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# taz.de -- Kommentar Migrantenquote in der SPD: Ziemlich spät, sehr peinlich
> Sigmar Gabriel fordert scheinheilig eine Migrantenquote in der SPD. Über
> zwei Jahrzehnte hat seine Partei dieses Thema mit wurschtiger
> Volkspartei-Arroganz ignoriert.
Die SPD hat es bis jetzt erstaunlich effektiv verstanden, Karrieren von
Migranten zu behindern. Der Parteivorstand war und ist ethnisch rein
deutsch. Bei den Grünen gibt es Cem Özdemir, bei der CDU hat es Aygül Özkan
zur Landesministerin gebracht. Die SPD hat den Schuss mal wieder als Letzte
gehört, auch wenn jetzt in Stuttgart eine Migrantin Ministerin werden soll.
Die SPD-Spitze weiß seit zwei Jahrzehnten, dass es in der Partei eine
gläserne Decke für Migranten gibt. Eigentlich müsste man da was tun, aber
irgendwie hatte man immer gerade was richtig Wichtiges zu tun. Und was die
Basis über Migranten denkt, will die SPD-Spitze dann lieber doch nicht so
genau wissen.
In Frankreich und den USA haben die Konservativen schon vor Jahren den Reiz
von Multikulti-Kabinetten entdeckt. Auch das hat an der Dickfelligkeit der
SPD kein Jota geändert. Zu dieser Trägheit trug auch der Blick auf
Wahlanalysen bei. Die Migranten sind die letzte Gruppe, die, wenn auch in
abnehmendem Maße, mehrheitlich sozialdemokratisch wählt.
Es ist genau diese Mixtur aus alter Volkspartei-Arroganz und Desinteresse,
aus Wurschtigkeit und Konfliktvermeidung, die den Abstieg der
Sozialdemokratie beschleunigt. So hochnäsig wie über Migranten hat man in
der SPD auch schon auf Arbeiter und Arbeitslose geblickt: Stammklientel,
die lästig fällt. Bis die Arbeiter und Arbeitslosen der SPD den Rücken
kehrten.
Jetzt will Sigmar Gabriel eine 15-Prozent-Quote für Migranten. Das soll ein
Kompensationsgeschäft für den vergeigten Sarrazin-Ausschluss sein, der auf
die Kappe des irrlichternden SPD-Chefs geht. Gabriel wollte Sarrazin
unbedingt rauswerfen, beim ersten Regenschauer hat er es sich anders
überlegt. Wenn man die SPD sehr, sehr mag, kann man diese Quote für einen
positiven Effekt der Sarrazin-Debatte halten. Ohne das Sarrazin-Desaster
würde die SPD-Spitze noch in 20 Jahren nachdenken, ob sie sich um Migranten
bemühen sollte. Vor allem aber ist dieser Deal – peinlich.
3 May 2011
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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