkommenden geologischen Formationen für eine CO2-Speicherung | |
überwiegend nicht geeignet sind und derzeit eine Speicherung nicht möglich | |
ist". [4][Potentielle CO2-Endlager] finden sich vor allem in | |
Norddeutschland. | |
21 Apr 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/energie/DerPlan.p… | |
[2] /1/berlin/artikel/1/beeskow-legt-sich-quer/ | |
[3] http://www.forsten.sachsen.de/umwelt/download/CCS_27092010.pdf | |
[4] http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/klima/CO2-Lager-H… | |
## AUTOREN | |
Martin Rank | |
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