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# taz.de -- Kommentar Tod Bin Ladens: Was von Osama bin Laden bleibt
> Der Kampf um die Demokratie in den arabischen Staaten ist unvereinbar mit
> dem Absolutheitsanspruch der al-Qaida-Anhänger. Dafür verdienen die
> Aufständischen Unterstützung.
Bild: Bestimmen vielleicht zukünftig das Bild vom Nahen Osten: Menschen in Bah…
Gewiss bedeutet der Tod von Osama bin Laden nicht das Ende des
terroristischen Netzwerks al-Qaida. Dessen Struktur kennt keine Hierarchie
und keine zentrale Befehlsgewalt. Terroristische Aktionen wurden, wie die
Beispiele von Tunis bis Bali zeigen, in Eigenverantwortung der
Terrorgruppen durchgeführt.
Wohl aber vereinigten sich in der Person bin Ladens in besonders
wirkungsvoller Weise die zentralen Botschaften des radikalen Islamismus:
der Kampf gegen die westlichen "Kreuzfahrer", ihre Sittenverderbtheit und
ihre die Gemeinschaft der Glaubenden zerstörenden Ideologien.
Der militante Antijudaismus und die damit verbundenen
Verschwörungstheorien, schließlich die Forderung nach einer die islamische
Welt umspannenden theokratischen Herrschaftsform: All diese Elemente werden
nach dem Tod Osama bin Ladens in der muslimischen Welt weiter existieren
wie auch der Al-Qaida-Führer selbst als symbolische Leitfigur. Aber diese
Symbolgestalt wird rasch ihre Wirkungskraft einbüßen.
Der Grund hierfür liegt in der Initiative und der Kraft der demokratischen
Bewegungen, die heute die Herrschaft der Autokraten in der arabischen Welt
bedrohen. Nicht weil die Autokraten an der Macht dem westlichen Einfluss
unterlagen, nicht weil sie sich als Verräter des Islams erwiesen hätten,
richtet sich jetzt der Zorn der Völker gegen sie. Sondern weil sie allesamt
unterdrückerische und korrupte Ausbeuter waren und sind.
Gerade die Fähigkeit der Aufständischen zur zivilgesellschaftlichen
Selbstorganisation brachte sie in den denkbar schärfsten Gegensatz zur
gewalttätigen und autoritären Botschaft der Islamisten. Und der Kampf um
die Demokratie und um demokratische Grundrechte wie Meinungs- und
Organisationsfreiheit ist unvereinbar mit dem Absolutheitsanspruch der
Al-Qaida-Anhänger.
Zu den prägenden Erlebnissen in der tunesischen wie der ägyptischen
Revolution gehörte die gleichberechtigte Mitwirkung der Frauen, was jedem
Al-Qaida-Ideologen ein Gräuel sein muss. In dem Maße, wie die
demokratischen Kräfte sich konsolidieren, werden sie auch selbstbewusst,
weil demokratisch legitimiert, gegenüber dem "Westen" auftreten und der
Anti-Kreuzfahrer-Demagogie den Boden entziehen. Unterstützung der
arabischen Demokraten - nicht die schlechteste Konsequenz, die man nach dem
Tod Osama bin Ladens ziehen sollte.
2 May 2011
## AUTOREN
Christian Semler
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