Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Zweifel an bin Ladens Tod: Das Bild des toten Feindes
> Die Informationspolitik der USA nach dem Tod bin Ladens ist
> undurchsichtig. Dass sie seine Leiche nicht zeigen, macht es Skeptikern
> an seinem Tod einfach.
Wenn der Mythos, der Osama bin Laden seit jeher umgibt, nach seinem Tod
neuen Auftrieb erhalten sollte, dann liegt das auch an den USA und ihrer
Informationspolitik. Sie macht es Skeptikern leicht, die offizielle Version
der Ereignisse anzuzweifeln.
Anders als im Fall des jordanischen Al-Qaida-Anführers al-Sarkawi, der 2006
im Irak getötet wurde, verzichtete die US-Regierung bisher darauf, ein Foto
der Leiche bin Ladens zu veröffentlichen. Ein Teil der Administration
möchte das Bild des Erschossenen dem Publikum als Beleg vorführen, ein
anderer Teil will das Foto wegen großer Grausamkeit zurückhalten.
Man kann im bisher verfügten Verzicht der USA, ihren getöteten Feind zur
Schau zu stellen, einen zivilisatorischen Fortschritt sehen. Nur öffnen sie
damit all jenen Zweiflern und Verschwörungstheoretikern Tür und Tor, die
meinen könnten, bin Laden sei schon lange tot – aber jetzt erst hätte die
US-Regierung beschlossen, mit seinem Gespenst aufzuräumen, um Obama einen
Erfolg zu verschaffen.
Auch die Begründung für die schnelle Beseitigung der Leiche ist dubios.
Zwar muss ein Verstorbener nach islamischem Ritus innerhalb von 24 Stunden
beigesetzt werden. Eine Seebestattung ist aber höchst ungewöhnlich. Die
US-Regierung hat diesen Weg gewählt, wohl weil sie keine Pilgerstätte für
Dschihadisten schaffen wollte. Sie wäre gut beraten, dieses Motiv offen
zuzugeben, statt zu behaupten, man habe damit "islamische Bräuche"
respektiert.
Und mit den DNA-Proben, die belegen, dass es sich bei dem Getöteten um bin
Laden handelt, verhält es sich wie mit vielen Erklärungen aus dem Weißen
Haus: Man kann sie glauben, überprüfen kann man sie kaum. Solche
Ungereimtheiten könnten für Obama noch zum Problem werden. Denn die
Bereitschaft, der US-Regierung zu glauben, ist schon im eigenen Land nur
gering ausgeprägt – von der arabischen Welt ganz zu schweigen.
Weil so viele Amerikaner daran zweifeln, dass ihr Präsident überhaupt in
den USA geboren ist, sah sich das Weiße Haus kürzlich gezwungen, dessen
Geburtsurkunde ins Internet zu stellen. Auch in diesem Fall dürfte der
Obama-Regierung am Ende nichts anderes übrig bleiben, als das Foto des
erschossenen Erzfeinds zu veröffentlichen, um mögliche Zweifel zu
zerstreuen. Auch auf die Gefahr hin, damit eine Ikone zu schaffen.
3 May 2011
## AUTOREN
Daniel Bax
## ARTIKEL ZUM THEMA
Obama gedenkt Terroropfer in New York: Symbolischer Auftritt am Ground Zero
"Bittersüßer" Besuch: US-Präsident Brack Obama gedenkt in New York den
Opfern von 9/11. Er wolle den Bürgern helfen, das Kapitel zu schließen,
hieß es. Der Besuch hilft aber auch Obama.
Gespannte Lage in Pakistan: Tod bin Ladens schürt Angst vor Rache
Bislang kämpfen etwa zehn Prozent der Taliban gegen Pakistan. Das könnte
sich jetzt, nach Osama bin Ladens Tod, gravierend ändern.
Osama bin Ladens Heimat: Vom Fluch befreit
In bin Ladens ursprünglichem Heimatland Saudi-Arabien herrscht
Erleichterung über seinen Tod. Al-Qaida ist dort kaum existent – im Jemen
dafür umso mehr.
US-Regierung korrigiert Aussage: Bin Laden war unbewaffnet
Die US-Regierung revidiert die Aussage über den Einsatz gegen Osama bin
Laden. Der al-Qaida-Chef war demnach unbewaffnet. Ob ein Foto des Toten
veröffentlicht wird, ist weiter strittig.
Tötung Osama bin Ladens: Was die Pakistaner wussten
In den USA wachsen die Zweifel an der Verlässlichkeit des ungeliebten
Partners. Unklar bleibt auch, ob pakistanische Stellen über die Operation
informiert wurden.
Tötung Osama bin Ladens: Eine Quelle reicht nicht aus
Vieles zur Bin-Laden-Tötung ist noch unklar: Gab es vor der Erschießung
einen Kampf? Warum stürzte der Hubschrauber ab? Welche Rolle spielte
Pakistan?
Kommentar Tod Bin Ladens: Was von Osama bin Laden bleibt
Der Kampf um die Demokratie in den arabischen Staaten ist unvereinbar mit
dem Absolutheitsanspruch der al-Qaida-Anhänger. Dafür verdienen die
Aufständischen Unterstützung.
Das Feindbild bin Laden: Osama, der Postmoderne
Durch den Tod des Top-Terroristen verlieren die USA ein flexibles
Feindbild. Wie gut das dem Land tatsächlich bekommen wird, muss sich erst
noch zeigen.
Zum Tod Osama bin Ladens: Der Alte hinterm Berg
Der Mann mit Turban und Zauselbart, im Schneidersitz und mit der
Kalaschnikow – Osama bin Laden war auch eine schräge Pop-Ikone, ein Produkt
unserer Projektionen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.