# taz.de -- SPD-Migrantin wandert nach Schwaben aus: Komm Du mir nach Stuttgart | |
> Die türkischstämmige Abgeordnete Bilkay Öney wird Integrationsministerin | |
> in Baden-Württemberg. Auch in Berlin soll es Senatoren mit | |
> Migrationshintergrund geben, fordern SPDler. | |
Bild: Verstärkung aus Berlin: Nils Schmid holt sich Bilkay Öney ins Kabinett. | |
Berlin, vermeintliche Hauptstadt der Migranten, wird selbst zum Exporteur: | |
Die türkischstämmige SPD-Abgeordnete Bilkay Öney (40) wandert nach | |
Stuttgart aus und rückt dort in das Kabinett der neuen grün-roten | |
Landesregierung. "Ich kann bestätigen, dass Bilkay Öney die erste | |
Integrationsministerin des Landes Baden-Württemberg wird", sagte Daniel | |
Abbou, Sprecher der Südwest-SPD, am Dienstag der taz. Abbou war bis Ende | |
2010 gut vernetzter Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen, somit ein | |
Kenner der Berliner Politik, und spielte offenbar eine Rolle bei der | |
Auswahl Öneys. | |
Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus wies die Überlegung zurück, man habe | |
Migranten wie Öney - die seit 1973 in Berlin lebt - keine gleichartige | |
Perspektive geboten. "Das ist Quatsch", sagte Fraktionssprecher Thorsten | |
Metter. "Ihre Ernennung zeigt eher umgekehrt, dass wir gute Migranten in | |
der Berliner Politik haben." Metter lehnte es ab, sich darauf festzulegen, | |
dass die SPD nach einem Wahlsieg im Herbst ebenfalls eine Migrantin in den | |
Senat holt: "Zum jetzigen Zeitpunkt solche Debatten loszutreten, das machen | |
wir nicht." | |
Nach taz-Informationen hatte die baden-württembergische SPD acht Personen | |
im Blick, bis sie sich für Öney entschied. Parteisprecher Abbou, der als | |
künftiger Vizeregierungssprecher gilt, bezeichnete sie als "hervorragende | |
Netzwerkerin, sie kann Menschen an einen Tisch bringen". Diese Fähigkeit | |
dürfte von zentraler Bedeutung im neuen Integrationsministerium sein. Es | |
soll ein Querschnittsressort werden und in verschiedene Bereiche von Arbeit | |
und Soziales über berufliche Bildung bis zu Justiz reichen. Dass Bilkay | |
Öney erst vor weniger als zwei Jahren von den Grünen zur SPD gewechselt | |
ist, ist für Abbou angesichts der grün-roten Koalition in Baden-Württemberg | |
alles andere als ein Nachteil. | |
Öney wird nach der fast gleichaltrigen niedersächsischen Sozialministerin | |
Aygül Özkan die zweite türkischstämmige Landesministerin in der | |
Bundesrepublik. "Man kann Baden-Württemberg nur beglückwünschen", erklärte | |
der integrationspolitische Sprecher der Berliner SPD-Fraktion, Raed Saleh. | |
Auch er mochte zwar nicht laut fordern, Menschen mit Migrationshintergrund | |
in den Senat zu holen. Etwas leiser aber sagte Saleh: "Die Zusammensetzung | |
der Gesellschaft muss sich auch in der Politik spiegeln." | |
Öney selbst antwortete am Dienstag nicht auf eine taz-Anfrage. Sie war in | |
der Berliner Landespolitik im Mai 2009 bekannt geworden, drei Jahre nach | |
ihrem Einzug ins Parlament. Damals verließ sie die Grünen und deren | |
Fraktion im Abgeordnetenhaus und schloss sich der SPD an. Für die sollte | |
sie bei der Abgeordnetenhauswahl im Herbst in Mitte auf Listenplatz eins | |
antreten. Als offiziellen Grund für ihren Wechsel gab sie an, Rot-Rot | |
stärken zu wollen, um eine schwarz-gelbe Koalition auf Bundesebene zu | |
verhindern. Die Mehrheit der rot-roten Koalition war nach dem Wechsel der | |
ebenfalls türkischstämmigen SPD-Abgeordneten Canan Bayram zu den Grünen auf | |
eine Stimme geschrumpft. | |
Diese Begründung überzeugte in der Landespolitik allerdings kaum jemand. | |
Wahrscheinlicher galt, dass Öney Bayram als Konkurrenz auf ihrem Feld der | |
Integrationspolitik sah. Fraktionschef Ratzmann sprach damals von einem | |
"schweren Schlag". Andere hingegen trauerten ihr nicht nach. Vor ihrer Wahl | |
ins Abgeordnetenhaus war Öney, die an der Technischen Universität BWL und | |
Medienberatung studiert hatte, als Bankangestellte, Pressesprecherin, | |
Redakteurin und Moderatorin tätig. | |
3 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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