# taz.de -- Mahnmal für Sinti und Roma: Sturm in der Wasserschale | |
> Seit Jahren ist ein Mahnmal für die in der NS-Zeit ermordeten Sinti und | |
> Roma geplant. Doch Berlins Senat überwarf sich mit dem Künstler. Nun | |
> übernimmt der Bund. | |
Bild: Die Verantwortung für den Bau des Mahnmals soll nun der Bund haben - nic… | |
BERLIN taz | Im Streit über das seit 1992 geplante Sinti- und Roma-Mahnmal | |
in Berlin zeichnet sich eine Lösung ab. Nachdem die Bauarbeiten an dem | |
Entwurf von Dani Karavan wegen Meinungsverschiedenheiten mit Berliner | |
Behörden ins Stocken gerieten, soll es nun der Bund richten. | |
Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) prüft offenbar, den Berlinern die | |
Verantwortung für den Bau zu entziehen und sich selbst um die | |
Fertigstellung des aus Bundesmitteln finanzierten Projekts zu kümmern. | |
"Aufseiten des Künstlers Dani Karavan gibt es Unzufriedenheiten mit der | |
Berliner Bauverwaltung", heißt es aus Neumanns Büro. "Derzeit werden | |
Möglichkeiten geprüft, wie offene künstlerische Gestaltungswünsche | |
realisiert werden können. An diesen Gesprächen ist auch das | |
Bundesbauministerium beteiligt." | |
Das Klima zwischen Bauherren und Künstler ist bereits seit Beginn der | |
Bauarbeiten 2008 belastet - man stritt über das richtige Material für die | |
zwölf Meter große Wasserschale mit einer Stele. Dann zankte man über | |
Rostfreiheit, unangekündigte Baustellenbesichtigungen und die | |
Reisekostenübernahme für den in Israel lebenden Künstler. Zuletzt | |
kommunizierte man nur noch über Anwälte, die für Oktober 2010 geplante | |
Fertigstellung wurde auf Mai 2011 verschoben, dieser ist verstrichen. | |
## Zentralrat der Sinti und Roma ist erleichtert | |
"Destruktiv" seien die Stadtbürokraten, die das Bauvorhaben wie eine Brücke | |
und nicht wie ein Kunstwerk betrachteten, klagte Karavans Anwalt Peter | |
Raue. Die Bauverwaltung sprach von Sonderwünschen des Künstlers, die das | |
Vorhaben verzögerten. Momentan schweigen beide Seiten, die Bauarbeiten | |
hinter dem Reichstag ruhen. Ein Baustopp? "Wir haben keinen verfügt", heißt | |
es dazu knapp aus der Senatsbauverwaltung. Zum Streit mit Dani Karavan will | |
man sich dort nicht äußern. "Wenn der Bund Interesse daran hat, das Projekt | |
zu übernehmen, soll er es gerne tun", sagte der Sprecher der | |
Senatsbauverwaltung Matthias Gille. Bislang wisse man vom Ansinnen des | |
Bundeskulturministers nur aus der Presse. | |
Beim Zentralrat Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg zeigt man sich | |
erleichtert über die neueste Wendung in Berlin. "Wir begrüßen das | |
Engagement des Bundeskulturministers außerordentlich", sagte Herbert Heuss, | |
wissenschaftlicher Mitarbeiter des Zentralrats. "Dieses Denkmal muss | |
beendet werden - alles andere wäre eine Schande." Die Zeit dränge, "die | |
Holocaust-Überlebenden haben so lange auf dieses Denkmal gewartet, sie | |
haben ein Recht darauf, es noch zu ihren Lebzeiten zu sehen". Der Streit | |
über die Bauausführung des Denkmals ist nur der Endpunkt einer langen Serie | |
von Querelen. | |
Schon im Jahr 1992 versprach der Bundestag den Sinti und Roma eine eigene | |
Gedenkstätte. Doch dann gab es erbitterten Streit um eine Inschrift. | |
Opfergruppen, Regierung und Historiker konnten sich nicht einigen. Statt | |
einer Inschrift sollen nun Tafeln mit einer Chronologie der Verfolgung das | |
Denkmal umgeben. Nach dem 1942 von SS-Führer Heinrich Himmler | |
unterzeichneten Auschwitz-Erlass wurden europaweit mindestens 500.000 Sinti | |
und Roma umgebracht. | |
22 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Nina Apin | |
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