# taz.de -- Hilfesprogramm für Griechenland: "Sanfte" Umschuldung | |
> Die Euroländer setzen Griechenland unter Druck und fordern | |
> Privatisierungen. Dafür würde Eurogruppen-Chef Juncker die Laufzeiten der | |
> Staatsanleihen verlängern. | |
Bild: Die Hilfe für Griechenland und Portugal soll auch den Euro stabil halten. | |
BRÜSSEL rtr/afp/taz | Nach langem Zögern fassen die Euroländer nun doch | |
eine Umschuldung Griechenlands ins Auge. Wenn das Euroland seine | |
Verschuldung durch rasche Privatisierungen abbaue, könnte eine "sanfte | |
Restrukturierung" möglich sein, sagte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker | |
am Dienstag in Brüssel. Der Schuldenberg des Landes sei inzwischen | |
überhaupt nicht mehr tragbar. | |
Bisher hatte die Eurozone offiziell jegliche Umschuldung in Griechenland | |
abgelehnt. Am späten Montagabend hatte Juncker jedoch erstmals von einer | |
"Neuprofilierung" der Schulden gesprochen. Finanzanalysten verstehen | |
darunter zum Beispiel eine Verlängerung von Laufzeiten. | |
Was genau die "Neuprofilierung" der Schulden sein soll, blieb zunächst | |
unklar. "Das ist eine beachtliche Änderung bei der öffentlichen | |
Stellungnahme eines führenden Europolitikers", kommentierten die Volkswirte | |
der Investmentbank JP Morgan die Äußerungen. Doch sei die Strategie wohl | |
nach wie vor umstritten. | |
Frankreichs Wirtschaftsministerin Christine Lagarde bestritt, dass es | |
Änderung an Anleihelaufzeiten geben könnte. Jegliche Umschuldung oder | |
Neufestlegung von Laufzeiten sei vom Tisch, sagte sie. Die Finanzmärkte | |
trauen Griechenland seit Längerem nicht zu, die Lage unter Kontrolle zu | |
bringen. Eine Rückkehr an den Kapitalmarkt zu bezahlbaren Zinsen 2012 gilt | |
als ausgeschlossen. | |
Eine richtige Umschuldung - also ein den öffentlichen wie privaten | |
Staatsanleihebesitzern aufgezwungener Forderungsverzicht - lehnte Juncker | |
erneut ab. Die Bundesregierung will diesen Weg ab 2013 gangbar machen, wenn | |
der neue Eurorettungsfonds ESM den vorübergehenden Schutzschirm EFSF | |
ablösen soll. | |
Die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank sind dagegen, denn immer, | |
wenn die Deutschen die private Gläubigerbeteiligung ins Gespräch brachten, | |
schnellten die Anleihezinsen für die Eurokrisenländer in die Höhe. Die | |
Politiker fürchten das Horrorszenario einer Flucht aus dem Euro und eines | |
Übergreifens auf andere Staaten wie Irland, Portugal und womöglich auch | |
Spanien und Italien. | |
## Zuerst die Hausaufgaben | |
Eine harte Linie gegenüber Griechenland vertritt Österreich, das wie | |
Deutschland zu den sechs Euroländern mit besten Noten der Ratingagenturen | |
für seine Staatsanleihen und somit zu den Musterschülern der | |
Haushaltspolitik gehört. "Bevor Griechenland die Hausaufgaben nicht macht, | |
kann kein Geld fließen", sagte die neue Finanzministerin Maria Fekter am | |
Dienstag in Brüssel. "Wenn man sich in den Euro hineingeschwindelt hat, | |
muss man eben jetzt seine Hausaufgaben nachholen." | |
Sie warf der Regierung in Athen vor, zu Privatisierungen bisher nur leere | |
Versprechen abgegeben zu haben. Das Land verharre mit einem extrem hohen | |
Staatsanteil in einer Wirtschaftsstruktur, wie sie Österreich in den 70er | |
Jahren aufgewiesen habe. | |
Griechenland hat sich im Gegenzug für das 110 Milliarden Euro schwere | |
Kreditpaket von Euroländern, EU und Internationalem Währungsfonds vor einem | |
Jahr zu einem drakonischen Sparprogramm verpflichtet. Das Haushaltsdefizit | |
wurde binnen zwölf Monaten um gut 7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) | |
gedrückt. Die Bevölkerung ging gegen die schmerzhaften Maßnahmen auf die | |
Barrikaden. Die Wirtschaft brach ein. | |
## Hilfspaket für Portugal steht | |
Die Notkredite über 78 Milliarden Euro für Portugal stehen unterdessen | |
endgültig. Nach den Finanzministern der Eurozone stimmten am Dienstag in | |
Brüssel die Ressortchefs aller 27 EU-Länder dem Paket zu, wie der deutsche | |
Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen mitteilte. | |
Im Gegenzug für die Milliardenkredite muss das Land nun ein hartes Spar- | |
und Reformprogramm auflegen. "Es ist wichtig, dass die portugiesische | |
Regierung das Anpassungsprogramm komplett umsetzt, insbesondere, um die | |
Wettbewerbsfähigkeit des Landes wiederherzustellen", sagte Asmussen. | |
Die Finanzminister der Eurozone hatten die Hilfen bereits am Montag | |
beschlossen. In einer gemeinsamen Erklärung aller EU-Minister hieß es, die | |
Notkredite für Portugal seien gewährt worden, um "die Finanzstabilität in | |
der Eurozone wie in der EU" zu sichern. | |
Von den 78 Milliarden Euro übernimmt der Internationale Währungsfonds (IWF) | |
ein Drittel. Der Rest der Summe kommt zu Teilen von jeweils 26 Milliarden | |
Euro aus zwei Töpfen von EU und Eurozone. Nach Griechenland und Irland ist | |
Portugal somit das dritte Euroland, das innerhalb eines Jahres | |
internationale Hilfskredite bekommt. | |
17 May 2011 | |
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