# taz.de -- Usbekische Präsidententochter verliert Klage: "Diktatorentocher" k… | |
> Ein Gericht in Paris spricht die Internetzeitung RUE89 vom Vorwurf der | |
> Verleumndung frei. Das Blatt hatte Lola Karimowa als Tochter eines | |
> Diktatoren bezeichnet. | |
Bild: Der uskekische Diktator Islam Karimow: Am vergangenen Freitag unterlag se… | |
BERLIN taz | Die usbekische Präsidententochter Lola Karimowa darf in der | |
französischen Presse "Diktatorentochter" genannt werden. Ein Gericht in | |
Paris wies am Freitag die Verleumdungsklage der Usbekin gegen die | |
französische Internetzeitung RUE89 zurück. "Das Urteil beweist, dass in | |
Frankreich die Pressefreiheit gilt", kommentierte der Chefredakteur von | |
RUE89 Pierre Haski den Gerichtsentscheid. | |
Karimowa, auch Botschafterin des zentralasiatischen Landes bei der Unesco | |
in Paris, hatte RUE89 auf 30.000 Euro Schadensersatz verklagt, da diese vor | |
einem Jahr berichtet hatte, dass die Usbekin der italienischen | |
Schauspielerin Monica Bellucci 190.000 Euro für einen kurzen Auftritt auf | |
einer Charityparty bezahlt hätten und die "Diktatorentöchter" damit das | |
Image Usbekistans "weißwaschen" wollten. | |
Die Tochter des usbekischen Präsidenten Islam Karimow hatte sich gegen die | |
Erwähnung des Honorars, das Wort "weißwaschen" und den Begriff | |
"Diktatorentochter" gewandt. Bei der Urteilsverkündigung war kein Vertreter | |
der Anklage anwesend. | |
RUE89 war sicher, den Prozess zu gewinnen. Bei dessen Auftakt berichteten | |
Zeugen über in Usbekistan erlittene Folter. Die Internetzeitung wies nach, | |
dass Bellucci sogar 230.000 Euro bekommen hatte, zum Quellenschutz hätte | |
sie die Zahl nach unten korrigiert. "RUE89 hat den Widerspruch zwischen dem | |
Image, das Lola Karimowa zu kreieren versucht, und dem Regime ihres Vaters, | |
das sie als Unesco Botschafterin vertritt, aufgezeigt", sagte Haski. | |
Zu Beginn des Verfahrens im Mai zog Karimowas Anwalt Antoine Germain einen | |
gewagten Vergleich. Seine Mandantin eine "Diktatorentochter" zu nennen sei | |
genauso unrechtmäßig wie die Tochter Strauss Kahns als eine "Tochter eines | |
Vergewaltigers" zu bezeichnen. | |
Als Beweis für Karimowas Großherzigkeit präsentierte der Anwalt Briefe des | |
UN-Kinderhilfswerkes und des Europahauses - dem EU-Verbindungsbüro in dem | |
zentralasiatischen Land - über die Kooperation mit dem "Nationalen Zentrum | |
für Soziale Adaption von Kindern", das sich in Usbekistan um Waisen und | |
Behinderte kümmert. Lola Karimowa wirbt mit dem Zentrum auf ihrer | |
persönlichen Webseite. Die Einrichtung sei auf persönliche Initiative ihrer | |
Direktorin Frau Lola Karimowa tätig, heißt es in dem der taz vorliegenden | |
Schreiben. Zudem kündigt der Brief des Europahauses EU-Fördermittel in Höhe | |
von 3,7 Millionen Euro für ein Projekt mit behinderten Kindern an. | |
Usbekistan gehört zu den schlimmsten Desoptien weltweit. 2005 ließ der seit | |
1989 herrschende Despot Karimow einen Volksaufstand in Andischan zusammen | |
schießen - Hunderte starben. Folter wird nach UN-Angaben "systematisch" | |
angewandt. Natürliche Ressourcen wie Gas, Gold und Baumwolle dienen der | |
Bereicherung der Herrscherelite. | |
Das Engagement der Unecso-Botschafterin Karimowa für Kinder überrascht, | |
denn sie hat nichts gegen die vom Staat erzwungene Kinderarbeit | |
einzuwenden. Jährlich werden Hundertausende Kinder ab sieben Jahren zur | |
Baumwollernte genötigt, viele sterben an Erschöpfung und Infektionen. | |
Als im Prozess die EU-Unterstützung für eine Stiftung der usbekischen | |
Präsidententochter publik wurde, ruderte die EU zurück. Es flösse kein | |
Geld, bei der EU-Förderung handele es sich um technische Unterstützung. Das | |
besagte Zentrum sei vom usbekischen Staat als Schlüsselpartner genannt | |
wurden und stünde unter der Ägide des usbekischen Ministerkabinetts. | |
"Die Kommission wünscht nicht in diesen speziellen Fall hineingezogen zu | |
werden", schreibt eine Sprecherin der EU-Außenministerin Ashton. Die zur | |
Schau gestellte Nähe der geförderten Einrichtung zur usbekischen | |
Präsidententochter läßt die EU-Sprecherin unkommentiert. | |
Der Koordinator des Europahauses Pierre-Paul Antheunissens fühlt "sich | |
missbraucht", als sein Schreiben im Prozess von Karimowas Anwalt | |
präsentiert wurde. Trotz der Unstimmigkeiten hält die EU an der Förderung | |
für das Zentrum in Usbekistan fest. | |
3 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Marcus Bensmann | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Europäische Unterstützung für Diktatoren: Despotenimage auf EU-Kosten | |
Brüssel unterstützt eine Wohltätigkeitsorganisation der Tochter des | |
Autokraten Islam Karimow. Der lässt Gefangene foltern und Kinder in der | |
Baumwollernte schuften. | |
Flirten mit Usbekistan: Deutsches Steuergeld für Diktator | |
Die Bundesregierung bezahlt Usbekistans Präsident Islam Karimow Miete für | |
die Nutzung eines Luftwaffenstützpunktes. Es geht um knapp 16 Millionen | |
Euro pro Jahr. | |
Sportpolitik in Usbekistan: Kicken für Despoten | |
Mit gewaltigen Investitionen in den Sport wollte Usbekistan sein Image | |
aufpolieren. Jetzt aber ist die Firma pleite, über die das abgewickelt | |
wurde. | |
Regierung in Usbekistan: Taschkent wirft Menschenrechtler raus | |
Die Regierung schließt das Büro von Human Rights Watch. Im Gegenzug | |
verschiebt die EU bis auf Weiteres die geplante Eröffnung ihrer Vertretung. |