# taz.de -- Teure Staatspleite: Eine Gefahr für alle | |
> Warum sich auch Deutschland weder einen harten Schuldenschnitt noch eine | |
> Dauerrezession in den südeuropäischen Pleitestaaten leisten kann. | |
Bild: Die schützende Hand der EU versucht den Schaden möglichst gering zu hal… | |
BERLIN taz | Die Eurokrise trifft nicht nur die potenziellen Pleitestaaten. | |
Auch die Europäische Zentralbank (EZB) könnte Milliardenverluste erleiden. | |
Die deutschen Steuerzahler wären direkt betroffen, denn die Bundesbank | |
müsste mehr als ein Viertel der EZB-Verluste übernehmen. | |
Die erste Gefahr ist offensichtlich: Die Europäische Zentralbank hat | |
inzwischen 76 Milliarden Euro in Staatsanleihen investiert. Offiziell hält | |
die Notenbank zwar geheim, aus welchen Ländern diese Papiere stammen. Doch | |
Marktteilnehmer berichten, dass die Bank ausschließlich portugiesische, | |
irische und griechische Staatsanleihen gekauft habe. | |
Das passt zum Ziel der Kaufaktion: Sie sollte die Risikoaufschläge drücken, | |
die für die Staatsanleihen der südlichen Euroländer fällig wurden. Aber | |
diese Intervention bedeutete nichts anderes, als dass die Notenbank einen | |
Teil des Risikos übernahm, dass Griechenland oder Irland in den | |
Staatsbankrott steuern. Wenn es also zu einem "Haircut" käme und die | |
Pleiteländer nur noch einen Teil ihrer Schulden zurückzahlen müssten, dann | |
würden auch bei der EZB Verluste auflaufen. | |
Daneben verbirgt sich in den EZB-Bilanzen ein zweites Problem: Die | |
Notenbank unterstützt nicht nur die Regierungen im Süden Europas, indem sie | |
Staatsanleihen aufkauft. Sie vergibt auch direkt Kredite an die | |
schwankenden Banken dieser Länder. | |
Ohne die täglichen Liquiditätshilfen der EZB wären die Banken in Irland, | |
Griechenland, Portugal und Spanien längst zusammengebrochen. Denn vom | |
sogenannten Interbankenmarkt sind sie fast ausgeschlossen; deutschen oder | |
französischen Banken ist es schlicht zu riskant, ihr Geld bei irischen oder | |
griechischen Banken anzulegen. | |
Doch treten nicht nur ausländische Banken in Streik. Offenbar dämmert auch | |
den Einwohnern der Pleitestaaten, dass langfristig ihre Spareinlagen | |
gefährdet sein könnten. Also ziehen sie ihr Geld ab, um es in einem anderen | |
Eurostaat anzulegen. | |
Die irische Zentralbank stellte jüngst fest, dass seit März 2010 10,1 | |
Prozent der privaten Ersparnisse abgeflossen sind. In Griechenland ist es | |
ähnlich: Auch dort verlieren die Banken pro Monat mehr als 1 Milliarde Euro | |
an privaten Spareinlagen. | |
Allerdings lässt sich nicht quantifizieren, wie hoch die Kapitalflucht | |
wirklich ist. Schließlich müssen viele Sparer auf ihre Rücklagen schon | |
deswegen zurückgreifen, weil sie arbeitslos geworden sind oder ihre | |
Gehälter sinken. | |
Für Banken ist es jedenfalls dramatisch, wenn sie von Sparern oder anderen | |
Banken kein Geld mehr bekommen. Ihnen droht die Zahlungsunfähigkeit. Also | |
springt die EZB ein. Ende März hatten sich die irischen Banken dort 111 | |
Milliarden Euro besorgt. Weitere 67 Milliarden Euro steuerte die irische | |
Notenbank bei. In der Summe übersteigen diese Zentralbankkredite damit | |
sogar das irische Bruttoinlandsprodukt. | |
Die EZB versucht natürlich, sich abzusichern, und vergibt nur Kredite an | |
die Banken, wenn sie Sicherheiten hinterlegen, etwa irische oder | |
griechische Staatsanleihen. Damit aber schließt sich der Kreis: Bei einem | |
"Haircut" würden ja genau diese Staatsanleihen einen Teil ihres Wertes | |
verlieren. | |
Nicht viel besser steht es mit anderen Sicherheiten, die der Europäischen | |
Zentralbank von den Banken offeriert werden, wie Kreditforderungen an | |
Häuslebauer oder an Firmen. Auch sie sind bedroht, wenn sich die | |
Pleitestaaten durch harte Kürzungen immer stärker in die Rezession sparen. | |
Die Risiken für die EZB sind enorm. Schon aus diesem Grund werden die | |
Eurostaaten versuchen, einen harten Schuldenschnitt oder eine | |
Dauerrezession in den Pleitestaaten zu verhindern. | |
11 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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