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# taz.de -- Streit um Migrantenqoute: Sarrazin demütigt die SPD
> Erneute Schmach für die SPD: Thilo Sarrazin ätzt gegen die geplante
> Mindestquote für Migranten in der Partei. Für Bayerns SPD-Chef ist
> Sarrazin nur noch "schizophren".
Bild: Gibt einfach keine Ruhe: Thilo Sarrazin, nach wie vor SPD-Mitglied.
BERLIN taz | Führende Sozialdemokraten äußern sich nach einer erneuten
Polemik von Thilo Sarrazin ungewöhnlich scharf über den umstrittenen Autor.
Bayerns SPD-Chef Florian Pronold bezeichnete Sarrazin gegenüber der taz am
Mittwoch als "schizophren". Wer sich in einer Erklärung von seinem
bisherigen Verhalten erst distanziere, um bei der nächstbesten Gelegenheit
Menschen erneut zu beleidigen und zu diskriminieren, "ist nicht mehr ganz
dicht. Damit hat er endgültig belegt, dass man ihn nicht mehr ernst nehmen
kann", sagte Pronold.
Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Ende des
Ausschlussverfahrens hatte Sarrazin am Dienstagabend seine Partei
gedemütigt. Bei einer Lesung aus seinem umstrittenen Buch im
nordrhein-westfälischen Waltrop betonte er, dass er in seiner Erklärung vor
der SPD-Spitze kein Wort von den Aussagen seines Buches zurückgenommen
habe.
Als wäre das nicht Schmach genug, kritisierte er die Migrantenquote, die
die SPD-Spitze angekündigt hat: "Der Verstand kommt und geht ja nicht
damit, dass man Migrant ist." Und ätzte im Anschluss erneut in
diffamierender Weise über Menschen mit Migrationshintergrund: "Je
migrantischer diese Leute eingestellt sind, desto weniger neigen sie dazu,
Probleme oder Schwierigkeiten objektiv zu sehen."
"Das zeigt, dass Sarrazin nur das juristisch Notwendige getan hat, um dem
Ausschluss zu entgehen", sagte Nils Schmidt, SPD-Chef in Baden-Württemberg.
"Thilo Sarrazin ist der Letzte, von dem wir uns in Sachen
Integrationspolitik Ratschläge geben lassen", kommentierte
Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner den Auftritt Sarrazins gegenüber
der taz. Er forderte ihn auf, die Partei freiwillig zu verlassen.
## "Sarrazin möchte nur sein strohdummes Buch verkaufen"
Auch Juso-Chef Sascha Vogt will sich am liebsten gar nicht mehr mit dem
Thema Sarrazin beschäftigen. "Mich interessiert nicht, was ein frustrierter
Ex-Bundesbanker sagt, der nur sein strohdummes Buch verkaufen möchte",
sagte er der taz.
SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hatte am Montag gesagt, es bleibe abzuwarten,
ob sich Sarrazin an seine schriftliche Erklärung hält. "Ob diese Brücke
trägt, wird die Zeit zeigen", betonte er skeptisch. Jetzt scheint die
Brücke bereits eingebrochen. Nachdem das zweite Ausschlussverfahren gegen
Sarrazin gescheitert war, fühlt er sich jetzt sicher. Er kann weiter auf
dem SPD-Ticket durch die Republik tingeln und seine kruden Thesen
verbreiten. Die SPD muss tatenlos zusehen. Eine neue Debatte um den
Nicht-Rauswurf will sie vermeiden. Die neue Strategie lautet: Ignorieren -
und beleidigen.
Unter SPD-Anhängern ist die Sympathie für Sarrazins Thesen weiter
verbreitet, als es der Parteispitze lieb ist. 49 Prozent der SPD-Wähler
finden es richtig, dass Sarrazin in der Partei bleibt, wie eine aktuelle
Forsa-Umfrage für den Stern ergab.
5 May 2011
## AUTOREN
Paul Wrusch
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