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# taz.de -- Diskriminierung von Roma in den Medien: Am Rand im Abseits
> Lustige Musikanten oder Kriminelle: Über Sinti und Roma wird stereotyp
> berichtet. Auch Straßenzeitungen, die dagegen angehen wollen, sind
> überfordert.
Bild: Roma-Kinder als Klau-Kids? Solche Schlagzeilen finden sich in Zeitungen.
WIEN taz | Politisch, engagiert und mit dem Blick für die Ausgegrenzten:
Bastian Pütter leitet im Ruhrgebiet eine besondere Redaktion. Bodo, das
Straßenmagazin. Seine Leute berichten über das Abseitige, für die gute
Sache. Aber mit einem kommt Bastian Pütter nicht klar: Wie soll er damit
umgehen, dass auf der Straße ein harter Kampf stattfindet, der mitten unter
Ausgegrenzten spielt?
In der Nähe seiner Dortmunder Redaktion lag neulich ein abgetrennter
Pferdefuß vor einer Haustür. Eine Frau hatte das blutige Fleisch dort
abgelegt. Weil sie dachte, damit könnte sie Menschen abschrecken, die
ohnehin bereits eine lange Verfolgungsgeschichte haben: Roma. In Dortmund,
sagt Pütter, sei das ein Riesenthema. "Wir haben eine völlig überforderte
Stadtgesellschaft, die sich auch in den Medien offen rassistisch äußert."
Pütter will dagegen angehen. Aber wie? Denn auch die Straßenzeitungen, die
hinschauen müssten, sind völlig überfordert.
Da haben sie etwas gemein mit vielen Tageszeitungen: Auf der Skala der
anhaltendsten Diskriminierungen steht die Minderheit der Sinti und Roma
ganz oben. "Beschwerden über den medialen Umgang mit Sinti und Roma
beschäftigen den Presserat in jeder seiner Ausschusssitzungen", heißt es
beim Deutschen Presserat. "Über Roma wird sehr, sehr stereotyp berichtet:
Entweder werden sie als lustige Musikanten oder als Kriminelle
dargestellt", sagt Hamze Bytyci, Vorsitzender des interkulturellen
Roma-Jugendnetzwerks Amaro Drom in Berlin.
## "Die Klau-Kids von Köln"
In einem besonders krassen Fall veröffentlichte der Kölner Express im Jahr
2002 auf seiner Titelseite Kopfbilder einiger dutzend Roma-Kinder unter der
Überschrift "Die Klau-Kids von Köln" und behauptete, sie seien für 100.000
Straftaten jährlich verantwortlich.
Immer wieder im Fokus des Presserats steht die Offenbach-Post, die für ihre
diskriminierende Berichterstattung über Roma wiederholt gerügt wurde – weil
sie bei Kriminalitätsberichterstattung die ethnische Gruppenzugehörigkeit
besonders dreist betonte. Chefredakteur Frank Pröse ist noch heute der
Ansicht, "dass es bestimmte Vergehen gibt, die nur von dieser
Bevölkerungsgruppe begangen werden können", wie er der taz sagte. Genau
gegen solche Stigmatisierungen würde Bastian Pütter gern angehen.
Doch bei Bodo gilt noch immer, was auch bei vielen anderen Straßenzeitungen
gilt: Roma dürfen sich nicht am Verkauf der Straßenzeitungen beteiligen.
Das Recht, die Zeitungen auf der Straße zu verkaufen, ist anderen
vorbehalten. Auch beim Hamburger Straßenmagazin Hinz&Kunzt ist das so.
## Verkäufer mit Roma-Hintergrund bleiben außen vor
Hans Steininger, Vertriebsleiter des Salzburger Straßenmagazins Apropos,
sagt diplomatisch: "Es ist schwierig, die alteingesessenen Verkäufer für
den großen Zulauf von Roma zu begeistern." Steininger bemüht sich, die
Vertriebsstrukturen zu öffnen, um Roma nicht grundsätzlich außen vor zu
halten. Denn bei anderen Straßenzeitungen wie der größten Straßenzeitung
Österreichs, dem Augustin, klappt es ja auch. Doch viele Straßenzeitungen
befürchten die Zerreißprobe, wenn sie sich auf diese Auseinandersetzungen
einlassen. Und deshalb bleiben gewillte Straßenverkäufer mit
Roma-Hintergrund oft pauschal außen vor.
Bei Hans Steininger schimpfen sich österreichische Straßenzeitungsverkäufer
aus, weil Verkäufer mit Roma-Hintergrund eine Parallelstruktur aufbauen
würden. Die würden ihre ganzen Familien versorgen und Kunden verschrecken,
sagen die einen über die anderen. Es ist der schwere Umgang mit
Stereotypen, angedockt an einer häufig brutalen Realität, in der fast alle
Beteiligten unter existentiellem Druck stehen. Erst am Donnerstag erhielt
in Wien ein rumänischer Straßenzeitungsverkäufer eine Strafe von 100 Euro,
weil er "auf gewerbsmäßige Weise gebettelt" haben soll. Er wollte nur eine
Straßenzeitung verkaufen.
"Auch in Dortmund schauen die Behörden bei uns sehr genau hin. Wenn wir da
nicht aufpassen, kann uns der ganze Laden um die Ohren fliegen", sagt
Bastian Pütter. In Wien ist er, um zu diskutieren und zu lernen. Die taz
hatte dazu gemeinsam mit Roma-Initiativen und Straßenzeitungsprojekten aus
Deutschland und Österreich eingeladen. Denn auf der Straße, ganz unten,
spielen sich Verteilungskämpfe ab, die es in sich haben. Es geht um die
Frage, wer auch am Rand der Gesellschaft noch am Rand stehen muss. Die
Fragen sind da, nicht nur bei Bastian Pütter. Doch die Antworten darauf
sind offen.
8 May 2011
## AUTOREN
Martin Kaul
Martin Kaul
## TAGS
Schwerpunkt Internationaler Tag der Roma
Sinti und Roma
Hamburg
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