Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Vorerst keine CO2-Speicher: Schleswig-Holstein bleibt sauber
> Regierungen und Oppositionen im Norden streiten über "Länderveto" gegen
> unterirdische CO2-Speicher. Der Energiekonzern RWE Dea will vorerst nicht
> in Schleswig-Holstein buddeln: wegen "mangelnder Akzeptanz".
Bild: Werden vorerst nicht auf CO2-Lagern grasen müssen: Schleswig-Holsteins S…
Das Unternehmen RWE Dea wird seine Pläne, in Schleswig-Holstein
unterirdisch CO2 zu speichern, "aufgrund der mangelnden Akzeptanz nicht
aktiv vorantreiben". Das sagte RWE-Sprecher Derek Mösche am Freitag der
taz. Die RWE Dea AG will die Erlaubnis für Probebohrungen in den Kreisen
Nordfriesland und Ostholstein ruhen lassen. Dass sich an dieser Absicht
etwas ändern könnte, hält Mösche für "absolut illusorisch".
Die Entscheidung ist die Folge des CCS-Gesetzes, das Mitte der Woche vom
Bundeskabinett beschlossen worden war. Zwar erlaubt das Gesetz, die Technik
zu erproben, mit der das klimaschädliche Abgas von Kohlekraftwerken in den
Untergrund gepresst wird.
Eine "Länderklausel" soll es Bundesländern gestatten, aus der
Bundesregelung auszuscheren. Dieser Passus ist vor allem Schleswig-Holstein
geschuldet, wo - nach massiven Protesten potenzieller CCS-Anrainer -
inzwischen alle Parteien im Landtag gegen die Methode sind. Auch in den
anderen Nord-Flächenländern Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern
bestehen Bedenken gegen CCS.
Streit gibt es zurzeit um die juristische Belastbarkeit des jetzt
beschlossenen Gesetzes mitsamt der Länderklausel: Die Landesregierungen
halten das Konzept für tragfähig, die jeweilige politische Opposition sowie
Bürgerinitiativen bezweifeln das.
"Wir haben keinen Moment gejubelt", sagt Reinhard Knof, Sprecher der
"Bürgerinitiative gegen das CO2-Endlager" in Schleswig-Holstein. Die
Länderklausel sei "reine Augenwischerei".
Dagegen nannte der Kieler Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU)
das Veto-Recht eine "großartige Nachricht": "Gegen unseren Willen wird es
keine Einlagerung von Kohlendioxid in Schleswig-Holstein geben." Auch
Niedersachsens Regierungschef David McAllister (CDU) begrüßte den Entwurf
des CCS-Gesetzes als "guten Kompromiss".
Die Kritiker verweisen darauf, dass Bundesrecht grundsätzlich Landesrecht
bricht. So reicht eine politische Willenserklärung nicht aus: Ein
Landesgesetz muss fachlich untermauert sein. Damit sei die Länderklausel
"nicht wasserdicht", sagt Flemming Meyer vom Südschleswigschen
Wählerverband (SSW) in Schleswig-Holstein.
Detlef Matthiessen von den dortigen Grünen nennt die Regelung gar ein
"faules Ei, das uns die Bundesregierung ins Nest gelegt hat". Auch sein
Parteifreund Jürgen Suhr aus Mecklenburg-Vorpommern spricht von einer
"Beruhigungspille". Die Landtagsgrünen in Niedersachsen kritisieren, die
vorliegenden Formulierungen ließen der Industrie "zu viele Hintertürchen".
Dagegen erklärte der Kieler Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU), er
wolle zügig den Entwurf eines Landesgesetzes vorlegen, der fachlich
erkläre, warum CO2-Einlagerung nicht in Frage komme. Ministeriumssprecher
Harald Haase ergänzt, es sei im Gesetz eine Formulierung gefunden worden,
die das Landesveto "nach höchster juristischer Expertise" gültig mache:
"Wir fühlen uns damit sicher."
In Niedersachsen sind die Parteien unterschiedlicher Meinung über die
Technik. Während Grüne und Linke sich grundsätzlich gegen CCS aussprechen,
gibt es von der SPD "kein kategorisches Nein", sagt ihr
Fraktionsgeschäftsführer Cornelius Schley.
Zunächst wolle man abwarten, zu welchen Ergebnissen CCS-Erprobungen kommen.
"Bis dahin haben wir große Bedenken", sagt Schley. Die Linksfraktion
misstraut der schwarz-gelben Landesregierung. Der umweltpolitische Sprecher
der Linken, Kurt Herzog, ist nicht überzeugt von den Äußerungen des
Ministerpräsidenten: Zu lange habe sich die CDU in der Vergangenheit für
CCS-Pilotprojekte stark gemacht.
Eine weitere Gefahr sehen Kritiker darin, dass CO2 jenseits der
Landesgrenze ins Watt gepresst werden könnte: "Wenn man einen Blick in die
Karte der potentiellen Lagerstätten wirft, ist die Nordsee fast
flächendeckend geeignet", sagt etwa der Kieler SPD-Abgeordnete Olaf Schulze
- "einschließlich dem Nationalpark Wattenmeer."
RWE-Sprecher Mösche hält dem gleich mehrere Gründe entgegen: Erstens wisse
das Unternehmen, das auch die Ölplattform Mittelplate in der Nordsee
betreibt, "wie sensibel das Gebiet ist".
weitens seien Bohrungen jenseits der Zwölf-Meilen-Grenze "auch unter
wirtschaftlichen Aspekten auf den Prüfstand zu stellen". Grundsätzlich aber
stehe RWE zur CCS-Technik - und ist an Forschungsprojekten weltweit
beteiligt.
15 Apr 2011
## AUTOREN
E. Geisslinger
T. Havlicek
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Debatte um Atomausstieg: Sachsen setzt auf Kohle
Der Atomausstieg klappt nur, wenn in Braunkohle investiert wird, sagt
Sachsens Ministerpräsident Tillich. Er schwört auf unterirdische Lagerung
von CO2. Doch die ist umstritten.
Verpressung von Kohlendioxid: In Schulen als Umweltschutz verkauft
Etwa an 25.000 Schulen geht das Heft "Klimaschutz und CCS". Hinter der
Broschüre steckt ein Verband, der Energiekonzerne vertritt wie Eon, RWE und
Vattenfall.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.