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# taz.de -- US-Regierung korrigiert Aussage: Bin Laden war unbewaffnet
> Die US-Regierung revidiert die Aussage über den Einsatz gegen Osama bin
> Laden. Der al-Qaida-Chef war demnach unbewaffnet. Ob ein Foto des Toten
> veröffentlicht wird, ist weiter strittig.
Bild: Für die Amerikaner hat "Gerechtigkeit gesiegt". Zeitungsseiten hängen a…
WASHINGTON afp/dpa | Das Weiße Haus hat seine Darstellung von der Tötung
des al-Qaida-Chefs Osama bin Laden teilweise revidiert. Bin Laden sei
während der dramatischen Kommandoaktion in seinem pakistanischen Versteck
nicht bewaffnet gewesen, sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama,
Jay Carney, am Dienstag. Derweil wurden Forderungen nach einer
Veröffentlichung von Fotos des toten Bin Ladens laut, um
Verschwörungstheorien entgegenzuwirken.
"Er war nicht bewaffnet", sagte Carney. Allerdings seien andere Männer in
dem Anwesen bewaffnet gewesen und hätten Widerstand geleistet. Bin Laden
sei bei einem "unberechenbaren Schusswechsel" ums Leben gekommen. Carney
bekräftigte, das Ziel des Einsatzes sei die Festnahme und nicht die Tötung
Bin Ladens gewesen. Wegen des "großen Widerstandes" sei der al-Qaida-Chef
aber erschossen worden.
Das Weiße Haus ruderte auch bei der angeblichen Tötung einer Ehefrau Bin
Ladens zurück. Anders als zunächst mitgeteilt sei die Frau mit einem Schuss
ins Bein verletzt worden, sagte Carney. Die Frau habe sich in demselben
Zimmer befunden wie Bin Laden und sei auf die US-Soldaten zugestürmt. Damit
rückte Washington auch von der Version von Anti-Terror-Berater John Brennan
ab, wonach die Frau als menschlicher Schutzschild missbraucht und so
getötet worden sei.
Ein US-Sonderkommando hatte den Gründer und Chef des Terrornetzwerks
[1][al-Qaida in der Nacht zum Montag in seinem Anwesen in Abbottabad nahe
der pakistanischen Hauptstadt Islamabad erschossen]. Auf dem Gelände lebten
laut Carney neben Bin Laden und einigen seiner Angehörigen noch zwei
Familien; eine im ersten Geschoss des Hauptgebäudes, die andere in einem
weiteren Haus.
## Debatte um Foto-Veröffentlichung
Bei der Kommandoaktion wurden nach Angaben des Weißen Hauses neben Bin
Laden vier weitere Menschen getötet. Zwei Kuriere des Terrornetzwerks und
eine Frau seien im ersten Stock des Hauptgebäudes getötet worden, während
der Terrorchef und seine Angehörigen sich im zweiten und im dritten Stock
aufgehalten hätten, sagte Carney. Bei dem fünften Getöteten handele es sich
vermutlich um einen Sohn Bin Ladens.
Das Weiße Haus hat noch nicht entschieden, ob Fotos von der Leiche Bin
Ladens veröffentlicht werden sollen. Regierungssprecher Carney sagte, die
Bilder seien zweifellos "grausig". Vor diesem Hintergrund werde geprüft, ob
es nötig sei, sie zu veröffentlichen. Bin Laden soll zweimal in den Kopf
getroffen worden sein, einmal direkt über dem linken Auge. Wie es in
Medienberichten hieß, "explodierte sein Kopf".
Zahlreiche US-Politiker debattierten darüber, ob ein Foto veröffentlicht
werden sollte, um Verschwörungstheorien, wonach der al-Qaida-Chef gar nicht
getötet worden sei, ein Ende zu setzen. CIA-Chef Leon Panetta sagte: "Ich
denke, wir sollten dem Rest der Welt zeigen, dass wir in der Lage waren,
ihn zu kriegen und zu töten." Die Entscheidung über eine Veröffentlichung
liege aber beim Weißen Haus.
Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, bezeichnete die
Debatte über eine Veröffentlichung von Fotos als "makaber". Der
republikanische Abgeordnete im Repräsentantenhaus, Patrick Meehan, dagegen
sagte, er hoffe, es könne "eine Art Foto" veröffentlicht werden, "das keine
Fragen dazu, was geschehen ist, offen lässt".
Wer Osama bin Laden an der Spitze von al-Qaida nachfolgt, ist noch unklar.
Der neue Anführer der Terrorgruppe werde aber der neue Staatsfeind Nummer
eins der USA sein, sagte CIA-Chef Panetta dem Fernsehsender CBS. Zu Bin
Ladens bisherigem Stellvertreter Aiman el Sawahiri, der als möglicher neuer
Anführer der al-Qaida gilt, sagte er: "Er rückt in unserer Liste (der
Staatsfeinde) sehr schnell nach oben." Die noch ungeklärte Nachfolge gebe
den USA nun aber noch Zeit, das Terrornetzwerk "im Durcheinander und in der
Debatte" um seine neue Führung weiter anzugreifen.
## "Wir haben ihn!"
Unterdessen werden immer mehr Details der Kommandoaktion mit dem Decknamen
"Geronimo" bekannt. Obama verfolgte sie voller Anspannung per
Satellitenübertragung live im "Situation Room" des Weißen Hauses. Dann die
Erlösung: "Wir haben ihn", rief der US-Präsident aus.
Nun hoffen die USA auf neue Erkenntnisse über die Pläne von Bin Ladens
Terrornetzwerk. Denn beim Sturm auf sein Anwesen stellten Soldaten einen
Computer und mehrere Festplatten sicher. Damit sei ihnen ein wahrer Schatz
an Informationen in die Hände gefallen, der nun ausgewertet werde,
berichtete das US-Onlinemedium Politico.
Nach einem Bericht des Wall Street Journal war sich der US-Geheimdienst CIA
bis zuletzt keinesfalls sicher, dass Bin Laden tatsächlich in Abbottabad
lebte. Einige Analysten hätten die Wahrscheinlichkeit mit 60 Prozent
angegeben, andere mit 80 Prozent. CIA-Chef Panetta habe die Ungewissheit zu
schaffen gemacht. Dann sei er aber davon ausgegangen, dass die
US-Öffentlichkeit selbst bei einer 50-prozentigen Chance hinter der Aktion
stehen würde.
Obama will am Donnerstag Ground Zero in New York besuchen. Dort, wo am 11.
September 2001 Al-Kaida-Terroristen zwei Flugzeuge in die Zwillingstürme
des World Trade Center steuerten, will er sich mit Angehörigen der Opfer
treffen.
4 May 2011
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