# taz.de -- Sportpolitik in Usbekistan: Kicken für Despoten | |
> Mit gewaltigen Investitionen in den Sport wollte Usbekistan sein Image | |
> aufpolieren. Jetzt aber ist die Firma pleite, über die das abgewickelt | |
> wurde. | |
Bild: Besseres Image dank Bunyodkor – hier während eines Spiels der asiatisc… | |
ALMATY taz | Rivaldo erwartete sich Märchenhaftes von der Seidenstraße. Der | |
brasilianische Weltmeister von 2002 wollte sich das Ende seiner | |
erfolgreichen Fußballerkarriere in Usbekistan vergolden lassen. Der jetzt | |
38-Jährige heuerte 2008 für ein Millionensalär bei dem 2005 neugegründeten | |
Fußballklub Bunyodkor in der usbekischen Hauptstadt Taschkent an. | |
Doch der Traum von spätem Ruhm und Reichtum ist geplatzt. Der einst so | |
torgefährliche Mittelfeldspieler muss nun auf den Ausgang eines | |
Konkursverfahrens in der Schweiz warten, um vielleicht doch noch einen Teil | |
der 16 Millionen Euro zu erhalten, auf deren Zahlung er bis dato vergeblich | |
gewartet hat. In einem verhängnisvollen Zusammenspiel von Fußball und | |
grausamer Despotie in Zentralasien ist der brasilianische Kicker um sein | |
Gehalt gebracht worden. | |
Für Rivaldo beginnt die Geschichte in der Schweiz. Da, im eigenössischen | |
Kanton Zug, lag der Firmensitz der Zeromax GmbH, des damaligen | |
Hauptsponsors des FC Bunyodkor Taschkent. Die Gesellschaft wurde 2005 in | |
der Schweiz registriert, im Oktober 2010 musste sie Konkurs anmelden. Die | |
GmbH mit einem Gründungskapital von 20.000 Schweizer Franken und ein paar | |
beschaulichen Büroräumen bewegte über Jahre Milliardenbeträge. | |
Zeromax saugte wie ein gewaltiger Schwamm die Reichtümer aus Usbekistan | |
auf. Die Firma verkaufte alles, was in dem zentralasiatischen Staat an der | |
afghanischen Grenze aus dem Boden gepresst wurde: Öl, Gas, Baumwolle und | |
Gold. | |
## Usbekistan wird seit 1989 mit eiserner Hand von Islam Karimow regiert | |
Geführt wurde Zeromax von Miradil Dschalalow, einem Usbeken, über dessen | |
Werdegang kaum etwas bekannt war, bevor er der Herr über die usbekischen | |
Reichtümer wurde. Doch es gab immer Zweifel, ob er auch der wirkliche Boss | |
war. Usbekistan wird seit 1989 mit eiserner Hand von Islam Karimow regiert, | |
der weder freie Presse noch Opposition zulässt. Über seine Familie soll er | |
engen Kontakt zum usbekischen Fußball und eben zu Zeromax unterhalten | |
haben. Die Firma und Dschalalow bestritten in der Vergangenheit jedoch | |
immer Gerüchte, wonach der Firmenchef nur als Strohmann für die usbekische | |
Präsidententochter Gulnara Karimowa fungiert habe. | |
Die 38-jährige Karimowa ist UN-Botschafterin in Genf und Gesandte in | |
Madrid. Im Nebenberuf kreiert sie Mode und Schmuck. Besonders gern sieht | |
sie es, wenn über sie als Charity Lady berichtet wird. Ähnlich wie Gaddafis | |
Sprösslinge herzt und poussiert auch die usbekische Despotentochter mit dem | |
internationalen Jetset. Doch hinter der Glitzerfassade werden harte | |
Geschäft gemacht. | |
Bereits 2002 berichtete die Financial Times, wie sich die Karimowa mit | |
Gewalt ganze Wirtschaftszweige ihres Landes einsackte. Als sie | |
UN-Botschafterin in Genf wurde, brachte sie das ganz nah an die in der | |
Schweiz beheimatete Zeromax, "die einen Großteil des Reichtums der | |
Karimow-Familie kontrolliert". So steht es in einer von WikiLeaks | |
veröffentlichten US-Depesche vom 18. September 2008. Später wird gekabelt: | |
"Man geht davon aus, dass die Gesellschaft von Gulnara Karimowa | |
kontrolliert ist." | |
Usbekistan ist ein abgeschottetes Land, stichhaltige Belege sind nicht zu | |
bekommen. Und dennoch gilt als gewiss, dass die Präsidentenfamilie das | |
Fußballengagement von Zeromax dazu benutzen wollte, um das Image | |
Usbekistans aufzupolieren. Das Land ist seit dem Massaker in der | |
Provinzhauptstadt Andischan 2005 international geächtet. Damals ließ der | |
Präsident einen Volksaufstand aus gepanzerten Einsatzfahrzeugen | |
niederschießen. Zeromax nahm sich der Imagepolitur an und wurde Sponsor von | |
Bunyodkor. | |
## Das Geld floss reichlich | |
Das Geld floss reichlich. Der Bau eines neuen Luxusstadions in Taschkent | |
wurde begonnen. Das brasilianische Fußballidol Zico wurde als Trainer | |
verpflichtet, ihm folgte kein anderer als der Weltmeistercoach von 2002, | |
Luiz Felipe Scolari. Auch gemeinsame Trainingseinheiten mit dem FC | |
Barcelona wurden vereinbart. | |
Das Engagement ließ sich Zeromax Millionensummen kosten. Nebenbei | |
bereicherte die Kooperation mit Barça die Liaison der usbekischen | |
Präsidententochter mit dem damaligen Klub-Präsidenten Joan Laporta. Die | |
spanische Tageszeitung El País beleuchtete 2010 die Amour fou mit der | |
Despotentochter vor dem Hintergrund von Barças Klubgeschichte. Der Verein | |
sah sich immer als Hort des Widerstand gegen die Franko-Diktatur. | |
Der usbekische Fußballspaß hat nun ein Ende. Zeromax machte dicht, das | |
Schicksal von Dschalalow ist ungewiss. Scolari hat sich schon 2010 aus | |
Taschkent verabschiedet. Der Stadionbau ist längst gestoppt und der | |
aktuelle Tabellenfünfte spielt weiter vor alten Tribünen. Das | |
Fußballabenteuer kostete dem Land, dessen Einwohner pro Jahr gerade mal 800 | |
Euro verdienen, einen dreistelligen Millionenbetrag. Der Grund für die | |
Zerschlagung von Zeromax liegt indes im Dunkeln. Beobachter gehen von einem | |
Machtgerangel um die Nachfolge des 71-jährigen Alleinherrschers Karimow | |
aus. Fest steht nur, dass Zeromax pleite ist und Rivaldo auf sein Geld | |
wartet. | |
Aber nicht nur der Fußballstar sitzt auf seinen Forderungen. Auch deutsche | |
Firmen beklagen offene Rechnungen für den Stadionbau. Der | |
Präsidententochter hat all dies bisher nicht geschadet. Sie hüpft von einem | |
Modeevent zum anderen. Zuletzt trat sie auf der Fashionweek in Moskau auf. | |
12 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Marcus Bensmann | |
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