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# taz.de -- Flirten mit Usbekistan: Deutsches Steuergeld für Diktator
> Die Bundesregierung bezahlt Usbekistans Präsident Islam Karimow Miete für
> die Nutzung eines Luftwaffenstützpunktes. Es geht um knapp 16 Millionen
> Euro pro Jahr.
Bild: Von Berlin hofiert: der usbekische Präsident Islam Karimow.
ALMATY taz | Geld, Flugplätze und Menschenrechte: Am 25. Mai wird der
usbekische Vizeaußenminister Wladimir Norow in Berlin empfangen. Neben
Gesprächen im Auswärtigen Amt wird der Diplomat mit Abgeordneten und
Wirtschaftsvertretern zusammenkommen. Während Norow in Berlin erwartet
wird, verweigerten deutsche Konsulatbeamte dem usbekischen
Oppositionspolitiker Atanasar Arifow jedoch ein Einreisevisum, so dass
dieser nicht auf einer Versammlung der usbekischen Opposition in Düsseldorf
Anfang Mai teilnehmen konnte.
Norows Stippvisite in Berlin ist heikel. Das zentralasiatische Land gehört
unter dem seit 1989 herrschenden Präsidenten Islam Karimow zu einer der
weltweit schlimmsten Despotien. Gleichzeitig ist Usbekistan für Deutschland
in Zentralasien der wichtigste Verbündete. Seit 2002 operiert die
Bundeswehr zur Erfüllung des Isaf-Mandats in Afghanistan von einem
Luftwaffenstützpunkt im südusbekischen Termes unweit der afghanischen
Grenze aus.
Seit 2011 bezahlt der deutsche Steuerzahler der usbekischen Diktatur dafür
jährlich 15,95 Millionen Euro. Die Miete ist nach Angaben des
Verteidigungsministeriums seit einem Transitabkommen vom 13. April 2010
fällig. Davor wurde der Bundeswehr die Nutzung des Flughafens in Termes
"unentgeltlich" gewährt.
Gleichwohl floss reichlich Geld. Für "einsatzbedingte Zusatzsausgaben"
wurden zwischen 2005 und 2009 in Termes 67,9 Millionen Euro ausgegeben wie
die Bundesregierung auf Anfrage der Linken im Bundestag 2010 erklärte, 2010
kamen noch mal 9 Millionen Euro hinzu. Die grüne Bundestagsabgeordnete
Viola von Cramon hält die Mietzahlungen für inakzeptabel. "Deutsche
Steuergelder dürfen nicht in einen Staat fließen, in dem die Menschenrechte
so offensichtlich mit Füßen getreten werden", sagt sie.
## Enge Kooperation
Der Unterschied zwischen "unentgeltlich" und "umsonst" wurde schon 2002 bei
der Pressekonferenz des deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder und des
usbekischen Präsidenten Karimow in Taschkent deutlich. Der usbekische
Präsident erklärte, dass Usbekistan für die Nutzung des Flughafens in
Termes kein Geld verlange. Schröder antwortete verwundert, dass er zwar
keine Zahlen nennen könne, aber Deutschland sehr wohl zahle.
Kurz danach floh der Chef der usbekischen Fluggesellschaft Arslan Rusmetow
nach Russland, denn er hatte die Überweisungen aus Deutschland für private
Zwecke eingestrichen. In Moskau leitete Rusmetow noch ein paar Jahre den
Flughafen Domodjedowo, wurde dann aber nach Usbekistan ausgeliefert und
starb dort in Haft.
Wegen Termes zeigte sich Deutschland auch zur unpassenden Zeit spendabel.
Wenige Monate nach dem Massaker von Andischan, bei dem im Mai 2005 der
usbekische Präsident einen Volksaufstand zusammenschießen ließ, übergab die
deutsche Botschaft in Taschkent der usbekischen Armee Sanitätsmaterial im
Wert von 250.000 Euro. Als nach dem Massaker von Andischan die EU
Sanktionen und ein Waffenembargo gegen Usbekistan beschloss, bildete die
Bundeswehr weiter usbekische Offiziere in Panzertaktiken aus.
Die enge Kooperation mit Usbekistan rechtfertigt die Bundesregierung mit
einem Menschenrechtsdialog. Von diesem unbeeindruckt verhaftet das
usbekische Regime immer wieder Menschenrechtler und Journalisten. Den
deutschen Spagat an der Seidenstraße überschattet ein zusätzliches Problem.
Deutsche Mittelständler bauten 2009 in Taschkent ein Fußballstadion und ein
Kongresszentrum und sitzen nun auf unbezahlte Rechnungen von knapp 130
Millionen Euro. Das sind fast 30 Prozent des deutsch-usbekischen
Handelsvolumens.
9 May 2011
## AUTOREN
Marcus Bensmann
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